Viele abstrakte Ziele, wenige konkrete Maßnahmen, einige vertagte Entscheidungen: Wie die Regierung ihre hehren Ziele beim Klimaschutz erreichen will, bleibt auch nach dem neuen Energie- und Klimaplan unklar – mit einer bedeutenden Ausnahme.
„Verkehrsvermeidung“, „Nachhaltige Verwaltung unserer Wälder“, „Vermeidung von Lebensmittelverschwendung“: So lauten nur einige jener Punkte, die die Regierung als Maßnahmen zum Klimaschutz verkaufen will. Luxemburgs Plan zur Erreichung der Klimaziele bleibt denn auch in vielen Punkten sehr allgemein formuliert.
Viel ist zwar die Rede von Strategien, Förderplänen und „Roadmaps“. Doch im Kern lieferten Energieminister Claude Turmes und Umweltministerin Carole Dieschbourg (beide Déi Gréng) bei der Vorstellung ihres Klimaplans am vergangenen Freitag eher abstrakte Stichpunkte als durchgeplante politische Projekte.
Die große Ausnahme ist die Ankündigung einer CO2-Steuer. Die Minister wollen so insbesondere eine „Reduktion des Verkaufs von Diesel“ erreichen. Auch bei den sektoriellen Zielangaben wird der Energie- und Klimaplan konkret. Allerdings stehen im Detail noch einige Entscheidungen aus, die auf Anfang des kommenden Jahres vertagt wurden.
Ehrgeizige Ziele, vertagte Entscheidungen
Der neue Klimaplan basiert auf einer allgemeinen Analyse jener Sektoren, die für den CO2-Ausstoß verantwortlich sind. So war der Verkehr 2005 für fast 70 Prozent der verursachten CO2-Emissionen verantwortlich. Lediglich zwölf Prozent entfielen auf die privaten Haushalte. In beiden Bereichen wurden im Vergleich zu 2005 bereits Einsparungen erreicht.
Erst ab einer Steuer von 40 bis 50 Euro pro Tonne CO2, kann man von einer spürbaren Wirkung ausgehen.“Oldag Caspar, Umweltorganisation Germanwatch
Falls die Regierung ihre Ziele für das Jahr 2020 einhalten möchte, müssten allerdings die Emissionen im Verkehr und in den Haushalten im Vergleich zu 2018 um jeweils 17 und 8,5 Prozent fallen. Ein Großteil der Maßnahmen im Verkehr muss jedoch noch verhandelt werden bzw. tritt erst mit der Steuerreform in Kraft. Schon jetzt ist aber klar, dass ohne schnelles Eingreifen der Politik, dieses Ziel kaum erreichbar ist.
Zur Erreichung einer Reduktion der Emissionen von 55 Prozent bis 2030, müssten allein im Verkehr 54 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden; für Haushalte sollen es 66 Prozent sein. Aus den Zahlen des Ministeriums lässt sich jedoch nicht ableiten, wie viel Einsparungen die einzelnen Maßnahmen pro Bereich erzielen sollen.
Die Landwirtschaft ist dagegen der einzige Sektor, der bis 2020 mehr Emissionen ausstoßen darf als 2005. Für 2030 sollen sie um 22 Prozent fallen – die bei weitem niedrigsten Einsparungen im Energie- und Klimaplan der Regierung.
„Ein homöopathischer CO2-Preis“
Bezahlt werden sollen die mehr oder weniger konkreten Maßnahmen über die CO2-Steuer. „Im Gegensatz zum französischen Beispiel sollen die Einnahmen zur Hälfte an ärmere Haushalte zurückbezahlt werden“, betonte Claude Turmes. Gelbwesten-Proteste soll es in Luxemburg also nicht geben.
Mit einer Bepreisung von 20 Euro pro Tonne CO2 ist dies ohnehin unwahrscheinlich: Das Ministerium bekräftigt, dass man damit im europäischen Durchschnitt liege. Ein Lenkungseffekt ist bei einem vergleichsweise niedrigen Preis jedoch kaum zu erwarten. Die meisten Menschen werden ihr Fahrverhalten allein dadurch wohl nicht ändern.
Die Ziele des Pariser Abkommens können mit einem 30 Euro pro Tonne CO2 Preis nicht eingehalten werden.“
OECD
Claude Turmes rechnet selbst vor: „Bei einer anfänglichen Bepreisung von 20 Euro pro Tonne CO2 müsste ein Autofahrer, der im Jahr 20.000 Kilometer fährt, im Schnitt pro Jahr etwa 70 Euro Steuern zahlen.“
Oldag Caspar, Teamleiter der deutschen und europäischen Klimapolitik der Umweltorganisation Germanwatch, bezeichnet dies als „einen homöopathischen Preis.“ „Erst ab einer Steuer von 40 bis 50 Euro pro Tonne CO2, kann man von einer spürbaren Wirkung ausgehen“, unterstreicht der Experte im Gespräch mit REPORTER.
Internationale Organisationen wie die OECD oder die Weltbank, geben dem Umweltverband recht. Die OECD spricht von einem absoluten Mindestpreis von 30 Euro pro Tonne, während die Weltbank eine Preisspanne von umgerechnet 36 bis 72 Euro vorschlägt.
Warten auf die große Umverteilung
Auch bei den sozialen Maßnahmen bleibt weiterhin vieles schwammig. Der Minister wollte sich nicht festlegen, ob die Einnahmen integral zurückbezahlt oder dazu benutzt werden, um etwa schlecht gedämmte Häuser von Familien mit niedrigen Einkommen zu finanzieren.
Schweden führte bereits 1991 eine CO2-Steuer ein. Als Startpreis wurden damals umgerechnet 30 Euro pro Tonne festgelegt. In den letzten Jahrzehnten ist der Preis auf 114 Euro gestiegen. Die generierten Einnahmen wurden sowohl in Klimaschutz-Maßnahmen als auch in das Schulsystem und die Gesundheitsvorsorge investiert.
Wir wollen eine Regierung der Klimalösungen sein.“
Claude Turmes, Energieminister
Der Erfolg des Plans ist allerdings auch auf eine gleichzeitige Abschaffung von unliebsamen Steuern zurückzuführen. Experten sind sich einig: Direkte und transparente Rückzahlungen an Geringverdiener mit zusätzlichen Unterstützungen für Sanierungsarbeiten, können einen höheren Rückhalt für Klimaschutzmaßnahmen in der Bevölkerung schaffen. „Für Familien mit niedrigen Einkommen sollte die CO2-Steuer fast vollständig durch Rückzahlungen ausgeglichen werden.“, findet auch Oldag Caspar.
In der Schweiz ist dieser Ansatz bereits Realität. Die Abgaben auf Kohle, Erdgas und Heizöl (Treibstoffe werden nicht besteuert) werden zu zwei Dritteln an die Bürger zurückbezahlt. Jeder Schweizer erhält einen gleichen Zuschlag, und zwar unabhängig davon, wie viel Emissionen er oder sie selbst verursacht hat. Das letzte Drittel wird in Sanierungen von Wohnungen investiert.
Welchen Weg Luxemburg einschlägt und wie all die anderen abstrakten Ziele erreicht werden sollen, wird sich wohl erst im kommenden Jahr herausstellen. Ob schwedisches oder Schweizer Modell, bei der Umweltorganisation Germanwatch freut man sich, dass Luxemburg überhaupt eine Steuer einführt. In Deutschland laufen die Gespräche nämlich noch.
