Die Großregion um Luxemburg ist in der neuen deutschen Regierung gut vertreten: Gleich vier Minister der neuen Großen Koalition stammen aus dem Saarland oder aus Rheinland-Pfalz. Das sorgt auch in Luxemburg bis zu einem gewissen Grad für Hoffnung auf engere Beziehungen zum großen Nachbarn. 

Heiko Maas wirkt manchmal, als würde er die politischen Umgangsformen seiner Heimatregion vermissen. „Im Saarland funktioniert Politik über Konsens“, sagte er dem „Spiegel“ als er noch Justizminister war. In Berlin stehe dagegen oft der Konflikt im Mittelpunkt. Maas wurde in Saarlouis geboren, knapp eine halbe Stunde mit dem Auto von der luxemburgischen Grenze entfernt. Er ist kein Konfliktmensch. Öffentlichen Auseinandersetzungen mit Partei- und Regierungskollegen ging der 51-Jährige Saarländer größtenteils aus dem Weg, seit er 2013 aus Saarbrücken ins Bundesjustizministerium nach Berlin wechselte.

Heute ist Heiko Maas Außenminister der Bundesrepublik. Seine konsensorientierte Art dürfte ihm in diesem Job nicht unbedingt schaden. Sein Politikstil erinnert indes sehr an die politischen Gepflogenheiten im kleinen Nachbarland Luxemburg, wo öffentlicher Streit tendenziell auch eher vermieden wird. Doch während es Luxemburger Politikern nur selten gelingt, sich auch außerhalb des kleinen Landesgebiets politisch zu profilieren, bietet die bundespolitische Bühne in Berlin Politikern aus den Nachbarregionen Saarland und Rheinland-Pfalz regelmäßig Aufstiegschancen.

Diese Leute kennen unsere Situation wirklich, und nicht nur vom Hören-Sagen.Marc Spautz, Parteivorsitzender der CSV

Im Moment zeigt sich das besonders deutlich: In der neuen deutschen Bundesregierung sind mit Außenminister Heiko Maas (SPD, Saarland), Justizministerin Katarina Barley (SPD, Rheinland-Pfalz), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU, Saarland), und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU, Rheinland-Pfalz) gleich vier Minister aus der Großregion vertreten. Hinzu kommt, dass die frühere saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer vor Kurzem zur CDU-Generalsekretärin ernannt wurde. In Berlin wird sie sogar immer wieder als mögliche Nachfolgerin von Kanzlerin Angela Merkel genannt.

Möglicher Vorteil für Luxemburg

Bei der Luxemburger Schwesterpartei CSV hört man solche Spekulationen gerne. Die Ernennung von Kramp-Karrenbauer zur Generalsekretärin der CDU sei eine „Aufwertung“ für die ganze Region, meint CSV-Präsident Marc Spautz im Gespräch mit REPORTER: „Es ist sicherlich ein Vorteil für Luxemburg, dass mittlerweile so viele Politiker aus unserer Region in Berlin an den Hebeln der Macht sitzen. Diese Leute kennen unsere Situation wirklich, und nicht nur vom Hören-Sagen.“

Den Personen-Faktor darf man in der Politik nicht unterschätzen.Alex Bodry, Fraktionsvorsitzender der LSAP

Luxemburger Parteien pflegen traditionell enge Kontakte zu ihren deutschen Schwesterparteien. Das gilt vor allem für Christ- und Sozialdemokraten. Marc Spautz hebt hervor, er habe Annegret Kramp-Karrenbauer, Peter Altmaier und Julia Klöckner in den vergangenen Jahren öfters persönlich getroffen. Alle drei seien auch schon als Gast auf CSV-Kongressen gewesen. Auch der Spitzenkandidat der CSV, Claude Wiseler, tauscht sich regelmäßig mit deutschen Vertretern der Schwesterpartei CDU aus.

