Wegen seines Verhaltens gegenüber einem Untersuchungsrichter wurde der bekannte Rechtsanwalt André Lutgen am Donnerstag zu einer Geldbuße von 2.000 Euro verurteilt. Ihm war vorgeworfen worden, den Magistraten eingeschüchtert und beleidigt zu haben. Den Vorwurf der Einschüchterung behielt das Gericht letztlich zwar nicht zurück, dennoch dürfte André Lutgen den Schuldspruch nicht einfach hinnehmen.
Hintergrund dieses Prozesses, der die Beziehungen zwischen Anwaltschaft und Magistratur auf die Probe stellte, war die Untersuchung eines tödlichen Arbeitsunfalls bei „ArcelorMittal“ im Mai 2019 in Differdingen. André Lutgen hatte damals in seiner Funktion als Rechtsbeistand des Stahlproduzenten den Kontakt zum verantwortlichen Untersuchungsrichter Filipe Rodrigues gesucht. Die von diesem für die Dauer der Unfallanalyse angeordnete Versiegelung von Elementen der Stromzufuhr drohte die Produktion in dem Stahlwerk lahmzulegen.
Um zu erfahren, wie lange die Versiegelung aufrechterhalten werde, und um auf den Ernst der Lage aufmerksam zu machen, schickte André Lutgen mehrere E-Mails an Filipe Rodrigues – in teils sehr bestimmtem Ton. Da er in seinen Augen keine zügige Antwort erhielt, schickte der Anwalt auch Mails an Generalstaatsanwältin Martine Solovieff sowie die damaligen Minister für Justiz, Félix Braz (Déi Gréng), und Wirtschaft, Etienne Schneider (LSAP). Mails, in denen er sich über das Verhalten des Untersuchungsrichters beschwerte.
Dieses Vorgehen blieb ohne großen Einfluss auf die Ermittlungen. Filipe Rodrigues ließ die Versiegelung unabhängig davon aufheben – rund 48 Stunden nach dem Unfall. Erst im Nachhinein erfuhr er von André Lutgens Mails und gab diese Informationen an die Staatsanwaltschaft weiter. Diese klagte den Anwalt daraufhin an und forderte vor Gericht eine Geldstrafe. Eine solche wurde nun in Höhe von 2.000 Euro verhängt. Zudem muss André Lutgen Felipe Rodrigues Schadenersatz in Form eines symbolischen Euros zahlen.
Mit diesem Urteil kann André Lutgen nicht zufrieden sein. Seine Verteidigung hatte am Prozessende den Freispruch in allen Anklagepunkten gefordert und angekündigt, im Fall einer Verurteilung in Berufung zu gehen. Dies bezeichnete Lutgens Verteidiger François Prum am Donnerstag als sehr wahrscheinlich, auch wenn er es begrüßte, dass das Gericht zumindest den Vorwurf der „Intimidation“ (Artikel 251 des Strafgesetzbuchs) fallengelassen hatte. Die Verurteilung wegen „Outrage“ (Artikel 275) wiege für André Lutgen persönlich dennoch schwer. (GS)