Mehr Züge, mehr Passagiere, mehr Geld: Das sind die Pläne des grünen Mobilitätsministers für die Bahngesellschaft CFL. Der Finanzrahmen bis 2039 sieht Summen in Milliardenhöhe vor. Die Rolle der Schiene wird nicht nur abgesichert, sondern deutlich gestärkt.
Wenige würden es offen zugeben, doch Minister denken auch an ihr Vermächtnis. An das, was nach ihrer Amtszeit von ihrer Arbeit bleibt. Der Mobilitätsminister und ehemalige Eisenbahner François Bausch (Déi Gréng) ist da keine Ausnahme. Zumal er angekündigt hat, keine weitere Amtszeit anzustreben. Nahezu geräuschlos hat sein Ministerium einen Gesetzentwurf im Parlament eingebracht, der genau dieses Erbe darstellen könnte. Es geht um die Mobilitätsentwicklung in Luxemburg in den kommenden Jahrzehnten.
Denn der Entwurf schafft die rechtliche Voraussetzung für die Finanzierung der Bahn in der Zukunft. Konkret bildet das geplante Gesetz dabei die Grundlage für den Vertrag zwischen dem Staat und der Eisenbahngesellschaft CFL zwischen 2025 und 2039. Neben dem Zeitraum definiert der Entwurf bereits, welche Finanzmittel dem Betreiber zur Verfügung stehen sollen. Und die bleiben beachtlich.
Spitzenreiter bei Investitionen
Insgesamt ist im Entwurf eine Finanzierung in Höhe von rund sieben Milliarden Euro über 15 Jahre festgehalten. Vorgesehen ist zudem, dass das Budget jährlich um drei Prozent steigen soll, ausgehend 2025 von 380 Millionen Euro. 2039 stünden die Ausgaben in diesem Szenario dann bei über 580 Millionen Euro. Damit muss sowohl das Personal als auch der laufende Betrieb im Personenverkehr auf der Schiene finanziert werden.
Damit würden die Mittel für den Zugverkehr deutlich über den aktuellen liegen. Zum Vergleich: Für den Zeitraum zwischen 2010 und 2022 sah der Staatshaushalt insgesamt 2,4 Milliarden Euro für die Finanzierung des Personenverkehrs auf der Schiene vor. Hinzu kamen allerdings Investitionen in die Schieneninfrastruktur über den „Fonds de rail“.
Eine solche Finanzierung steigert natürlich auch die Erwartungshaltung an die Bahn.“Mylène Bianchy, Syprolux
Für die Infrastruktur geht das Mobilitätsministerium allein für den Zeitraum zwischen 2013 und 2025 zudem von Investitionen von rund vier Milliarden Euro aus. Es sind Ausgaben, die vor allem auf den Bahnhöfen des Landes sichtbar werden – sei es beim Ausbau des Hauptstadtbahnhofs, der Erweiterung des Bahnhofs in Ettelbrück oder der Modernisierung zahlreicher kleinerer Bahnhöfe.
Dazu kommen noch einmal finanzielle Beteiligungen am Ausbau der Tram in der Hauptstadt. Generell liegen die Investitionskosten in die Schiene in Luxemburg damit bereits heute deutlich über jenen in den Nachbarländern. Laut einer Studie des deutschen Lobbyverbands „Allianz Pro-Schiene“ gab Luxemburg 2021 für Investitionen in die Schieneninfrastruktur 607 Euro pro Kopf aus. In Deutschland wurden hingegen nur 124 Euro pro Bundesbürger in die Bahn investiert. Allerdings geht aus den Zahlen der Studie nicht hervor, ob Grenzgänger bei der Berechnung berücksichtigt wurden oder nicht.
Schiene soll wichtiger werden
Die steigenden Kosten gehen dabei einher mit einem erhöhten Mobilitätsbedarf und damit steigenden Anforderungen an die Bahn. Ein Bedarf, den bereits der Anfang des Jahres vorgestellte „Plan national de mobilité 2035“ skizziert hatte. Demnach soll die Schiene bis 2035 zwischen 10 und 15 Prozent des Mobilitätsaufkommens auf verschiedenen Mittel- und Langstrecken übernehmen.
Die Prognose baut dabei auf den Vorgaben auf, die 2018 in der Mobilitätsstrategie „Modu 2.0“ festgelegt wurden. Diese hatte sich bereits als Ziel gesetzt, die Zahl der Pendler, die auf den öffentlichen Transport zurückgreifen, deutlich zu erhöhen. Konkret bedeutet das: Zwischen 2017 und 2025 sollen die Passagierzahlen in Spitzenzeiten um die Hälfte steigen.
Die Steigerung der Passagierzahlen würde dabei eine Entwicklung fortschreiben, die sich bereits seit Jahren abzeichnet. Zwar wurde der Zuwachs bei den Passagieren durch die Pandemie etwas ausgebremst, doch in den Jahren zuvor stiegen die Nutzerzahlen der Bahn kontinuierlich an. Während die Bahn 2005 rund 14 Millionen Passagiere im Jahr beförderte, wuchs das Aufkommen im Jahr 2019 auf 25 Millionen. Im ersten Pandemiejahr ist die Nutzerzahl jedoch auf 14,5 Millionen eingebrochen und hat sich 2021 mit 16,6 Millionen wieder etwas stabilisiert, wie die CFL in ihrem Jahresbericht unterstreicht.
