Der Brite Sanjay Shah soll mit Gefolgsleuten die dänische Staatskasse um 1,2 Milliarden Euro erleichtert haben. Nun tobt vor einem Londoner Gericht ein Kampf, um die Steuergelder nach Dänemark zurückzuholen. Mittendrin eine Unternehmerin, die in Strassen Büroflächen vermietet und als „Strohfrau“ agiert haben soll.
Die Gesellschaft „Khajuraho Equity Trading S.à r.l.“ mit Sitz in Strassen soll den dänischen Staat betrogen haben. Die dänische Steuerverwaltung „SKAT“ erstattete der Luxemburger Firma die Quellensteuer auf Aktiengeschäfte. Doch laut der Behörde fanden diese Transaktionen nie statt – es geht demnach um Steuerbetrug.
Ein Firmengeflecht um den britischen Hedgefonds-Manager Sanjay Shah habe den Steuerraub von über 1,2 Milliarden Euro zwischen 2012 und 2015 orchestriert, so der Vorwurf aus Kopenhagen. SKAT klagte im Mai 2018 vor dem Londoner Handelsgericht gegen hundert Firmen und Personen, um die Steuergelder zurückzuholen.
Die Zivilklage richtet sich auch gegen eine in Luxemburg wohnhafte Managerin, berichtete das Portal „Law 360“. Sie wurde im August 2012 alleinige Geschäftsführerin („gérante unique“) von Khajuraho, zwei Monate nach der Gründung der Gesellschaft. Laut Handelsregister übt sie diesen Posten bis heute aus.
Bis Oktober 2018 war sie ebenfalls Geschäftsführerin der Firma „B.U.R.O.S. Business Unit Rental Office Services“, die Büros in einem Gebäude in Strassen vermietet. Es ist die gleiche Adresse, an der auch Khajuraho eingetragen ist. Am Briefkasten von „Buros“ ist Khajuraho aufgeführt.
Im Dunstkreis von Sanjay Shah
Die Klage in London richtet sich ebenfalls gegen Guenther Grant-Klar, der laut Handelsregister Gründer von Khajuraho ist und hundert Prozent der Anteile hält. Grant-Klar arbeitete für den Investmentfonds von Sanjay Shah, Solo Capital. Das zeigt das Register der britischen Finanzaufsichtsbehörde. Die dänischen Behörden gehen davon aus, dass er in Absprache mit Shah die Aktiengeschäfte getätigt hat. Die Summe, um die es sich im dänischen Fall handelt, ist bisher nicht öffentlich.
Im Jahresbericht 2012/2013 von Khajuraho stehen 14,5 Millionen Euro an Quellensteuern, die ausländische Steuerbehörden erstattet haben. In den folgenden Jahren fehlt eine solche Angabe. Khajuraho soll allerdings auch Schweden mit Cum-Ex-Geschäften betrogen haben. Dabei gehe es um umgerechnet über sechs Millionen Euro, berichtete der schwedische öffentlich-rechtliche Fernsehsender SVT.
Mit drei weiteren luxemburgischen Firmen, die nach ähnlichem Muster arbeiteten, soll Sanjay Shah den Luxemburger Staat um über zehn Millionen Euro betrogen haben, wie REPORTER im Januar berichtete. Europaweit soll die Gruppe um Shah für einen Schaden von 1,5 Milliarden Euro verantwortlich sein.
„Lediglich Managerin“
Die dänische Behörde macht die „gérante“ von Khajuraho, Janice Allgrove, mitverantwortlich für den mutmaßlichen Steuerbetrug. Sie habe einen erwartbaren Schaden fahrlässig in Kauf genommen, zitiert „Law360“ aus der Klageschrift. Allgroves Anwälte argumentieren dagegen, sie sei „lediglich Managerin“ gewesen und habe alle ihre Pflichten erfüllt. Außerdem bleibe unbewiesen, dass die Anträge der Firma zur Rückerstattung an die dänische Behörde falsch seien. „SKAT“ missbrauche das Gerichtsverfahren in diesem Fall.
Janice Allgrove verwies auf Nachfrage von REPORTER auf ihre Anwälte. Bis Redaktionsschluss blieb eine Stellungnahme der Londoner Kanzlei aus.
Allgrove scheint „gérante“ von Khajuraho geworden zu sein, weil die Gesellschaft Büroräume von „Buros“ mietete. Tatsächlich ist Allgrove Geschäftsführerin von mehreren Firmen, die zu den Kunden von „Buros“ zählen.
Karl Horsburgh, der mit Allgrove an „Buros“ beteiligt ist, warb 2016 auf dem Netzwerk „Linkedin“ damit, dass die Firma ihren Kunden eine „reale Präsenz“ und „Substanz“ biete: Büroräume und einen Direktor, der in Luxemburg wohne. Horsburgh ist laut eigener Darstellung Experte für „Steuerplanung“ und „financial engineering“.
Allgroves Anwälte betonten vor dem Londoner Handelsgericht, dass ihre Klientin von den Geschäften Khajurahos nicht profitiert habe. Für das Geschäftsjahr 2012/2013 steht im Jahresbericht eine Miete von 3.000 Euro und Gehaltsausgaben von 9.000 Euro. 2015 lagen die Mietausgaben dann bei 6.000 Euro.
Auffällige Geschäfte
Als alleinige Geschäftsführerin war Allgrove laut Gesetz für die Tätigkeiten von Khajuraho verantwortlich. Bei einer „Société à responsabilité limitée“ (SARL) gibt es anders als bei einer „Société anonyme“ keinen Verwaltungsrat. Ein „gérant“ einer SARL ist persönlich haftbar für einen Schaden, wenn er seine Pflichten vernachlässigt oder aktiv gegen Gesetze verstoßen hat.
Ob Allgrove Fehler gemacht hat, müssen die Londoner Richter klären. Doch muss sie zumindest eine grobe Kenntnis der Tätigkeiten von Khajuraho gehabt haben. Die Jahresberichte von 2015, 2016 und 2017 tragen ihre handschriftliche Unterschrift.
Ein Blick in die im Handelsregister hinterlegten Bilanzen reicht, um zu wissen, dass Khajuraho keine gewöhnlichen Geschäfte tätigte. Zwischen der Gründung im Mai 2012 und September 2012 des gleichen Jahres hatte die Gesellschaft Kredite von insgesamt 43 Millionen Euro angesammelt, bei einem Gesellschaftskapital von gerade einmal 12.500 Euro. Allerdings endete das Geschäftsjahr mit einem Gewinn von 670.000 Euro. 2013 lag das Handelsvolumen bereits bei über 300 Millionen Euro.
Auf dem Papier war das Risiko enorm. Doch da es sich laut den dänischen Behörden um fiktive Geschäfte handelte, war es in Realität gleich null.
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