Vor den Wahlen noch die Autosteuer zu erhöhen, ist der Regierung nun doch zu heikel. Erst 2020 werden verlässlichere CO2-Werte zur Berechnung dienen. Damit setzte sich die Autolobby mit ihrem Wunschdatum durch.

Ende April traf sich Nachhaltigkeits- und Infrastrukturminister François Bausch (déi gréng) mit den Vertretern der Autobranche. Der Minister und die Lobby wurden sich einig: Erst ab dem 1. Januar 2020 soll die Autosteuer nach neuen Kriterien berechnet werden, wie Bausch REPORTER auf Nachfrage hin bestätigte.

Bei diesem Datum geht es um die Einführung eines neuen Testverfahrens, das den CO2-Ausstoß der Autos realistischer abbildet. Das klingt wie ein Detail, doch die Änderung könnte dazu führen, dass auf einem Durchschnittsauto etwa 60 Prozent mehr Steuern fällig werden. Der Grund liegt in der Methode, wie der Wert zustande kommt, der in den Zulassungspapieren steht und zur Berechnung der fälligen Autosteuer dient. In Luxemburg liegt der Durchschnittswert bei 127 Gramm CO2 pro Kilometer.

Eigentlich wollte Minister Bausch die Autosteuer bereits zum 1. September 2019 anpassen, wie REPORTER im März berichtete. Letztlich setzte sich aber die in dem „House of Automobile“ (HOA) vertretene Autobranche durch. Zu diesem noch informellen Zusammenschluss zählen die Händler, Werkstätten, Leasingunternehmen und die Hersteller. Den Beschluss des Treffens wollte Frank Lentz vom HOA auf Nachfrage hin nicht kommentieren. Der ACL als Vertreter der Autofahrer war nicht eingeladen, so eine Sprecherin.

Steuererhöhung ein Fall für die nächste Regierung

Der Hintergrund: Die EU führt schrittweise einen neuen Abgastest ein, die sogenannte „Worldwide harmonized Light-duty vehicles Test Procedure“, kurz WLTP. Dieses Verfahren löst den aktuellen NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) – auf Englisch NEDC – ab. Da der WLTP-Test im Labor die realen Fahrbedingungen auf der Straße besser abbildet, erwartet die Industrie höhere CO2-Werte. Das gleiche Auto stößt demnach gemessen nach WLTP 20 Prozent mehr CO2 aus als im NEFZ-Test.

Da der CO2-Wert höher liegt, steigt die Autosteuer aufgrund der Berechnungsformel deutlich. Für ein durchschnittliches Auto würden statt 102 Euro in diesem Szenario 163 Euro fällig. Die Autohersteller machen bereits Druck: „Die Einführung des WLTP darf nicht zu einer plötzlichen Erhöhung der Besteuerung führen“, heißt es auf einer Webseite des HOA. Erst die nächste Regierung wird jedoch entscheiden müssen, ob sie den Forderungen der Lobby nachkommt.

Dass die Wahl auf Januar 2020 statt September 2019 fiel, erklärt Bausch im Gespräch mit REPORTER mit praktischen Gründen. Für die Steuerbehörde sei es einfacher zu einem neuen Kalenderjahr die Umstellung durchzuführen. Dazu komme, dass so zeitlich passend zum Autofestival 2020 eine breite Informationskampagne gestartet werden könne, so der Transportminister. So bleibe Spielraum, um die Autokäufer entsprechend vorzubereiten, meint auch eine ACL-Sprecherin. Vor allem entgeht man so dem Problem, dass während des Autofestivals gekaufte Modelle später höher besteuert werden.

Der Staat verzichtet auf Steuereinnahmen

Allerdings wird Luxemburg so zum Nachzügler. Die EU-Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten den 1. Januar 2019 als Stichdatum. In Deutschland tritt die Reform der Autosteuer bereits diesen September in Kraft – ohne Anpassung nach unten. Deutschland sei allerdings die Ausnahme, sagt Bausch. Mehrere Länder hätten sich nun für ein späteres Datum entschieden. Der 1. September 2019 wäre sinnvoll gewesen, da ab diesem Zeitpunkt alle neuen Autos nach WLTP getestet werden müssen – auch bestehende Modelle.

Die spätere Einführung hat für den Staat indes finanzielle Folgen. Zwischen 2010 bis 2016 sind Luxemburg bereits etwa 110 Millionen Euro an Einnahmen entgangen, schätzt eine Studie der EU-Grünen. Das hat damit zu tun, dass die CO2-Werte nach dem NEFZ-Test gemessen gegenüber den realen Straßenbedingungen viel zu tief lagen.

Letztlich gehe es nur um vier Monate, verteidigt Bausch seine Entscheidung. Doch diese Erklärung greift zu kurz, denn klar ist bereits, dass Steuerzahler, die ihr Auto vor dem Stichdatum kaufen, nicht mehr zahlen müssen. Nur für Autos, die nach dem 1. Januar 2020 gekauft werden, fällt die Steuer höher aus. Das heißt aber auch, dass der Staat für die Autos, die dann zwischen September 2019 und Januar 2020 gekauft werden, weniger Steuern einnimmt, so lange sie auf Luxemburger Straßen fahren. Und das sind im Schnitt sieben Jahre. Dabei geht es um zehntausende Fahrzeuge: Zwischen September und Dezember 2017 wurden knapp 16.000 Autos in Luxemburg neu zugelassen.

Die EU führt den WLTP-Test vor allem ein, um ihre Klimaziele realistischer zu gestalten. Und gerade was den Kampf gegen den Klimawandel betrifft, droht Luxemburg ein böses Erwachen. In der EU stiegen 2017 die CO2-Emissionen pro Auto zum ersten Mal seit 2010. Und in Luxemburg war die Zunahme deutlich höher als in den Nachbarländern. Eine wirksame Autosteuer wäre durchaus ein Mittel, um diesen negativen Trend zu stoppen.