Das Ausmaß des Jahrhunderthochwassers im Juli wird immer klarer. Die Regierung hat die verfügbaren Mittel für Beihilfen auf 100 Millionen Euro erhöht. Der Katastrophenschutz soll verbessert werden. Doch Konsequenzen für die Klimapolitik sieht die Regierung nicht.

Am Mittwoch zog der Ministerrat eine vorläufige Bilanz der Folgen aus dem Jahrhunderthochwasser Mitte Juli. Der Schaden ist bedeutend: 143 Bürger haben Anträge auf staatliche Hilfe eingereicht, die insgesamt eine Höhe von 49 Millionen erreichen. Die Regierung erhöht die verfügbaren Mittel nun auf 100 Millionen Euro, da die ursprünglich eingeplanten 50 Millionen sich als zu wenig herausstellten.

Ganze 66 Unternehmen beantragten Kurzarbeit, weil sie aufgrund des Hochwassers nicht arbeiten konnten. An öffentlichen Gebäuden entstand ein Schaden von rund zehn Millionen Euro, die Instandsetzung von Straßen und Fahrradwegen wird voraussichtlich 16 Millionen Euro kosten.

Das Ausmaß der Schäden zeige, dass es sich um eine Naturkatastrophe handele, wie Luxemburg sie noch nie erlebt habe, sagte Premierminister Xavier Bettel (DP) am Mittwoch bei einem Pressebriefing. Dass Haushalte aus 30 Gemeinden entsprechende Schäden zu beklagen hatten, zeigt laut dem Regierungschef die nationale Tragweite der Katastrophe.

Kommunikation verbessern

Das „Haut-Commissariat à la protection nationale“ legte dem Kabinett mittlerweile eine erste Bilanz vor, wie die Arbeit der Behörden beim Hochwasser verlaufen ist. Die Schlussfolgerungen sollen in den nächsten Wochen öffentlich werden, kündigte der Premier an.

Eine erste Maßnahme besteht darin, die Kommunikation zu verbessern. Es gehe darum, die breite Bevölkerung im Hinblick auf den Katastrophenschutz so schnell wie möglich zu warnen, so Xavier Bettel weiter. Die Arbeiten an einer Neugestaltung der „GouvAlert“-App, die im Herbst 2020 begannen, sollen weiterlaufen. Das Ziel: Künftig will man über mehrere Kanäle Warnungen an die Bürger ausgeben, ohne dass diese eine App auf ihrem Smartphone installieren müssen. Dazu zählen SMS-Dienste und das sogenannte „Cell Broadcast“, dass über die Sendemasten automatisch Nachrichten an Handys senden kann.

Eine Arbeitsgruppe soll diese Reform der Warnsysteme bis Mitte 2022 abschließen, antworteten Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) und Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) auf eine parlamentarische Anfrage von Sven Clement (Piraten).

Der Klimawandel als Ursache

Die Regierung arbeitet ebenfalls an einem neuen Hochwasserrisikomanagement-Plan. Dieser umfasst Maßnahmen in den Bereichen Vermeidung, Schutz, Prävention und Überwachung der Risiken. Die Regierung geht davon aus, dass Starkregenphänomene sich in Zukunft häufen werden.

Die Ursache dafür ist für Xavier Bettel klar: „Der Klimawandel ist eine Realität in Luxemburg.“ Der neueste Bericht des Weltklimarates IPCC kam ebenfalls zum Schluss, dass der Klimawandel extreme Wetterereignisse in Westeuropa deutlich wahrscheinlicher macht. Der Klimawandel habe das extreme Starkregenevent Mitte Juli verstärkt, lautet auch das Ergebnis einer Studie der Forschungsinitiative „World Weather Attribution“. Bei fortschreitender Erderwärmung würden solche außerordentliche Niederschläge deutlich häufiger werden, warnen die Forscher.

„Wir müssen handeln und mit allen Mitteln die Erderwärmung begrenzen“, sagte Premier Xavier Bettel. Auf Nachfrage von Reporter.lu betonte er jedoch, dass die Regierung nicht plane, die Luxemburger Klimaziele anzupassen oder weitere konkrete Klimaschutzmaßnahmen zu beschließen. Er hoffe, dass der bestehende Klima- und Energieplan ausreichen werde, um Luxemburgs Ausstoß an Treibhausgasen dauerhaft zu senken.