Was, wenn in der Brust ein Vorbote von Krebs lauert? Regelmäßige Mammographie-Untersuchungen sollen Frauen bei der Früherkennung helfen. Doch mehr als ein Drittel der Patientinnen meidet den Gang zur Kontrolle – und setzt sich damit einem großen Risiko aus.
Die Untersuchung ist oft rein präventiv. Nur, um sicher zu gehen, dass da nichts war und auch immer noch nichts ist. In Luxemburg werden Frauen zwischen 50 und 70 Jahren alle zwei Jahre zu einer Mammografie-Untersuchung eingeladen. Insgesamt erhalten rund 28.000 Patientinnen pro Jahr eine solche schriftliche Erinnerung.
Die Kosten für die Vorsorge-Untersuchung des sogenannten „Mammographie-Programms“ werden vom Gesundheitsministerium übernommen. Die Ergebnisse werden vom Radiologen und einem zweiten Experten im Ministerium geprüft. Sozusagen um auch wirklich sicher zu sein. Doch rund 36 Prozent nehmen erst gar nicht an diesem Vorsorge-Programm teil.
„Die Gründe dafür können unterschiedlicher Natur sein“, sagt Lucienne Thommes von der Fondation Cancer. „Es gibt die Frauen, die nach der Vogelstrauß-Taktik handeln und nicht wissen wollen, ob sie gesund sind oder ob vielleicht ein Risiko besteht.“ Es gebe auch Frauen, die Angst vor der Strahlenbehandlung haben oder einfach nicht alle zwei Jahre zur Kontrolle gehen wollen.
„Uns geht es darum, die Menschen weiterhin für das Programm zu motivieren“, sagt Lucienne Thommes. Durch Sensibilisierung könne man sie vom Nutzen des Vorsorge-Programms am besten überzeugen.
Brustkrebs als häufige Todesursache
Vergangenen Dienstag war Weltkrebstag. In Luxemburg sterben pro Jahr im Schnitt 100 Frauen an Brustkrebs – 2017 waren es laut Fondation Cancer 107, im Jahr 2016 waren es 94. Unter den Krebsarten ist Brustkrebs bei Frauen die häufigste Todesursache. Bei Frauen ab 75 Jahren bestehe bei einer von neun Frauen das Risiko, einen bösartigen Krebs zu entwickeln, heißt es vom Registre National du Cancer.
Während die Zahlen zu den Todesfällen bekannt sind, sind die Angaben zu den Neuerkrankungen weitaus intransparenter. Die letzten offiziellen Zahlen liefert das Registre National du Cancer für das Jahr 2013. Damals waren es 424 Fälle.
Das Gesundheitsministerium gibt in einer Broschüre aus dem Jahr 2016 an, dass von 1.000 untersuchten Frauen lediglich 50 einen unklaren Befund haben. Von diesen 50 würde sich nach weiteren Untersuchungen bei sechs Frauen der Verdacht auf Krebs bestätigen. Demnach hätten von 1.000 Frauen 994 normale Befunde.
Was bringt die Früherkennung?
Bei diesen Zahlen stellt sich die Frage, ob die Untersuchungen in Abständen von zwei Jahren wirklich für die Frau notwendig sind. Vor allem dann, wenn sie keine Risikopatientin ist und keine Fälle von Brustkrebs in der Familie bestehen. Immerhin ist die Brust ein strahlen-sensibles Organ und die Frau bei der Mammographie eben Strahlen ausgesetzt. Außerdem entwickeln sich manche Tumore auch gar nicht weiter oder können sich sogar zurückbilden.
Fest steht allerdings, dass die meisten Krebsfälle (75 bis 80 Prozent) bei Frauen ab ihrem 50. Lebensjahr auftreten. Außerdem lässt sich nicht jeder Krebs durch ein Abtasten der Brust erfassen. Schon alleine deshalb benötigt es eine gewisse Vorsorge. Und die Forschung ist dabei sich zu entwickeln und die Tumordiagnostik zu verbessern und zu individualisieren.
So können in Zukunft unterschiedliche Untersuchungen und gegebenenfalls Behandlungen besser auf den einzelnen Patienten und seinen Befund abgestimmt werden. In Luxemburg gibt es eine solche verfeinerte Diagnostik noch nicht. Doch manche Ärzte haben sie längst auf ihre Wunschliste geschrieben.
Radiologen wollen neue Technologie
Einige Luxemburger Radiologen plädieren für ein neues Analyse-System bei der Mammographie. Neben den Mammographie-Apparaten steht ihnen eine Software, die sogenannte CAD-Technik zur Verfügung. Die „computerassistierte Detektion“ ist seit Jahren Standard in Luxemburg. Es handelt sich hierbei um ein Computerprogramm, das den Arzt bei seiner Interpretation von Untersuchungsergebnissen unterstützten soll. Das Programm kann Auffälligkeiten in der Brust ausfindig machen und markiert diese.
Es gibt jedoch Zweifel, ob dieses CAD-System überhaupt einen Mehrwert für die Diagnostik bietet. Das System detektiert häufig viele auffällige Stellen, die sich bei einer weiteren Analyse des Arztes als risikofrei entpuppen. Will heißen: Das System ist fehlerhaft und kostet den Mediziner womöglich mehr Zeit als es der Nutzen rechtfertigt.
Deshalb soll eine neue Generation dieser Technik her. Eine, die präziser und sensibler ist. Eine, die den Prozess der Analyse vereinfacht und so den Frauen ein schnelleres Ergebnis liefert. Das wünschen sich zumindest die Radiologen.
Zeitpunkt perfekt gewählt
Solche Softwares werden bereits entwickelt. Es fehlen aber die klinischen Studien dazu. Das hört sich riskant an, stört aber längst nicht jeden. „Wenn wir die Technologie nicht nutzen, dann verbessert sich nichts an den Screenings. Und wenn wir sie nutzen, dann kann sich vielleicht etwas verbessern“, sagt der Radiologe Dr. Jean-Baptiste Niedercorn. Er ist ein klarer Befürworter der weiterentwickelten Software. „Die Software mag momentan vielleicht keine Priorität im Gesundheitswesen sein. Wir sehen sie aber als Chance, um das Screening in Zukunft zu verbessern.“
Der Zeitpunkt für diesen Wunsch könnte kaum besser gewählt sein. Über die Berufsfreiheit von Radiologen wird seit Monaten viel diskutiert. Sie können aktuell lediglich in Krankenhausstrukturen arbeiten. Durch einen Entscheid des Verfassungsgerichts könnte sich das aber bald ändern.
Die Radiologen können demnach argumentieren, wie wichtig neue Technologien für die Qualität der Leistungen in Krankenhäusern sind. Schnellere und präzisere Verfahren können schon alleine deshalb wichtig werden, um vielleicht in Zukunft mit privaten Radiologiezentren konkurrenzfähig zu bleiben.
Der Vorteil für die Frauen: Sie hätten in Zukunft auf schnellere Weise ihre Ergebnisse aus der Mammographie. Vielleicht wird das auch ein Anreiz für jene, die den Weg zur Kontrolle bisher scheuen.