In der Alpenrepublik weht nicht zuletzt seit dem Wahlerfolg des rechtskonservativen Bündnisses ein neuer, rauerer Wind. Auch der Kampf der rechtspopulistischen FPÖ gegen eine unabhängige Presse wird nicht erst seit gestern geführt – doch mit dem Aufstieg der Partei geht er in eine neue Runde.
Die FPÖ, Österreichs rechtspopulistische Partei, hat seit Langem ein angespanntes Verhältnis zur Presse. Nach ihrem Eintritt in die Regierung als Teil einer rechtskonservativen Koalition mit der ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz hat sich dieser Konflikt nur noch verschärft. Führt die Partei einen Krieg gegen die Presse und den unabhängigen Journalismus?
Erst vor wenigen Wochen reichte der öffentlich-rechtliche Rundfunk ORF eine Klage gegen den stellvertretenden Regierungschef, FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache, ein. Nur wenige Tage zuvor hatte bereits der ORF-Nachrichtenmoderator Armin Wolf – eines der bekanntesten Gesichter im österreichischen Fernsehen – eine eigene Klage gegen Strache auf den Weg gebracht.
Verschleierung als « Satire »
Der Auslöser? Ein Facebookpost des Vizekanzlers Strache, in dem dieser ein Bild von Wolf mit den Worten gepostet hatte: « Es gibt einen Ort, wo Lügen und Fake-News zu Nachrichten werden. Das sind der ORF und das Facebook-Profil von Armin Wolf. » Der Post war im Stil einer ORF-Werbeanzeige gehalten. Doch damit nicht genug. Strache fuhr mit der Zeile fort: « Das Beste aus Fake News, Lügen und Propaganda, Pseudokultur und Zwangsgebühr. Regional und international. Im Fernsehen, im Radio und auf dem Facebook-Profil von Armin Wolf. » Es war ein dreister Angriff auf den Sender und eine seiner prominentesten Galionsfiguren. Der ORF reagierte prompt, verurteilte den Post auf das Schärfste und verlangte von Strache eine Entschuldigung.
« In der Verfälschung eines ORF-Werbe-Sujets » habe Vizekanzler Strache dem ORF unterstellt, « er verbreite in allen seinen Medien Fake News, Lügen und Propaganda », erklärte der ORF-Generaldirektor Alexnader Wrabetz in einer Stellungnahme. « Mit diesem Text wurde die journalistische Arbeit von 800 ORF-Journalistinnen und Journalisten im Fernsehen, Radio und Online diskreditiert » hieß von Wrabetz weiter. Strache, so der ORF-Chef, habe dem Ansehen des ORF gezielt schaden wollen. Die Klagen von Sender und Moderator verliehen der Stellungnahme dann noch den nötigen Nachdruck.
Während Strache – der den Post inzwischen entfernt, sich entschuldigt und mit Wolf auf einen außergerichtlichen Vergleich geeinigt hat – argumentiert hatte, dass sein Facebook Post als Satire gemeint, und auch als solcher gekennzeichnet gewesen sei (mit der Ein-Wort-Überschrift « Satire! »), verstand der Sende in dieser Angelegenheit keinen Spaß. Bisher ist der ORF entschlossen, seine Klage gegen den stellvertretenden Regierungschef des Landes aufrechtzuerhalten, obwohl es zuletzt hieß, dass sich beide Seiten in außergerichtlichen Verhandlungen befänden.
Krieg gegen die freie Presse
Karl-Heinz Straches Post passt in ein größeres Bild von wiederholten Angriffen auf den Sender ORF und die österreichische Presse, die von der FPÖ pauschal als linksgerichtet beschuldigt wird – eine Behauptung, die sich auch bei anderen rechtspopulistischen Parteien im übrigen Europa widerspiegelt und oft gar nicht versucht zu verschleiern, dass man nur Berichterstattung wünscht, die ins eigene Weltbild passt. Die FPÖ will ferner auch die Lizenzgebühr, die den ORF finanziert, abschaffen – ein Schritt, der höchstwahrscheinlich eine Schließung des Senders bedeuten würde.
Eine ähnliche Initiative gegen den Schweizer öffentlich-rechtlichen Rundfunk SRF ist vor Kurzem erst gescheitert, nachdem das Land mit überwältigender Mehrheit für die « Billag »-Gebühr gestimmt hatte. Wenig überraschend wurde auch die Schweizer Kampagne vom rechtspopulistischen FPÖ-Äquivalent des Landes, der SVP, stark unterstützt. In Deutschland macht derweil die AfD immer wieder mit Angriffen auf die Presse von sich reden. In Luxemburg ist das Phänomen auch nach der jüngeren Kooperation zwischen der ADR und der einwanderungskritischen Bewegung « Wee 2050 » aktuell nicht zu beobachten.
Straches bevorzugtes Medium für Angriffe auf die Presse sind seine Social-Media-Accounts. Die Facebook-Seite des FPÖ-Politikers ist, wie der österreichische Journalist Alexander Fanta bemerkt, einer der Grundpfeiler des Einflusses der Partei. So ermögliche sie es dem heutigen Regierungsmitglied, die traditionellen Medien zu umgehen und seine Fans und Befürworter direkt zu erreichen. Eine Reihe von « unabhängigen » Blogs und Websites wie Unzensuriert.at – oft von FPÖ-Mitarbeitern oder Unterstützern mitbetreut – liefern zusätzlich Munition in Form von ideologisch konformen Artikeln und Kommentarbeiträgen.
Und noch eine Parallele lässt sich ziehen. Ähnlich wie im Fall von US-Präsident Donald Trump hilft Social Media Strache und der FPÖ auch dabei, die eigene Agenda in Österreichs Mainstreammedien zu bringen – was zu durchaus ironischen Situationen führen kann, wenn ORF und Co. darüber berichten, dass Strache und seine Parteifreunde wieder einmal über sie wettern.
Wunderbare Bettgenossen
Doch nicht alle stehen mit Österreichs Rechtspopulisten auf Kriegsfuß. Wie die österreichische Journalistin Bettina Figl und ich in der Vergangenheit geschrieben haben, ist besonders Österreichs berüchtigte Boulevardpresse – allen voran die « Kronen Zeitung », « Heute » und « Österreich » – eine der stärksten und mächtigsten Akteure in der nationalen Medienlandschaft. Eben jene Zeitungen sind es auch, die über viele Jahre eine enge Bindung zur FPÖ entwickelt haben. Vor allem die « Kronen Zeitung », ein Boulevardblatt mit rechtsnationaler Haltung, hat hiervon profitiert – und Vizekanzler Strache und die FPÖ von ihr. Sobald Strache einen Artikel der Zeitung auf seinem Facebook-Profil teilt, geht bei der Krone der Traffic durch die Decke. Die FPÖ darf sich im Gegenzug über gnädige und zuweilen an Bewunderung grenzende Hofberichterstattung freuen.
Während also Österreichs unabhängige Medien und der öffentlich-rechtliche Rundfunk zunehmend von der rechten Seite unter Beschuss geraten, brauchen sich einige Medien keine Sorgen zu machen. Solange sie Artikel veröffentlichen, die den Positionen der FPÖ entsprechen und dazu beitragen, ihre populistische Agenda voranzutreiben, können sie sich der Güte der neuen Herrscher im österreichischen Parlament sicher sein.