Die CSV hat das Audit zum „Film Fund“ entdeckt und stellt dem zuständigen Staats- und Medienminister einige Fragen. Xavier Bettel verteidigt die staatliche Förderung der Filmbranche. Seine Antworten halten aber zum Teil einer Konfrontation mit der Wirklichkeit nicht stand.
Ganze zwölf Fragen stellte Felix Eischen dem Staats- und Medienminister Xavier Bettel (DP) vor rund einem Monat. Der CSV-Abgeordnete wollte mehr zum Audit beim „Film Fund“ wissen. Konkret stellt Eischen eine Reihe von Unregelmäßigkeiten in den Raum – vom Umgang des „Fonds National de Soutien à la Production Audiovisuelle“ mit staatlichen Geldern bis hin zu möglichen Interessenkonflikten beteiligter Personen.
In der Tat hatte das Audit eine Reihe von Missständen beim „Film Fund“ belegt – REPORTER berichtete über die Untersuchung im Auftrag der Regierung bereits im vergangenen März. Zu den Befunden des Audit gehört die hohe Abhängigkeit der Filmbranche vom Staat, eine mangelnde Professionalität und Sorgfaltspflicht mancher Filmproduzenten sowie die Machtfülle des langjährigen „Film Fund“-Direktors Guy Daleiden.
In seiner Antwort auf die parlamentarische Anfrage nimmt Xavier Bettel sowohl den „Film Fund“ als auch die gesamte Filmbranche gegen jegliche Vorwürfe in Schutz. Diese Verteidigungshaltung geht allerdings so weit, dass der Staats- und Medienminister Dinge bestreitet, die nachweislich richtig sind.
Xavier Bettel leugnet belegbare Fakten
Allen voran die Frage der Interessenkonflikte. In der parlamentarischen Anfrage behauptet Eischen, dass es einen entsprechenden Verdacht gebe und dieser auch im Audit angesprochen werde. Bettels Antwort lautet jedoch: „Solche Andeutungen sind dem Minister nicht bekannt und werden auch nicht im Audit erwähnt.“
Das ist nachweislich falsch. Auf Seite 33 des „Film Fund Audit Report“ der Beratungsfirma „Value Associates“ wird explizit auf den Fall eines möglichen Interessenkonflikts verwiesen. Im Jahr 2016 habe ein Filmproduzent als Dienstleister eine Vergütung vom „Film Fund“ in Höhe von 70.200 Euro erhalten. Einen Vertrag gab es dazu nicht, wie ein externer Buchprüfer bemerkte. Gleichzeitig habe der Produzent aber auch über seine Produktionsfirma Finanzhilfen des Fonds erhalten.
Le réviseur (…) fait remarquer qu’il existe un risque de conflit d’intérêt et de fraude sur les actifs du Fonds.“Audit zum „Film Fund“
Laut dem Buchprüfer bestehe in diesem Fall „ein Risiko des Interessenkonflikts und des Betrugs“ („un risque de conflit d’intérêt et de fraude sur les actifs du Fonds“). Bei der betreffenden Person handelt es sich um den bekannten Produzenten Paul Thiltges (u.a. „Paul Thiltges Distributions“) – der Name wird auch im Audit erwähnt. Bis heute bezeichnet sich Paul Thiltges auf seiner Homepage übrigens als „Senior Advisor“ des „Film Fund Luxembourg“, „since 2012“.
Befunde des Audit landen bei der Justiz
Allerdings seien die Befunde des externen Buchprüfers aus dem Jahre 2016 „nicht schockierend“, schreiben die Autoren des Audit. Zum einen sei der Sachverhalt wohl behoben worden, denn im Bericht des Jahres 2017 tauche die Frage des Interessenkonflikts nicht mehr auf. Zudem scheine „ein komplett unabhängiger Akteur in Luxemburg schwer zu finden“, so das Audit. Allerdings steht dort auch: „Un conflit d’intérêt pourrait subsister.“
Die Antwort, wonach Xavier Bettel keine Interessenkonflikte bekannt seien, kann also so nicht stimmen. Es sei denn, der Medienminister hat das Audit, auf das er sich in seiner Antwort mehrmals bezieht, nicht gelesen. Die besagte Leugnung kann auch kein Missverständnis sein. Denn Bettel wiederholt bei zwei weiteren Antworten, dass ihm keine Interessenkonflikte bekannt seien. Felix Eischen hat das Audit wegen der Passage über den möglichen Interessenkonflikt und Betrug übrigens an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, wie der CSV-Abgeordnete auf Nachfrage bestätigt.
