78 Prozent der Opfer von Gewalt wenden sich danach nicht an Polizei, medizinisches Personal oder soziale Organisationen. Zu dieser Einschätzung kommt eine Studie des nationalen Statistikamtes „Statec“. Dementsprechend seien etwa 81.000 Personen im vergangenen Jahr Opfer von mindestens einer Form von Gewalt geworden – schätzungsweise 63.000 davon seien aber nicht sichtbar, da sie die Fälle niemandem meldeten.

Der häufigste Grund der Opfer für diese Entscheidung war, dass der Vorfall von Gewalt nicht schlimm genug sei, um deswegen Hilfe zu suchen. Es ging dabei um körperliche, sexuelle, finanzielle oder psychische Gewalt, die in den zwölf Monaten vor der Umfrage passierte. Besonders groß war die Zurückhaltung der Opfer, sexuelle Gewalt zu melden. Hier haben 38 Prozent der Männer und 35 Prozent der Frauen geantwortet, ihre Erfahrungen seien „pas assez grave“, um sich deswegen an jemanden zu wenden.

Weitere wichtige Gründe, sich keine Hilfe zu suchen, waren, dass es nichts bringen würde (19 Prozent der Frauen und 25 Prozent der Männer) oder auch dass die Betroffenen nicht wussten, an wen sie sich wenden sollten (neun Prozent der Frauen und acht Prozent der Männer). Wenn Opfer wegen Gewalt Kontakt mit Professionellen hatten (knapp 16 Prozent der Fälle), war es am häufigsten mit Ärzten oder Psychologen. Danach folgen die Polizei und verschiedene Organisationen und soziale Einrichtungen.

Zudem zeigte sich in der Befragung, dass Opferschutzorganisationen nur mit einem Bruchteil der Opfer in Kontakt sind – mit weniger als einem Prozent der Betroffenen, so die Schätzung laut Studie. Die Zahlen basieren auf einer Erhebung zwischen 2019 und 2020, bei der fast 5.700 Einwohner Luxemburgs befragt wurden.

Besonders wenig sichtbar sind laut der Statistikbehörde auch Opfer von häuslicher Gewalt, da es hier meist weniger Zeugen gebe und die Hemmschwelle, Hilfe zu suchen, höher sei. Frauen sind von häuslicher Gewalt doppelt so häufig betroffen wie Männer (vier bzw. zwei Prozent der Fälle). Obwohl zahlreiche Betroffene sich keine Hilfe suchen, ist die Warteliste für Frauenhäuser bereits jetzt enorm lang, wie Reporter.lu vor Kurzem berichtete. Dabei sollen Frauenhäuser Opfern als Zufluchtsort dienen. (FK)


Mehr zum Thema