Alle Zeichen stehen auf « Gambia II ». Die Grünen und die kleinen Parteien gehen gestärkt aus den Wahlen hervor. Die CSV ist endgültig in der Post-Juncker-Ära angekommen. Das ist in dieser Form überraschend, aber im Nachhinein zu erklären. Ein Kommentar.
Das Wichtigste gleich vorweg: Alles deutet darauf hin, dass die aktuelle Regierung weitergeführt wird. Mehrheit ist Mehrheit. Und sei es ein Sitz weniger als bisher. Es ist wie ein Déjà-vu von 2013. Die Spitzenleute von DP, LSAP und Déi Gréng sagen es zwar noch nicht unmissverständlich in die Kameras. Hinter den Kulissen ist man aber schon einen Schritt weiter. Man darf bei diesem Resultat davon ausgehen, dass die drei Parteien es noch einmal versuchen werden und der Premier für fünf weitere Jahre Xavier Bettel heißt.
Das Wahlresultat ist definitiv überraschend. Nicht grundlegend, aber von den Ausmaßen her. Dass die Grünen zu den Wahlgewinnern gehören könnten, war nicht unwahrscheinlich. Der Zugewinn von drei Sitzen dagegen schon. Ähnlich sieht es bei der Piratenpartei aus. Ein bis zwei Sitze waren angesichts des Resultats von 2013 und der neuen Offenheit des politischen Systems nicht undenkbar. Dass die Piraten allerdings in allen Bezirken wesentlich dazu gewinnen, am Ende landesweit fast 6,5 Prozent erreichen und damit Déi Lénk hinter sich lassen, hatten die wenigsten Beobachter auf der Rechnung.
Ein Debakel für die CSV
Nicht erwartet wurde aber vor allem die Wahlniederlage der CSV. Konstant lag die einstige Regierungspartei in den Umfragen bei mindestens 26 Sitzen. Der Trend des Wahlabends ging aber schon früh in eine andere Richtung. Claude Wiseler wollte es sich zwar am Abend noch nicht eingestehen, aber dieses Resultat ist für ihn persönlich und für die ganze Partei ein Debakel. Unter dem Strich stehen zwei Sitze und über fünf Prozent weniger als noch vor fünf Jahren. Schmerzhafter ist aber die deutliche Botschaft der Wähler, die in der CSV offensichtlich keine wirkliche Alternative zur Regierungspolitik der vergangenen Jahre erkannten.
Am Rande des Wahlabends der CSV kam es indes schon zu Absetzungsbewegungen vom Spitzenkandidaten und der ganzen Parteiführung. So schnell kann es gehen: Gestern hielt man sich noch gut mit ihm und verteilte schon insgeheim die Ministerposten. Heute ist der Hauptschuldige für die Niederlage schnell ausgemacht. Die Christsozialen sind in jedem Fall gut beraten, die 2013 verschleppte ehrliche Selbstkritik sowie die personelle wie inhaltliche Erneuerung voranzutreiben.
Führungsanspruch der DP
Nicht so überraschend, aber ähnlich deutlich ist die Wahlniederlage der LSAP. Etienne Schneider kann die kommenden Tage noch so oft behaupten wie gestern Abend bei « RTL », dass man im Vergleich zu den Umfragen einen « Achtungserfolg » erzielt habe. Doch es bleibt eine klare Niederlage. Auch für Schneider persönlich, der sein suboptimales Resultat im Zentrum noch einmal um einige Tausende Stimmen unterbot. Die Sozialisten werden sich wohl noch einmal in Regierungsverantwortung « retten », aber der Verlust von drei Sitzen wird an der Basis mit Sicherheit noch zu Diskussionen führen.
Dagegen konnte die DP den befürchteten elektoralen Schaden begrenzen. Das schaffte man letztlich mit den gleichen Methoden wie beim klaren Wahlsieg 2013. Xavier Bettel blinkte im Wahlkampf zwar zeitweise Richtung Schwarz-Blau, doch letztlich wird er bei diesem Resultat in Richtung Weiterführung der Dreierkoalition abbiegen. Mit gewissem Recht kann der aktuelle Premier jedenfalls den Anspruch erheben, seinen Posten zu behalten. Dieses Mal kann im Grunde auch kein Wähler mehr behaupten, dass er nicht vorgewarnt war.
Konsens der « Mitte » bleibt
Dass die kleineren Parteien zulegen konnten, kann man durchaus als Anpassung an andere Länder interpretieren, in denen das Parteiensystem längst viel fragmentierter ist. Noch hat sich die Differenzierung der politischen Landschaft aber nicht auf die Koalitionsoptionen und damit auf die Regierungsfähigkeit ausgewirkt. Auch wenn es künftig mehr und stärkere kleine Parteien im Parlament geben wird, bleibt der Konsens zwischen den Parteien überwältigend. Die Parteien der Luxemburger « Mitte » CSV, DP, LSAP und Déi Gréng versammeln nach wie vor 52 von 60 Sitzen im Parlament und fast 78 Prozent der Wählerstimmen hinter sich.
Im Nachhinein erscheinen die Verschiebungen zwischen den Parteien aber fast schon logisch. Die CSV hat sich im Wahlkampf nicht als Alternative aufgedrängt und ist nun endgültig in der Post-Juncker-Ära angekommen. Die DP bleibt nicht zuletzt dank dem Bekanntheitsgrad ihrer seit 2013 erstmals amtierenden Regierungsmitglieder stabil. Die LSAP kann den eigenen Negativtrend nicht stoppen und damit dem Schicksal der europäischen Sozialdemokratie nicht entkommen. Die Grünen ernten die Anerkennung für fünf Jahre unaufgeregter Regierungsarbeit und etablieren sich als viertstärkste Kraft im Land. Die ADR wurde ein weiteres Mal in den Umfragen und der medialen Berichterstattung überschätzt. Déi Lénk haben es versäumt, die soziale Frage in diesem Wahlkampf konsequent auf die Agenda zu bringen. Nur für den Wahlsieg der Piraten fällt eine stichhaltige Erklärung auf Anhieb schwer.