Der großherzogliche Hof will konstruktiv mit dem Sonderbeauftragten Jeannot Waringo zusammenarbeiten. Gleichzeitig verwahrt sich Hofmarschall Lucien Weiler in seiner Reaktion auf unsere Recherche gegen den Eindruck eines „Personalkarussells“ – mit zum Teil fragwürdigen Argumenten.

„Wir bestätigen, dass Herr Premierminister Xavier Bettel vor einigen Wochen einen Sonderbeauftragten ernannt hat, der die Personalpolitik des großherzoglichen Hofes analysieren soll“: Per E-Mail antwortet Hofmarschall Lucien Weiler am Freitagabend auf die Fragen, die REPORTER dem großherzoglichen Hof im Vorfeld des Artikels „Regierung kontrolliert Personalpolitik des großherzoglichen Hofes“ gestellt hatte.

Zur Erinnerung: REPORTER hatte am Donnerstag exklusiv darüber berichtet, dass Premier Xavier Bettel vor einigen Wochen einen Sonderbeauftragten („Représentant spécial du Premier ministre“) ernannt hatte, um die Personalpraxis des großherzoglichen Hofes zu durchleuchten. Dies geschah nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer hohen Mitarbeiterfluktuation an Luxemburgs Hofstaat. Unter anderem steht dabei die Rolle von Großherzogin Maria Teresa bei Personalentscheidungen im Fokus der Untersuchung.

Die Bezeichnung ‚Personalkarussell‘ gefällt uns natürlich in keiner Weise.“Hofmarschall Lucien Weiler

Der Großherzog habe der Maßnahme des Premiers zugestimmt, und zwar „in der Hoffnung, dass hierdurch die sich im Umlauf befindenden und immer wiederkehrenden – jedoch nachweislich falschen – Gerüchte widerlegt werden können“, so die Stellungnahme des Hofmarschalls Lucien Weiler. Die Zusammenarbeit mit dem Sonderbeauftragten sei „positiv“. „Wir alle arbeiten konstruktiv mit dem Sonderbeauftragten zusammen und unterstützen diesen in seiner Mission.“

Erklärungen und Spitzfindigkeiten

Im Kern verwahrt sich der Hofmarschall jedoch gegen die Darstellung, wonach die Personalpolitik des Hofes ungewöhnlich oder gar kritikwürdig sei. „Die Bezeichnung ‚Personalkarussell‘ gefällt uns natürlich in keiner Weise“, so die schriftliche Stellungnahme. Die Angabe, wonach 30 Personen seit 2015 entlassen wurden oder selbst gekündigt haben, sei „nachweislich falsch“, heißt es weiter.

Um dies zu belegen, geht Lucien Weiler auf einzelne Abgänge am großherzoglichen Hof in den vergangenen Jahren ein. „In den Jahren 2016, 2017, 2018 und 2019 wurde jährlich exakt zwei Arbeitnehmern aus unterschiedlichen Gründen gekündigt“, erklärt er. 2015 seien zudem vier Kündigungen ausgesprochen worden. Die Gründe dafür könne und wolle man jedoch öffentlich nicht darlegen. „Ob diese Anzahl höher als in anderen Betrieben ist, überlassen wir Ihrer Einschätzung, wobei wir jedoch der Meinung sind, dass diese überschaubare Anzahl an Kündigungen für einen Betrieb unserer Größe, bei dem überdies ein absolutes Vertrauensverhältnis unabdingbar ist, akzeptabel ist“, so das Statement des Hofmarschalls.

Laut der Rechnung des großherzoglichen Hofes macht das insgesamt zwölf Entlassungen innerhalb von viereinhalb Jahren. Was Weiler in seiner Stellungnahme jedoch erst später einräumt: Diese Rechnung schließt sowohl Auflösungen von Verträgen in der Probezeit als auch Kündigungen seitens der Arbeitnehmer aus. Hinzu kommen solche Vertragsauflösungen, die im Zuge einer außervertraglichen Einigung mit Abfindung vollzogen wurden. Schließlich bezieht die Rechnung des Hofes keine Mitarbeiter ein, die mittels Beraterverträgen beschäftigt waren. Rechnet man diese Kategorien ein, kommt man sehr wohl auf die Zahl von über 30 Abgängen seit 2015, die REPORTER in der besagten Recherche nannte.