Hohe Gewinne, aber keine Rückzahlungen
Ein weiteres Beispiel, wo Xavier Bettel in seiner Antwort zumindest nicht die ganze Wahrheit preisgibt, betrifft die Frage der Rückzahlungen der staatlichen Hilfen. Laut Gesetz sind die Produktionsfirmen, die Hilfen vom „Film Fund“ erhalten, verpflichtet, diese zurückzuzahlen. In der Praxis geschieht dies jedoch nur, wenn ein Film auch tatsächlich einen Gewinn einfährt – was bei luxemburgischen Produktionen selten der Fall ist. Und selbst dann sollen die Rückzahlungen in künftige Projekte der betreffenden Firma reinvestiert werden.
„Dem Filmfonds ist keine Gesellschaft bekannt, die Geld bei einem Film eingespielt hätte, und die sie nicht nach den Regeln zurückbezahlt hätte“, so die Antwort des Staats- und Medienministers. Auch das ist zumindest nur die halbe Wahrheit. Denn laut Recherchen von REPORTER machen viele Produktionsfirmen auf Basis der staatlichen Hilfen ein lukratives Geschäft. Manche weisen in ihren Bilanzen jährlich Gewinne in sechs- bis siebenstelliger Höhe aus.
Ich weiß nicht, wer die Antwort auf meine parlamentarische Anfrage geschrieben hat. Ich kann es mir aber denken.“Felix Eischen, CSV-Abgeordneter
Diese Gewinne werden auch nicht immer in neue Filme reinvestiert, wie es die Regeln des Fonds vorsehen. Das Unternehmen „Bidibul Productions“ etwa hatte in den Jahren zwischen 2009 und 2017 seinen Teilhabern konstant hohe Dividenden (insgesamt rund 1,8 Millionen Euro) ausbezahlt. Gleichzeitig erhielt der „Film Fund“ aber nur einen Bruchteil der ausbezahlten Hilfen zurück. Im Jahre 2016 waren es laut dem Audit weniger als 0,1 Prozent der mehr als 37 Millionen Euro an jährlichen Hilfen aus der Staatskasse. 2017 gab es schlicht überhaupt keine Rückzahlungen.
Dass es nicht zu den gesetzlich eigentlich vorgeschriebenen Rückzahlungen kommt, obwohl manche Firmen jährlich Millionen Euro an Staatshilfen erhalten, scheint mittlerweile normal zu sein. Der Fonds lässt die ausgezahlten Hilfen jedenfalls nicht als Forderung in der Bilanz, sondern schreibt die Summen allmählich ab.
„Dem Premier keinen Gefallen getan“
Felix Eischen äußert sich im Gespräch mit REPORTER angesichts der Antworten des Staatsministers auf seine Fragen überrascht. „Ich weiß nicht, wer die Antwort auf meine parlamentarische Anfrage geschrieben hat. Ich kann es mir aber denken“, so Eischen in Anspielung auf den Direktor des „Film Fund“, Bettels Parteifreund Guy Daleiden. In der Tat seien weite Passagen der Antwort aus der Perspektive des Fonds und nicht des Ministers geschrieben, so Eischen. „Egal, wer die gewagten, nonchalanten Antworten geschrieben hat, er hat dem Premier damit keinen Gefallen getan.“
Der CSV-Politiker betont zudem, dass es ihm nicht darum gehe, Luxemburgs Filmbranche schlecht zu reden. „Im Gegenteil“, sagt er. Doch besonders bei einem Sektor, der auf staatliche Hilfen angewiesen ist, muss „alles mit rechten Dingen zugehen“, so Eischen. Die Antworten des Staatsministers seien nicht nur Ausdruck eines mangelnden Respekts gegenüber dem Parlament. Sie würden auch zeigen, dass die Ungereimtheiten beim „Film Fund“ wohl längst nicht alle aus der Welt geschaffen worden seien.
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