Die ADR hat sich in diesem Wahlkampf weiter radikalisiert. Das liegt vor allem an Fred Keup. Der Parteichef und Spitzenkandidat hat den Rechtsruck seiner Partei nicht nur toleriert, sondern treibt ihn mit neuen Tabubrüchen offen voran. Ein Kommentar.
„Eine objektive oder gar wohlwollende Berichterstattung, wie sie für andere Parteien selbstverständlich ist, wird seltene Ausnahme bleiben.“ Es ist eine Analyse, die auch von Fred Keup stammen könnte. Schließlich behauptete der Parteipräsident der ADR noch vor zwei Wochen in einer Rede vor Parteianhängern, die heimischen Medien würden mit allen Kanonen auf seine Partei schießen.
Doch der Satz stammt nicht vom Spitzenkandidaten der ADR, sondern aus einem vertraulichen Parteidokument der „Alternative für Deutschland“ (AfD) aus dem Jahr 2017. Neben der Analyse liefert das Dokument auch Maßnahmen, welche die Partei als Reaktion gegen das vermeintliche mediale Komplott unternehmen soll. Eine Empfehlung: „Die Eskalation der Konflikte, das heißt die Verschärfung der inhaltlichen Positionierung (…). Je klarer und kontroverser die AfD sich positioniert, desto weniger können die Medien sie ignorieren.“ Und: Man müsse „ganz bewusst und ganz gezielt immer wieder politisch inkorrekt sein, zu klaren Worten greifen und auch vor sorgfältig geplanten Provokationen nicht zurückschrecken.“
Nach dieser Woche scheint es, als ob auch Fred Keup diese Botschaft der rechtsextremen deutschen Partei verinnerlicht hat. Das belegen zumindest Aussagen des Parteipräsidenten in einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen „Radio 100,7“. Bisher hatte die Partei in diesem Wahlkampf noch versucht, auf Kontroversen lediglich zu reagieren. Fred Keup versucht nun, die Kritik am offensichtlichen, von ihm maßgeblich ausgehenden, Rechtsruck seiner Partei schlicht zu ignorieren.
Meinung gegen Wahrheit
Ob Kandidaten mit rechtsradikaler Vergangenheit, Verbindungen zu extremistischen Parteien im Ausland, Teilen von Inhalten aus der deutschen Reichsbürgerszene durch einen Vizeparteipräsidenten: Dabei handele es sich lediglich um bedauerliche Einzelfälle, lautete die Verteidigungslinie der ADR. So wollte sie offenbar die Fassade einer bürgerlich-konservativen Partei aufrechterhalten. Bis eben zum Dienstag dieser Woche.
Denn auf die Kontroversen angesprochen, bedauerte Fred Keup plötzlich nichts mehr. Im Gegenteil: In besagtem Interview stellte er die Existenz der Kontroversen an sich infrage. Auf die Feststellung des Journalisten, dass es Screenshots gebe, die belegen, dass Vizeparteipräsident Dan Hardy ein Symbol der deutschen Reichsbürgerbewegung als Profilbild beim Messengerdienst „Whatsapp“ nutzte, antwortete Fred Keup lapidar: „Dat mengt Dir. Dat ass dann Är Meenung a mir hunn eng aner.“ Zudem sein ihm das alles „komplett Wurscht“.
Die ADR spricht von „Mainstream-Medien“ und dem „Parteien-Establishment“. Von einer noch extremeren Rhetorik einer AfD ist sie damit nicht mehr weit entfernt.“
Ein Tabubruch. Es ist das erste Mal, dass der ADR-Politiker dokumentierte Fakten offen als bloße Meinung darstellt und sich demnach vollends dem post-faktischen Diskurs des modernen Rechtspopulismus hingibt. Richtig ist demnach nicht mehr, was sich überprüfen lässt, sondern richtig soll sein, was man selbst für richtig erklärt. Der politische Tabubruch, der die Amtszeit von Donald Trump prägte, ist mit einiger Verzögerung in Luxemburg angekommen …