Auch in Luxemburg macht sich die Skepsis gegenüber dem menschengemachten Klimawandel breit. Die Protagonisten bedienen sich dabei der gleichen Stilmittel wie ihre Vorbilder im Ausland. Nur sachliche Argumente fallen ihnen schwer. Ein Kommentar.
„Das Tabu“: So war der jüngste Leserbrief des Anwalts Gaston Vogel überschrieben, wie ihn „RTL“ publizierte. Der Autor fragt sich darin, ob der Klimawandel bzw. besser gesagt die Skepsis davor, in Luxemburg ein Tabu sei. Zudem liefert er mehrere klassische Positionen, die gemeinhin von Leugnern der menschengemachten globalen Erwärmung angeführt werden.
Allein die Aussage, dass die Leugnung des Klimawandels ein Tabu sei, ist bereits absurd. Denn nicht nur erhält der besagte Anwalt regelmäßig eine ziemlich breite Plattform für seine vermeintlichen Tabubrüche. Auch andere Personen, die in der Frage des Klimawandels nicht im „Mainstream“ schwimmen, werden von Luxemburgs Medien nicht boykottiert. Ein Tabu wäre es erst dann, wenn Vogels medial verstärkte Meinungsäußerungen niemand mitbekommen würde.
Die einfache Welt der „Skeptiker“
Doch die einleitende rhetorische Opferrolle ist nicht der einzige Punkt, in dem der meinungsstarke Anwalt die gleichen Stilmittel verwendet wie andere „Skeptiker“ des Klimawandels. Denn genau als solche bezeichnen sie sich am liebsten: „Skeptiker“. Sie haben ja eigentlich keine abgeschlossene Meinung und vertreten keine dogmatische Position, heißt die Devise. Sie seien nur skeptisch und würden Dinge in Frage stellen. Oder wie es Gaston Vogel vielsagend formuliert: „Le sceptique n’affirme aucune vérité.“
Was die „Skeptiker“ vergessen: Spätestens ab dem Moment, wo man die nachweisbare globale Erwärmung nicht begrenzen will, ist sie eindeutig menschengemacht.“
Ein solcher relativierender Skeptizismus klingt zwar ganz harmlos. Er ist aber durchaus eine gefährliche, weil scheinheilige Weltanschauung. Denn Leute wie Vogel stellen nicht wirklich Dinge in Frage, sie tun nur so. Ist der Klimawandel wirklich vom Mensch gemacht? Im Grunde eine intellektuell anregende Frage, die ein Skeptiker aus vielen Blickwinkeln betrachten und das Für und Wider abwägen könnte. Doch „Skeptiker“ wie Vogel liefern die einseitigen Antworten gleich mit. Das macht sie vielmehr zu Polemikern.
Denn wie andere Autoren von solchen Leserbriefen vertritt auch dieser die Position, wonach sich das Klima auch schon ohne Autos und Kohlekraftwerke gewandelt habe. Eine Aussage, die für sich genommen ja nicht falsch wäre, reicht für die Vogels dieser Welt jedoch aus, um ihre als naiver Skeptizismus getarnte Beweisführung gegen die Apologeten des Klimawandels zu beenden. Der sinngemäße Satz „Das Klima hat sich schon immer verändert, daran ist der Mensch nicht schuld“ ist ihr allzeit hervor gebrachtes Totschlagargument.
Kein Interesse an sachlicher Debatte
Allerdings mangelt es ihnen darüber hinaus an schlagkräftigen Argumenten, die einer ernsthaften Diskussion standhalten. Denn die Idee, dass es schon immer einen Klimawandel gegeben habe, trifft den Kern der aktuellen Debatte nur ansatzweise. Dass die Sahara-Wüste vor 4.000 Jahren ein „wunderschöner Garten“ gewesen sein soll, wie es Gaston Vogel in seinem Brief behauptet, trägt letztlich nichts zur Sache bei. Es ist ein Gegenargument gegen eine Aussage, die niemand getätigt hat – übrigens auch ein klassisches Stilmittel von Polemikern.
Nach dem Motto „Nach uns die Sintflut“ wollen sie den Status quo erhalten und ihren Lebensstil nicht anpassen – auch nicht für etwas, was die Lebensweise der nachkommenden Generationen fundamental verändern könnte.“
Doch die Polemik um den vermeintlichen Tabubruch verfehlt wohl ganz bewusst das Thema. Es geht längst nicht mehr nur darum, dass es früher auch schon einmal Schwankungen der globalen Temperaturen gab. Auch nicht im Kern darum, in welchem Ausmaß die Aktivitäten der Menschen dafür verantwortlich sind. Es geht vielmehr darum, dass die aktuelle, also seit Jahrzehnten beobachtbare extreme Erwärmung der Erde vergleichsweise schnell passiert und die Menschen (noch) etwas dagegen unternehmen können. Was die „Skeptiker“ dabei vergessen: Spätestens ab dem Moment, wo man die nachweisbare globale Erwärmung nicht begrenzen will, ist sie eindeutig menschengemacht.
Die Kernfakten der Debatte blenden „Klimaskeptiker“ à la Vogel gerne aus. Dass sich die Luft an der Erdoberfläche seit Jahrzehnten deutlich erwärmt, dass der Meeresspiegel steigt, dass sich seit rund 20 Jahren die global gemessenen Temperaturrekorde häufen, dass die Gletscher schmelzen und das Meereis verschwindet, dass der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre stetig zunimmt, dass die Wetterextreme häufiger und heftiger werden… – all das wollen und können sie offensichtlich nicht mit sachlicher Argumentation entkräften.
Skepsis darf kein Selbstzweck sein
Den als Skeptikern getarnten Leugnern geht es letztlich nicht um eine faktenbasierte Diskussion und schon gar nicht um eine konstruktive Debatte, die zu politischen Maßnahmen führen könnte. Nach dem Motto „Nach uns die Sintflut“ wollen sie den Status quo erhalten und ihren Lebensstil nicht anpassen – auch nicht für etwas, was die Lebensweise der nachkommenden Generationen fundamental verändern könnte. Manche unter ihnen wollen aber nur die Gegenseite provozieren und die Kontroverse auf eine emotionale Ebene heben. Oft genug erreichen sie ihr Ziel auch.
In einer Diskussion mit einem Klimaleugner hilft es nicht, allein auf die ‚über 90 Prozent‘ der Klimaforscher zu verweisen, die sich einig sind. Man muss den Klimawandel anhand von Fakten und Basiswissen konkret machen und veranschaulichen.“
Letztlich haben aber auch die Klimaschützer eine Verantwortung, konsequent bei den Fakten zu bleiben. Und: Diese Fakten immer wieder zu wiederholen, statt sich auf pseudo-intellektuelle Grundsatzdebatten einzulassen. Auch wenn es schwer fällt: In einer Diskussion mit einem Klimaleugner hilft es nicht, allein auf die „über 90 Prozent“ der Klimaforscher zu verweisen, die sich einig sind. Man muss den Klimawandel anhand von Fakten und Basiswissen konkret machen und veranschaulichen.
An einer Stelle haben die „Skeptiker“ jedoch Recht. Man kann und sollte immer skeptisch sein. Auch und insbesondere wenn die Meinungs- und Faktenlage überwältigend erscheint. Doch reine Skepsis ist noch keine Haltung. Sie darf kein Selbstzweck sein und kann nur am Anfang der Erkenntnis stehen. Sonst hilft sie in dieser Form niemandem weiter. Skepsis, wie sie Gaston Vogel und andere Gleichgesinnte definieren, verhindert letztlich den Fortschritt – in jegliche Richtung.