Die nationale Kontrollkommission hat ihren sechsten Bericht zur Euthanasie veröffentlicht. Er beinhaltet neben statistischen Daten zu den Jahren 2019 und 2020 eine Evaluation des Gesetzes von 2009 sowie Empfehlungen der Kommission. Größtes Manko bleibt die Aufklärungsarbeit.
Die Kontrollkommission registrierte in den Jahren 2019 und 2020 insgesamt 39 Sterbehilfen und zwei assistierte Suizide. Das Alter der Patienten reichte von 38 bis 96 Jahren. Sieben Sterbehilfen fanden in einem Pflegeheim statt, 16 in der Wohnung des Patienten, 15 in Krankenhauseinrichtungen und drei an einem privaten Ort. Bei der großen Mehrheit (31 Fälle) handelte es sich um schwerkranke Krebspatienten.
Die Kommission unterstreicht in ihrem Bericht, dass alle Erkrankungen, die in den letzten zwei Jahren Anlass zur Euthanasie gaben, unheilbar und schwerwiegend waren. Somit entsprachen die Fälle der Sterbehilfe den Vorgaben, die durch das Gesetz vom 16. März 2009 festgelegt sind. Keiner der Fälle musste wegen eines Verdachts von Missbrauch an das „Collège Medical“ oder gar an die Justiz weitergegeben werden.
In ihrem Bericht geht die Kontrollkommission auf eine von ihr in Auftrag gegebene Umfrage ein. TNS-ILRES hatte im November 2019 insgesamt 27 Fragen zum Lebensende an etwas mehr als 1.000 Personen gestellt. Aus der Umfrage geht hervor, dass in der Gesellschaft eine breite Akzeptanz für Euthanasie und assistierten Suizid herrscht und diese mit den Jahren immer weiter zugenommen hat. Lag sie im Jahr 2009, dem Jahr der Verabschiedung des Gesetzes, noch bei 79 Prozent, liegt sie mittlerweile bereits bei 85 Prozent.
Unklarheit über verschiedene Möglichkeiten
Aus der Umfrage geht jedoch ebenfalls hervor, dass weiterhin große Unklarheit besteht: Nur vier von zehn Personen war bekannt, dass Euthanasie in Luxemburg per Gesetz erlaubt ist. Und nur 34 Prozent der Befragten fühlen sich ausreichend informiert. Besonders bei den unterschiedlichen Möglichkeiten herrscht bei vielen der Befragten weiterhin Verwirrung.
Eine Patientenverfügung, die Bedingungen und Begrenzungen einer Behandlung am Lebensende festlegt, jedoch die Sterbehilfe nicht einschließt, werde häufig mit den „Bestimmungen zum Lebensende“ verwechselt. Bei Letzteren handelt es sich um eine vorzeitige Anfrage auf aktive Sterbehilfe, die von der Kommission geprüft und hinterlegt wird.
Die Kommission sieht demnach in der Kommunikation und der Aufklärungsarbeit den größten Handlungsbedarf. Aus diesem Grund möchte das Gremium einen „Plan für das Lebensende“ ausarbeiten. Sie fordert den Abbau von Ungleichheiten beim Zugang zu den Möglichkeiten, die Verstärkung spezifischer Schulungen für Fachkräfte, die bessere Vernetzung der unterschiedlichen Dienste sowie mehr Transparenz.
Zugang zur Sterbehilfe
Es gebe noch zu viele Tabus rund um das Thema der Sterbehilfe. Die Frage von Organspenden nach einem Tod durch Sterbehilfe sei nicht hinreichend geklärt. Außerdem wünscht sich die Kommission offene Diskussionen über Sterbehilfe für Patienten unter 18 Jahren und spricht sich für eine Regelung nach belgischem Modell aus, wonach es Menschen ab 16 Jahren frei steht, eine Anfrage auf Euthanasie zu stellen.
Auch der Umgang mit Menschen mit schweren und unheilbaren psychischen Erkrankungen, die eine Anfrage für aktive Sterbehilfe stellten, werde nicht hinreichend diskutiert. Trotz Anfragen sei bis heute noch keine aktive Sterbehilfe bei psychiatrischen Patienten durchgeführt worden.
Bis heute sei der Zugang zu einem Arzt, der aktive Sterbehilfe leistet, nicht für jeden gleichermaßen gegeben, heißt es in dem Bericht. Dass im Falle einer Anfrage nach Sterbehilfe ein Arzt zur Verfügung stehen müsse, sei sehr wichtig.
Da das Gesetz sich jedoch auf die Gewissensfreiheit des Arztes berufe, wonach es jedem Mediziner freisteht, ob er der Anfrage Folge leistet oder nicht, sei dies nicht immer gegeben. Die Kommission bedauert, dass die Verantwortung für die Suche nach einem Arzt weiterhin zu sehr auf den Schultern der Patienten beziehungsweise ihrer Familienangehörigen liege.
Forderung nach Kostenerstattung
Deshalb fordert die Kommission die konsequente Einrichtung einer medizinisch-ethischen Beratungsstelle in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Das Recht der freien Wahl werde sonst nicht hinreichend geachtet. Der Zugang zu den Möglichkeiten und den behandelnden Ärzten müsse vereinfacht werden.
Die Kommission bedauert zudem, dass die CNS in mehr als zehn Jahren und trotz verschiedener Anfragen noch nicht für die Kosten von Sterbehilfe und Sterbebegleitung aufkomme.