Alle drei Koalitionsparteien sprechen sich in ihren Programmen für eine kostenlose Nutzung des öffentlichen Transports aus. Allerdings gab es von den Grünen im Wahlkampf auch klare kritische Worte zu der populären Maßnahme. 

„Ich möchte, dass die Leute öffentliche Verkehrsmittel benutzen, die eine gute Qualität haben, und die bekommen wir nicht durch einen öffentlichen Transport, der gratis ist.“ Die Position von François Bausch (Déi Gréng) im Wahlkampf war glasklar. Die Forderungen anderer Parteien nach einem „kostenlosen“ öffentlichen Transport seien nicht zielführend, ja sogar „kontraproduktiv“, so der Minister für Nachhaltige Entwicklung in einer Debatte bei „RTL Radio“ Anfang Oktober.

Das Hauptargument des zuständigen Ministers: „Gratis“ werden die öffentlichen Verkehrsmittel ohnehin nie sein. Auch wenn deren Benutzung nichts mehr kosten sollte, müsse der Staat freilich weiter die Infrastruktur und den Betrieb von Zügen, Tram und Bussen finanzieren. Es helfe zudem niemandem, dass der Transport für ihn oder sie persönlich gratis sei, wenn nicht gewährleistet ist, dass jeder damit bequem und in angemessenen Zeiten von A nach B kommt.

Bausch plädierte demnach eher dafür, weiter in den Ausbau und die Qualität der öffentlichen Verkehrsmittel zu investieren. Und doch sprach sich auch seine Partei in ihrem Wahlprogramm für einen „kostenfreien öffentlichen Transport“ aus, der zumindest „mittelfristig“ anvisiert werden solle. Vertreter der Partei begründeten diese Position im Wahlkampf damit, dass man sich im Programm eben zunächst für den massiven Weiterausbau der Verkehrsinfrastrukturen für Zug, Bus und Tram ausspreche. Erst wenn diese Politik Früchte trage, könne man „mittelfristig“ über ein kostenloses Angebot für die Nutzer nachdenken.

Eine übergroße politische Koalition

Und doch hielten die Grünen im Wahlprogramm das fest, was sie im Wahlkampf mit vielen Argumenten kritisierten. Für den „Gratis“-Transport waren im Wahlkampf übrigens so gut wie alle Parteien: von DP, LSAP und Déi Gréng über Piratenpartei, Déi Lénk und KPL bis hin zu ADR und Déi Konservativ. Nur die CSV hatte diesen Punkt in ihrem Programm nicht erwähnt.

Im Punkt der Gegenfinanzierung blieben alle Parteien bisher aber ziemlich vage. „Gleichzeitig wollen wir die Kilometerpauschale überarbeiten, damit diese den landesplanerischen Gesichtspunkten stärker Rechnung trägt“, heißt es dazu etwa im Programm von Déi Gréng. Doch dieser aktuell auch in den Koalitionsverhandlungen diskutierte Ansatz hat gewisse Tücken, wie die Analyse von REPORTER erklärt.

Die DP rechnet ihrerseits im Wahlprogramm vor, dass der Verkauf von Fahrkarten und Abonnements nur einen geringen Teil (30 Millionen Euro laut DP bzw. mehr als 66 Millionen laut dem Nachhaltigkeitsministerium) der Gesamtkosten des öffentlichen Transports (knapp 900 Millionen Euro) decke. Um den Bedarf an Verkehrsinfrastrukturen zu decken und die Netze weiter auszubauen, bringen die Liberalen zudem „alternative Finanzierungsmodelle“ ins Spiel. Konkreter als die Idee einer „Kooperation mit der europäischen Investitionsbank sowie privaten Partnern“ wird die Partei jedoch nicht.

Doch auch über die Finanzierungsfrage hinaus stößt allein das politische Ziel auf Kritik. So bezeichnete die Präsidentin der Eisenbahnergewerkschaft Syprolux den Gratis-Transport im Interview mit „RTL“ als „vergiftetes Geschenk“ an die Bevölkerung. Mylène Bianchy warnte etwa vor negativen Folgen und einer Abwertung des Berufsstands für die Mitarbeiter der CFL, die sich wiederum auf die Qualität des öffentlichen Transports für die Bürger auswirken könnten.

Allerdings könnte die Kritik an den Koalitionsparteien auch noch etwas verfrüht sein. Denn wie François Bausch am Wochenende auf Twitter bemerkte, sei bei den Verhandlungen zwischen DP, LSAP und Grünen generell noch nichts in trockenen Tüchern. Auf was sich der Transportminister dabei genau beruft, ist nicht bekannt. Fraglich ist ebenso, wie der Verhandler Bausch die Argumente des Wahlkämpfers Bausch gegen einen „Gratis“-Transport kontern wird.