„Gerüchte und Unterstellungen“

Um sich gegen den Eindruck eines „Personalkarussells“ zu wehren, holt die Stellungnahme jedoch noch etwas weiter aus. Im Wortlaut:

„Natürlich haben wir weitere Abgänge zu kompensieren. So gehen langjährige Mitarbeiter in Rente und Mitarbeiter entscheiden sich aus unterschiedlichen Gründen (die wir aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht nennen dürfen) zu kündigen, um neuen beruflichen Herausforderungen nachzugehen. Darüber hinaus haben wir, wie jeder andere Betrieb ebenfalls, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Zugriff auf befristete Verträge, welche jedoch von Gesetz wegen auslaufen und keinesfalls als Kündigung betrachtet werden können. Da die jeweiligen Aufgaben von Beginn an befristet waren, ist es selbstverständlich, dass die Verträge irgendwann auslaufen und die Mitarbeiter unser Haus zu dem Zeitpunkt verlassen. Auch kommt es manchmal vor, dass innerhalb einer Probezeit gekündigt werden muss. Aber eine Probezeit ist dafür da, den Mitarbeiter zu testen bzw. aus Sicht des Mitarbeiters um den Arbeitgeber zu testen. Sollten Funktion und Kompetenzen trotz sorgsamen Auswahlverfahren nicht übereinstimmen wird innerhalb der Probezeit gekündigt.“

Die mit dem großherzoglichen Paar abgesprochene Stellungnahme des Hofmarschalls stellt anschließend eine Gegenfrage: „Müssen jedoch solche Abgänge (Rente, Eigenkündigungen, befristete Verträge, usw.), wie sie jeder Betrieb einer gewissen Größe kennt, in Ihre Statistik einfließen?“ Die Antwort lautet: Nein. Denn wenn man all diese Abgänge auch noch mit einberechnen würde, läge die Zahl der Personalwechsel seit 2015 noch höher als jene der über 30 Abgänge.

Die Zahl der über 30 Abgänge seit 2015 setzt sich aus Entlassungen, Vertragsauflösungen mit Abfindung, Kündigungen seitens der Arbeitnehmer und Auflösungen von Verträgen in der Probezeit zusammen. Die über 30 Abgänge bedeuten übrigens auch, dass der großherzogliche Hof innerhalb von weniger als fünf Jahren knapp ein Drittel seiner Belegschaft von aktuell 95 Mitarbeitern austauschte.

„Irreführend und reputationsschädigend“

Dennoch bleibt der großherzogliche Hof bei seiner Darstellung: „Solche Abgänge als ‚Personalkarussell‘ zu bezeichnen, finden wir absolut irreführend und reputationsschädigend, insbesondere, wenn sämtliche Abgänge, dann auch noch einer einzigen Person, in diesem Fall der Großherzogin zugeschrieben werden. Vor diesem Hintergrund hoffen wir, dass diese Gerüchte und Unterstellungen nach Abschluss der Mission des Sonderberaters der Vergangenheit angehören.“

Dementsprechend sieht der großherzogliche Hof auch keinen Bedarf für mehr Transparenz was den Umgang mit jenen über zehn Millionen Euro an Steuergeldern betrifft, die der Staatshaushalt ihm jährlich zuteilt. „Die von Ihnen angesprochene Transparenz existiert bereits in den bestehenden Texten und der Praxis. Die durch Artikel 43 der Verfassung vorgesehenen Zuwendungen, welche ebenfalls Personalkosten beinhalten, werden jährlich im Rahmen des Staatsbudgets gestimmt.“


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