Neues Material, neue Strecken
Den steigenden Passagierzahlen trägt der Entwurf zum neuen Finanzierungsgesetz Rechnung. So begründet der Text die graduelle Steigerung des Finanzierungsbedarfs von drei Prozent pro Jahr auch mit den Anforderungen durch den täglichen Betrieb. Konkret heißt das in der Praxis: größere Züge und eine höhere Taktung. Während für 2025 etwa 996 Züge pro Tag geplant sind, sollen es drei Jahre später bereits 1.056 pro Tag sein.
Gleichzeitig plant die CFL den verstärkten Einsatz von Zügen mit drei anstatt zwei Zugmaschinen, um mehr Passagiere transportieren zu können. Bis 2025 will die Bahngesellschaft zudem 36 neue Zugwaggons anschaffen und so die Kapazität von insgesamt 26.500 auf 38.000 Sitzplätze steigern, wie aus der Mobilitätsstrategie "Modu 2.0" hervorgeht.
Neben Taktung und Kapazität sollen jedoch auch die Strecken an sich ausgebaut werden. So soll bereits bis 2025 die neue "Weststrecke" in Betrieb gehen, die stündlich Luxemburg über Trier-West mit Wittlich verbindet. Zudem soll der Streckenausbau auf zwei Gleise zwischen Luxemburg-Stadt und Bettemburg die Zugverbindung nach Thionville bis 2025 verbessern und für Entlastung sorgen.
Gewerkschaft begrüßt Entwurf
Für Entlastung oder zumindest Beruhigung sorgt der Gesetzentwurf auch bei den Angestellten der Bahn. Mylène Bianchy, Präsidentin der Eisenbahngewerkschaft Syprolux, unterstreicht die positive Signalwirkung: "Der Gesetzentwurf ist ein klares Bekenntnis zur Bahn. Ein Fortbewegungsmittel, das sowohl Mobilität garantiert, als auch ein wirksames Mittel im Kampf gegen den Klimawandel sein kann."
Zudem sei der Entwurf auch ein wichtiges Zeichen an die Belegschaft der CFL, die mit 4.710 Mitarbeitern seit diesem Jahr der größte Arbeitgeber im Land ist. "Sollte das Gesetz so gestimmt werden, wäre das ein Bekenntnis zum Eisenbahner-Statut und das über 15 Jahre. Das würde dem Personal der CFL definitiv Planungssicherheit geben", betont Mylène Bianchy. Das sei ein Erfolg für die Gewerkschaften, denn das Statut garantiere den sozialen Frieden bei der Bahn. Seit 1921 gibt es das sogenannte "Eisenbahner-Statut", das Mitarbeiter der Bahn de facto mit Beamten im öffentlichen Dienst gleichstellt.

Doch auch Mylène Bianchy ist sich bewusst, dass die großen Pläne den Druck auf die Bahn erhöhen könnten: "Eine solche Finanzierung steigert natürlich auch die Erwartungshaltung an die Bahn. Vor allem weil derzeit viele Infrastrukturprojekte den Alltag der Nutzer prägen. Da ist viel Öffentlichkeitsarbeit notwendig, um den Menschen zu erklären, wie kompliziert ein Ausbau des Schienennetzes im laufenden Betrieb ist."
Ausnahme für Luxemburg
Dennoch überwiegt bei der Gewerkschaftlerin die Zuversicht, auch was die Personalrekrutierung bei der Bahn betrifft. Schließlich konkurriere diese in der Praxis um den gleichen Pool wie etwa die Polizei oder die Gefängnisverwaltung. Ein erfolgreich verhandelter Vertrag zwischen dem Staat und der CFL, für den das Finanzierungsgesetz ja die Grundlage schaffe, würde es in Zukunft deutlich erleichtern, Personallücken zu schließen – etwa bei den Fahrdienstleitern, die für die Überwachung des Eisenbahnnetzes zuständig sind.
Dass der Staat überhaupt einen Vertrag mit der Eisenbahngesellschaft schließen kann, ohne dafür eine europaweite Ausschreibung durchzuführen, hat dabei mit der besonderen Rechtslage zu tun. So gab es zwar von der EU-Kommission den Versuch, den Schienenverkehr über das sogenannte "vierte Eisenbahnpaket" zu liberalisieren. Doch auf Druck einiger Mitgliedsländer verabschiedete der Rat das Paket mit zahlreichen Sonderregeln. Luxemburg hat die entsprechende EU-Richtlinie 2019 umgesetzt. Der entscheidende Artikel 7 sieht dabei vor, dass der Staat den Betrieb des Eisenbahnnetzes direkt an die CFL vergeben darf.
Auf Nachfrage von Reporter.lu betont das Mobilitätsministerium, dass eine direkte Auftragsvergabe unter anderem durch das kleine Eisenbahnnetz in Luxemburg ermöglicht werde. Ob das jedoch auch für die Vergabe von Teilstrecken gilt, die über das nationale Schienennetz hinausgehen, ist unklar. Das Mobilitätsministerium betont lediglich, dass der Staatsvertrag das gesamte Netz bis an die Landesgrenzen betreffe und keiner Aufteilung bedürfe.

