In Brüssel tobt ein Kampf um die Regulierung neuer Gentechnik. Ein Hindernis ist, dass bisher nicht nachweisbar war, ob das Pflanzenerbgut mit Methoden wie der Genschere « Crispr » gezielt verändert wurde. Forscher haben nun einen Test für eine manipulierte Rapssorte entwickelt.

US-Forscher haben weltweit den ersten Test für eine Nutzpflanze entwickelt, die mit neuer Gentechnik hergestellt wurde. Methoden wie die Gen-Schere Crispr galten bisher in Nutzpflanzen als nicht unterscheidbar von konventionellen Züchtungsverfahren. Das Nachweisverfahren sei ein wichtiges Argument in der Regulierung der neuen Gentechnik, erklärt die Greenpeace-Expertin Franziska Achterberg.

In Brüssel arbeitet die EU-Kommission an Regeln für die neuen Methoden zur Pflanzenzüchtung. Anders als bei der klassischen Gentechnik wird dabei kein artfremdes Erbgut eingeschleust, sondern die Pflanzengene werden gezielt verändert. Umstritten ist, ob die neue Gentechnik unter die strengen EU-Regeln für genetisch veränderte Organismen (GVO) fallen sollte oder nicht.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte im Juli 2018, dass Pflanzen, die mit diesen Methoden gezüchtet werden, die aufwendigen Zulassungsregeln erfüllen müssen. Die EU-Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Stella Kyriakides, will bis April 2021 einen Bericht zu den Regulierungsfragen vorlegen, berichtete « Euractiv ».

Test ermöglicht Transparenz

Die Luxemburger Regierung setzt sich für ein Verbot von Gentechnik ein, auch der neuen Methoden wie Crispr. Das hielt das blau-rot-grüne Koalitionsabkommen 2018 fest. Doch die Regierung ging bisher davon aus, dass der Nachweis von neuer Gentechnik sehr aufwendig sei. Entsprechend könnten die Behörden eine Einfuhr solcher Pflanzen auch nicht kontrollieren, hieß es 2019 in der Antwort auf eine parlamentarische Frage.

Die Studie der US-Forscher wurde von Greenpeace und „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnungsverbänden finanziert. Der neue Test « widerlegt klar die Behauptungen der Gentechnik-Industrie und mancher europäischer Behörden, dass mithilfe der neuen Gentechnik herbeigeführte gentechnische Veränderungen bei Pflanzen nicht nachweisbar sind und aus diesem Grund nicht reguliert werden können », betonen die NGOs.

Es gilt, das Vorsorgeprinzip zu schützen. »Franziska Achterberg, Greenpeace

Die Nachweismethode für die Rapssorte « SU Canola » der US-Firma Cibus könne an andere genveränderte Pflanzen angepasst werden, schreiben die Autoren der Studie in der Fachzeitschrift « Foods ». Der Test basiert auf der PCR-Methode, die bereits in staatlichen und privaten Labors zum Nachweis von genveränderten Pflanzen zum Einsatz kommt, betonen die Wissenschaftler. Das österreichische Umweltbundesamt hat den neuen Test validiert.

Europäische Behörden könnten nun mit solchen Tests kontrollieren, ob genveränderter Raps aus den USA oder Kanada importiert wird. Aktuell sind die genveränderten Rapssorten zwar nicht in der EU zugelassen. Der veränderte Raps könnte dennoch in die EU gelangen, warnte der Hersteller Cibus 2015.

Auch private Organisationen, die Label für Gentechnik-freie Lebensmittel vergeben, bekommen mit dem Test neue Möglichkeiten. »Dieses neue Nachweisverfahren ist ein wichtiger Schritt zur Sicherung der Transparenz in der Lebensmittelproduktion“, betonte die Handelskette SPAR Österreich, die die Studie mitfinanzierte.

Heiße Debatte über neue Gentechnik

« Es gilt, das Vorsorgeprinzip zu schützen », erklärt die Greenpeace-Expertin Franziska Achterberg im Gespräch mit REPORTER. Sie befürchtet, dass die EU-Kommission dieses wichtige Prinzip aushöhlen könnte, wenn sie die neue Gentechnik von den strengen GVO-Regeln ausnimmt. Die Risiken dieser Methoden seien sehr wenig erforscht, so Franziska Achterberg.

Zahlreiche Naturwissenschaftler sehen das anders. 117 europäische Forschungseinrichtungen forderten vor einem Jahr in einem offenen Brief, die EU-Kommission müsse die Nutzung « neuer Methoden für die züchterische Verbesserung von Kulturpflanzen » vereinfachen. Die Forscher kritisierten das EuGH-Urteil scharf: Es gebe « keine wissenschaftlichen Gründe », Genscheren wie Crispr anders zu regulieren als konventionelle Methoden. « Pflanzen, die einfache, gezielt mit Genscheren erzeugte Veränderungen enthalten und in die keine fremden Gene eingefügt wurden, sind von Pflanzen konventioneller Züchtung nicht zu unterscheiden und genauso sicher », so die Wissenschaftler.

Die Chancen und Risiken werden heftig debattiert. Die neue Gentechnik soll es erlauben, die Züchtung von Pflanzen zu beschleunigen, die etwa resistenter gegen Trockenheit sind. Doch bisher sind in Nordamerika nur zwei Nutzpflanzen auf dem Markt, die mit « genome editing » entwickelt wurden. Es handelt sich dabei um den herbizidtoleranten Raps von Cibus und eine Sojabohne mit veränderten Fettsäuren.