Die LSAP beschäftigt sich wieder einmal mit sich selbst. Statt sich in den Koalitionsverhandlungen mit Inhalten zu profilieren, bricht die Parteiführung eine unnötige Personaldebatte vom Zaun. Damit tut sich die Partei keinen Gefallen. Ein Kommentar.

Nicolas Schmit will also (immer noch) EU-Kommissar werden. Etienne Schneider eventuell auch. Die Debatte über die Personalien der neuen Regierung ist damit spätestens jetzt eröffnet. Interessant ist dabei, dass diese Personaldiskussion nicht von den Medien, sondern von einem Beteiligten selbst befeuert wurde. „Ech sinn net méi an der nächster Regierung, ech wëll EU-Kommissär ginn“, wird Schmit jedenfalls bei RTL zitiert.

Damit zeigt sich vor allem eins: Manche in der LSAP scheinen immer noch nicht verstanden zu haben, warum ihre Partei von einer Wahlniederlage in die nächste schlittert. Oder es kümmert sie nicht wirklich. Manchen ihrer Amtsträger geht es vor allem um sich selbst. Noch bevor ein einziger Satz des Koalitionsprogramms geschrieben wurde, treten sie selbst eine Personaldiskussion los. Anstatt sich für ein inhaltlich überzeugendes Abkommen einzusetzen, schachern sie öffentlich um Posten.

Erst die Posten, dann eventuell die Inhalte

Dass Politiker an der Macht bleiben wollen und dafür einiges zu opfern bereit sind, ist dabei keine sensationelle Erkenntnis. Ebenso dürfte aber bekannt sein, dass Teile der Wählerschaft mit dieser Einstellung wohl wenig anfangen können. Nicolas Schmit erweist seiner Partei und der ganzen Politik also einen Bärendienst. Mit seinem medial verstärkten Vorstoß bestätigt er die Vorurteile gegen „die da oben“ und verfestigt damit die besonders in seiner Partei längst vorhandene Entfremdung zwischen den Amtsträgern und der Parteibasis.

Die Episode um den angestrebten EU-Kommissarposten verdeutlicht aber auch, worum es bei Koalitionsverhandlungen letztlich immer geht. Am wichtigsten ist, dass die eigene Partei an der Macht bleibt. Am zweitwichtigsten, dass man persönlich einen der begehrten Posten in der Exekutive ergattert. Wenn man dann am Ende noch den einen oder anderen Punkt aus dem eigenen Programm umsetzen kann, umso besser.

Ein weit verbreitetes Politikverständnis

Doch das Problem heißt nicht nur Nicolas Schmit. Denn der unbedingte Wille zur Macht ist tief in den Parteien verankert. Auch die zweite und dritte Reihe profitiert von einer Regierungsbeteiligung – sei es durch das Nachrücken ins Parlament oder Aufstiegsmöglichkeiten in den von der eigenen Partei verwalteten Ministerien oder sonstigen politisierten Organisationen.

So verbirgt sich hinter dem Diskurs der „Erneuerung“ der LSAP vor allem die Erwartung von Nachwuchspolitikern, jetzt auch endlich zum Zug kommen zu können. Die Verfechter der parteiinternen Erneuerung kritisieren zwar, dass die „Alten“ an ihren Stühlen kleben, doch wollen sie nichts sehnlicher als endlich selbst auf ebendiesen Stühlen Platz zu nehmen.

Alles das ist nicht weiter verwerflich. In der Politik geht es immer um Macht, und Macht wird immer von einzelnen Personen ausgeübt. Doch die Kunst der Politik besteht letztlich darin, das eigene Machtstreben mit nachvollziehbaren politischen Zielen oder zumindest mit dem Anschein einer politischen Überzeugung anzureichern. Und genau an dieser Stelle liegt das große Problem der LSAP.

Einer Partei gehen die Argumente aus

Die LSAP ist offensichtlich eine Partei, die sich im Jahre 2018 mit der Formulierung und Vermittlung eigener politischer Überzeugungen schwer tut. Ihre Krise rührt sicher nicht nur vom Handeln der Parteiführung, sondern ist durch einen tiefgreifenden Wandel von Wählerschaft und Parteienlandschaft begründet. Was macht die LSAP eigentlich noch aus? Warum wird sie immer noch gebraucht? Mit welchen Argumenten will sie die Bürger künftig noch von ihrer Existenzberechtigung überzeugen? Das wäre die Debatte, die jetzt zu führen wäre.

Stattdessen diskutiert sie lieber über Köpfe und pflegt so ganz sorgsam ihren Ruf, dass für sie die Regierungsbeteiligung über allem steht. Das allein könnten die Mitglieder und Sympathisanten an der Basis ja vielleicht noch irgendwie verkraften. Doch wenn ihre Anführer noch nicht einmal mehr den Anschein erwecken wollen, dass es ihnen um die Erreichung von bestimmten inhaltlichen Zielen geht, gehen den Unterstützern langsam, aber sicher die Argumente für ihre eigene Partei aus.