Der Faktor der persönlichen Beziehungen

Ähnliche Kontakte zum deutschen Pendant gibt es auch bei der LSAP. Fraktionschef Alex Bodry sagt etwa, dass ihn ein „langjähriges kollegiales Verhältnis“ mit Heiko Maas verbinde. „Wir kennen uns seit Ende der 1990er Jahre, damals waren wir beide Umweltminister – Er im Saarland, und ich in Luxemburg“, so Bodry. Der Kontakt sei seither nie abgebrochen, heute unterstütze man sich gegenseitig im Wahlkampf.

Selfie mit dem neuen deutschen Außenminister: Heiko Maas (l.) mit LSAP-Fraktionschef Alex Bodry im Bundestagswahlkampf 2017.

Alex Bodry ist der Meinung, dass sich der regelmäßige Austausch mit Politiker-Kollegen aus Deutschland letztlich durch eine besonders „gute Zusammenarbeit“ bezahlt mache. Vor allem in jenen Politikbreichen, die die Staaten der Großregion unmittelbar betreffen. „Den Personen-Faktor darf man in der Politik nicht unterschätzen“, so der LSAP-Fraktionschef. Gute persönliche Beziehungen zu ausländischen Politikern seien fast immer von Vorteil, wenn es darum ginge, gemeinsame Lösungen im Interesse Luxemburgs zu finden.

Sowohl Alex Bodry als auch Marc Spautz tun sich aber schwer, wenn man Sie nach Bereichen fragt, in denen Luxemburg heute von einem guten Draht zu deutschen Politikern profitieren könne. Beide verweisen allgemein auf „europäische Angelegenheiten“, ohne konkrete Beispiele zu nennen.

Alex Bodry nennt dafür eine Erfahrung, die er in den frühen 1990er Jahren als Umweltminister machte: Der damalige deutsche Minister Klaus Töpfer (CDU) habe ihn unterstützt, als es darum ging Sonderbedingungen für Luxemburg bei der Müllbeseitigung auszuhandeln. Im frühen Stadium seiner politischen Karriere war Töpfer in den Bundesländern Saarland und Rheinland-Pfalz aktiv und pflegte so auch persönliche Beziehungen zu luxemburgischen Politikern.

Austausch und gemeinsame Interessen

Etwas konkreter wird dagegen Katarina Barley (SPD). Auf Nachfrage von REPORTER sagt die neue Bundesjustizministerin, dass sie in ihrer politischen Karriere „vielfältige Begegnungen mit luxemburgischen Kolleginnen und Kollegen“ hatte. So stand sie etwa als Trierer Bundestagsabgeordnete im regelmäßigen Austausch mit Abgeordneten des Luxemburger Parlaments. Ebenso erinnert sich Barley an gemeinsame Wahlkampfveranstaltungen mit Nicolas Schmit, Alex Bodry, Marc Angel und anderen LSAP-Politikern.

Selbst habe sie bereits parteiübergreifende Treffen von Abgeordneten aus der deutsch-luxemburgischen Grenzregion initiiert, so Barley weiter. Dabei habe man zum Beispiel bei der Fernverkehr- bzw. IC-Anbindung der Grenzregion oder bei der geforderten Abschaltung des französischen Kernkraftwerks Cattenom gemeinsame Interessen formuliert. „Ich bin eine überzeugte Europäerin. In unserer Region leben wir den europäischen Gedanken tagtäglich“, so die SPD-Politikerin. Deshalb sei ihr der Austausch mit Luxemburg sehr wichtig. Und: „Das wird auch in Zukunft so bleiben.“

Asselborn: „Es kann nicht schaden…“

Persönliche Beziehungen beruhen jedoch nicht ausschließlich auf geographischen Faktoren. Jean Asselborn kommentiert die Personalie Heiko Maas daher eher nüchtern: „Es kann nicht schaden, Luxemburg aus der Nähe zu kennen“, so der Luxemburger Außenminister.

Die Herkunft allein sage aber nichts über die künftigen Beziehungen aus: „Heiko Maas ist vom Charakter her eher zurückhaltend und auf Ausgleich bedacht. Das gilt auch für das Verhältnis zu Luxemburg.“