„Ich verstehe nicht, was mir vorgeworfen wird. Ich habe nur meine Arbeit gemacht.“ Das war einer der wenigen Sätze, die Benoît Ochs vor dem Disziplinarausschuss des „Collège médical“ sagte. Dort musste sich der Allgemeinmediziner am Mittwoch wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Corona-Vorgaben verantworten. Bereits im März 2022 war er aufgrund identischer Vorfälle zu einem Jahr Berufsverbot verurteilt worden. Nun drohen ihm weitere zwei Jahre, in denen er keine Patienten behandeln dürfte.

Diese Maßnahme forderte nämlich die Vertreterin des „Collège médical“ gegen den Arzt, der in der Pandemie zu einer der führenden Figuren der Bewegung der Maßnahmen- und Impfgegner wurde. Das Kollegium wirft Benoît Ochs vor, erneut gegen mehrere Artikel seines Deontologiekodex verstoßen zu haben. Die Vorfälle sollen sich zwischen dem Urteil in erster Instanz (Juli 2021) und jenem in zweiter (März 2022) ereignet haben. Das Urteil im laufenden Verfahren ergeht Mitte April – also zu jenem Zeitpunkt, an dem der 61-Jährige nach Ablauf der ersten Disziplinarstrafe eigentlich wieder arbeiten könnte.

Dem Arzt aus Gonderingen wird aber nun erneut zur Last gelegt, in Zusammenhang mit Covid-19 Fehldiagnosen gestellt, unzulässige Medikamente verschrieben und aus Gefälligkeit fragwürdige Atteste ausgestellt zu haben. Zudem soll er die sanitären Regeln nicht respektiert sowie Patienten hinsichtlich Maskentragen und Impfung falsch beraten haben. Darüber hinaus soll er in der Öffentlichkeit – in Videos, Presseartikeln sowie bei Veranstaltungen – seine Berufskollegen verleumdet haben, indem er etwa Vergleiche mit der Nazizeit angestellt habe.

Benoît Ochs verteidigte am Mittwoch sein Vorgehen, das immer zum Wohle des Patienten gewesen sei – anders als das damals geltende Protokoll. Ansonsten überließ er seinen Anwälten das Wort, die ihn mit einem Whistleblower verglichen und das Recht auf freie Meinungsäußerung ins Feld führten. Vor allem aber kritisierten sie das Disziplinarverfahren sowie die Untersuchung an sich und forderten denn auch einen Freispruch.

Eine erneute Verurteilung von Benoît Ochs käme einer „Kriegserklärung“ gleich, so sein französischer Anwalt Fabrice De Vizio, der sich von Beginn an streitlustig zeigte und einen maßgeblichen Teil dazu beitrug, dass die Verhandlung sehr laut und hitzig verlief. Die Ärztekammer führe hier einen persönlichen Feldzug gegen Benoît Ochs, der als „Komplottist“ dargestellt werde, meinten seine Anwälte.

Das Verfahren sei geprägt von Willkür, der Ausschuss parteiisch, weil voller Vorurteile, und die Verhandlung vom Mittwoch auch nicht öffentlich, weil nicht alle Anhänger des Mediziners diese verfolgen dürften. In der Tat hatten sich rund 70 Unterstützer vor dem Gerichtsgebäude versammelt, die Sitzung aber fand in einem der kleinsten Säle statt. Dieser bot knapp 25 Zuschauern Platz, die restlichen Anhänger konnten die Verhandlung durch die offene Tür vom Flur aus verfolgen. (GS)


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