Ein Chefposten, zwei Chefs: Eliane Jeitz und Renée Groff zeigen, dass das Modell des Jobsharing machbar ist. Zumindest im Erziehungsbereich. Bei anderen Arbeitgebern in Luxemburg ist dagegen die Skepsis gegen die institutionalisierte Teilzeitarbeit noch groß.

Eliane Jeitz und Renée Groff teilen sich eine Direktorenstelle in einer Kindertagesstätte mit 14 Mitarbeitern. Groff arbeitet immer vormittags und an drei Tagen ganz, Eliane Jeitz an zwei Nachmittagen. Dazwischen findet ein Austausch statt. Eine weibliche Chefin ist in dieser Branche der Regelfall, Teilzeitstellen keine Ausnahmen. Warum sollte es sich also beim Chefposten anders verhalten?

Renée Groff hat vor zwölf Jahren beschlossen, die 40-Stunden-Woche aufzugeben, um wenigstens Dienstags und Donnerstags am Nachmittag für die Familie da zu sein. Sie hatte Glück, denn der Verwaltungsrat des Trägervereins war damit einverstanden, eine zweite Direktorin für die fehlenden acht Stunden einzustellen. Eine Person war relativ schnell gefunden, was bei einem solch geringen Arbeitspensum keine Selbstverständlichkeit war.

Die beiden Jobsharerinnen haben sich schon vor der Zusammenarbeit gekannt. Sympathie spielt nämlich in diesem kollaborativen Modell eine nicht zu unterschätzende Rolle. „Ich könnte mir nicht vorstellen, mit jemanden zu arbeiten, der hinter meinem Rücken über mich herfällt“, sagt Renée Groff.

Ohne Vertrauen wäre in ihren Augen eine solch enge Zusammenarbeit kaum denkbar. Schließlich muss man darauf bauen können, dass der Jobpartner die Arbeit genau so gewissenhaft erfüllt wie man selbst. Klar war von Anfang an, dass Eliane Jeitz zwar weniger Arbeitsstunden hat, aber dieselbe Verantwortung wie ihre Arbeitskollegin trägt. Verschiedene Aufgaben werden schlicht aufgeteilt, andere Dinge müssen gemeinsam entschieden werden.

Verschiedene Aufgaben, gemeinsame Verantwortung

Die große Herausforderung beim Jobsharing bleibt die Kommunikation. Eliane und Renée haben aus der Praxis heraus ihre eigenen Methoden entwickelt. Sie hinterlegen sich zum Beispiel Zettel auf dem Schreibtisch, rufen sich an und schreiben sich E-Mails. Das gemeinsame E-Mail-Konto ermöglicht das Zurückgreifen auf die gesamte Korrespondenz. So kann man nachlesen, was in der restlichen Zeit besprochen und entschieden wurde. Zeit für unmittelbare Gespräche muss es auch geben, mal bleibt die eine länger, mal kommt die andere früher, um so Raum für Austausch zu schaffen, ohne das Arbeitspensum zu sehr zu belasten. Anrufe während der Privatzeit sind unerwünscht, daher äußerst selten, sie gehören in die Rubrik „Notfälle“.

Neue Mitarbeiter rekrutieren die beiden Frauen gemeinsam. Im administrativen Bereich fällt die Aufteilung leichter. Notfälle erfordern hingegen schnelles Handeln und hier wurde im Voraus festgelegt: diejenige, die anwesend ist, muss die Entscheidung treffen, etwa wenn ein Kind sich verletzt. Getragen aber wird die Entscheidung stets von beiden. Im Nachhinein wird die Situation nochmals besprochen und gemeinsam evaluiert. Falscher Stolz und Schuldzuweisungen sind hier fehl am Platz.

Renée Groff könnte sich durchaus auch vorstellen, dass das Modell mit anders aufgeteilten Arbeitszeiten, etwa jeweils 20 Stunden, funktionieren könnte. Als Grundvoraussetzung sieht sie die unterstützende Haltung des Arbeitgebers. Ohne die Einwilligung des Trägers der Kindertagesstätte würde es ohnehin nicht gehen.

Generelle Skepsis und mangelnde juristische Klärung

Bei anderen größeren Unternehmen scheint das Konzept in Luxemburg kaum Anklang gefunden zu haben. So auch bei PWC, einem der vier großen Arbeitgeber in der Wirtschaftsberatung, der durchaus für neue Trends der Arbeitswelt offen ist. Mit Jobsharing habe man bisher allerdings keine Erfahrung gemacht, heißt es auf Nachfrage.

Woran liegt das? Ein juristischer Rahmen für Jobsharing ist im Arbeitsrecht nicht vorgesehen. Martine Mirkes, Juristin der Arbeitnehmerkammer sagt dazu: „Es bräuchte eine neue gesetzliche Basis.“ In einigen Ländern gebe es diese bereits. Rechtlich müssen vor allem Fragen der Verantwortung geklärt werden: Verlieren etwa beide den Job, wenn einer einen folgenreichen Fehler begeht? Momentan hat jeder seinen eigenen Arbeitsvertrag und die Teilung eines Postens in zwei ist im Arbeitsrecht eben nicht vorgesehen. Anderseits gibt es heute schon die Möglichkeit, in den Arbeitsvertrag eine Art gemeinsame Verantwortung einzutragen, somit müssen verschiedene Entscheidungen gemeinsam getroffen werden.

Ich bin keine Romantikerin im Bezug auf Teilzeitstellen, diese bedeuten nämlich anschließend auch Teilzeitrenten.Lydia Mutsch, Ministerin für Chancengleichheit

Bei der Arbeitnehmerkammer wurde noch keine offizielle Stellungnahme zum Thema ausgearbeitet. Auch bei der Handelskammer hat man sich noch nicht eingehend mit dem Thema beschäftigt: „In unseren Teams, die direkt mit den Unternehmen in Kontakt stehen, scheint das im Moment weiter noch kein Thema zu sein“, so die Antwort von Kommunikationsdirektor Patrick Ernzer.

Stattdessen geht in Luxemburg der Trend momentan klar in die Richtung, die Zahlen der Vollzeitanstellungen bei Frauen zu erhöhen. „Ich bin keine Romantikerin im Bezug auf Teilzeitstellen, diese bedeuten nämlich anschließend auch Teilzeitrenten“, so die Ministerin für Chancengleichheit Lydia Mutsch (LSAP). Dennoch kann sie durchaus einen Sinn darin erkennen, die bestehenden Lebensentwürfe in Frage zu stellen und offen für ein Umdenken zu sein.

Bis dahin herrscht bei Luxemburgs Arbeitgebern weiter eine konservative Grundhaltung gegenüber neuen Arbeitsformen vor. Aus dem „Quality of Work Index 2017“ geht zudem hervor, dass sich das Großherzogtum schwer tut, kollaborative Formen des Zusammenarbeitens umzusetzen. „Au contraire, les entreprises au Luxembourg et leur management semblent rester attachés au taylorisme, un mode d’organisation qui sépare la conception du travail de son exécution, puis parcellise sa réalisation“, so ein vielsagendes Fazit in dem Bericht.

 


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