Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer freitags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: ein Wirtschaftsminister in anderen Sphären und die Nationalhymne als Wahlkampfinstrument.
Die Woche begann mit einem Punktsieg für Etienne Schneider. Im RTL-„Face-à-Face“ musste sich CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler gegen einen schlagfertigen Etienne Schneider wehren. Todernst warf Wiseler der aktuellen Regierung vor, ihre „Hausaufgaben“ nicht gemacht zu haben. „Här Wiseler, do sidd Dir awer zevill Prof mat Ären Hausaufgaben“, sprach Etienne, hatte die Lacher auf seiner Seite und war aus dem Schneider. Überhaupt beherrscht der Wirtschaftsminister die seltene Kunst, so zu tun, als sei die LSAP immer in der Opposition gewesen. Er warf Wiseler Versäumnisse bei der Landesplanung und der Transportpolitik vor. Dabei ist die LSAP inzwischen doch eigentlich genauso eine „ewige Regierungspartei“ wie die CSV.
Schneider hat übrigens die perfekte Formel, um die Wachstumskritiker bloßzustellen: Es braucht Wachstum, denn dann erfüllt die LSAP ihr Versprechen und alle bekommen eine Woche mehr Urlaub. Obwohl – die Luxemburger stehen eine Woche pro Jahr im Stau. Das gleicht sich dann irgendwie aus.
Der wolkige Schneider und der bodenständige Bettel
Doch als Wirtschafts- und Weltraumminister ist es etwas schwierig, sich auf solche Details zu konzentrieren. Schneiders Strategie steht jedenfalls. Am Mittwoch stellte er die „Luxemburger NASA“ – aka „Luxembourg Space Agency“ – vor. Die Titelseiten von „Tageblatt“ und „Quotidien“ waren ihm sicher, im „Luxemburger Wort“ war Schneider dagegen nicht einmal auf einem Foto zu sehen. In Gasperich mag man den umtriebigen LSAP-Politiker wohl nicht so. Oder lag es daran, dass Schneider nichts anderes machte, als einer der Abteilungen in seinem Ministerium einen schicken Titel zu verpassen, wie das „Wort“ klarstellte.
Gibt es dann tatsächlich etwas anzukündigen, lädt Schneider halt zu einer weiteren Pressekonferenz ein. Dabei ist Schneiders Programm bereits gut gefüllt, die Titelseiten quasi gebucht: Google will sein geplantes Datenzentrum in Bissen noch in diesem Monat vorstellen. In zwei Wochen will Schneider zwei weitere Firmen vorstellen, die im Rahmen des „Space Mining“ nach Luxemburg kommen.
Der spacige Wirtschaftsminister hängt alle Kollegen ab, die sich darauf beschränken, Forstverwaltungsgebäude einzuweihen (Bausch und Dieschbourg) oder von einem Feuerwehrzentrum zum nächsten zu tingeln (Kersch). Obwohl nicht klar ist, was mehr Wählerstimmen bringt: Hände schütteln neben blitzblanken Krankenwagen oder auf Englisch über Luxemburgs Platz im Weltraum philosophieren.
Nur Premierminister Xavier Bettel ist seriös: Wenige Stunden nachdem Schneider seine Weltraumagentur präsentierte, stellte Bettel die 5-G-Strategie der Regierung vor. Das Thema ist unsexy – anders als das Treffen mit Macron letzte Woche – aber es bringt der Luxemburger Wirtschaft voraussichtlich mehr als Schneiders Space Cowboys.
Der stumme Premier
Singen, summen oder brummen Sie auch manchmal die Nationalhymne spontan vor sich hin? Vielleicht auf dem Weg zur Arbeit, zu Hause beim Stricken oder wenn Sie sich gerade Ihre Krawatte binden? Nein? Dann sind Sie definitiv kein DP-Anhänger.
Passend zu ihrem Kampagnenmotto „Zukunft op Letzebuergesch“ hauen die Liberalen in ihrem Wahlspot wieder mit der Luxemburg-Keule um sich. Im Video zu sehen: Glückliche Menschen. Im Video zu hören: Die „Heemecht“. Am Ende des Clips tritt Premierminister Xavier Bettel ins Bild. Er blickt in die Ferne, ähnlich stolz wie ein Fußballnationalspieler, der die Nationalhymne zwar gerne mitsingen würde, den Text aber nicht weiß. Die Musik spielt weiter.
Mehr Pathos und Nationalismus passen wohl kaum in ein 25-Sekunden-Video. Und obwohl die Liberalen sich so viel Mühe geben, um ihr Luxemburg-Motto konsequent durchzuziehen, ließ Kritik nicht lange auf sich warten: Das Video könnte genauso gut von der ADR kommen – oder von einer anderen Partei am rechten Rand, heißt es in sozialen Medien.
Die DP ließ diese Kritik unkommentiert. Ein Interview von Alexander Krieps (DP-Abgeordneter und Rugby-Fan) bei Radio 100,7 hat allerdings auch nicht gerade zur Besserung des „rechten“ Images der Liberalen beigetragen. Ganz im Gegenteil. Beim Thema Flüchtlinge hat Krieps eine klare Meinung. Wer nach Luxemburg kommt, wird hierzulande unterstützt, soll sich dann aber auch nützlich machen – und am besten entlang der Flüsse und Wälder alles sauber halten. Einen anderen Job würden Flüchtlinge wohl sowieso nicht finden, schließlich fehlt ihnen dafür die nötige Qualifikation. „Da sind sicher ein paar Qualifizierte dabei, die meisten dieser Menschen sind aber nicht qualifiziert“, pauschalisiert Krieps. Ach ja, Luxemburgisch sollen sie natürlich auch möglichst schnell lernen.
Fehlt nur noch die Nationalhymne …