Die USA könnten in Kriege im Nahen Osten, in der Ukraine und in Taiwan verwickelt werden. Die Regierung von Joe Biden versucht, die aufflammenden Konflikte einzudämmen. Doch der Umgang damit macht auch die strategische Überforderung der Supermacht überdeutlich.
Drei Tage, nachdem Hamas-Kämpfer den Sicherheitszaun des Gazastreifens durchbrochen, mehr als 1.400 Menschen getötet und etwa 220 weitere entführt hatten, traf die USS Gerald R. Ford, der modernste Flugzeugträger der USA, mit ihrem Begleitverband von Kriegsschiffen im östlichen Mittelmeer ein. Eine zweite Flugzeugträger-Kampfgruppe unter der Führung der USS Dwight D. Eisenhower wurde in den Nahen Osten verlegt. Flugzeuge und Luftverteidigungssysteme werden in die Region entsandt und auch Truppen werden mobilisiert.
Es ist ein eindrucksvoller Beweis für die Geschwindigkeit und das Ausmaß, mit dem die USA ihre militärische Macht fern der Heimat einsetzen können. Diese Machtdemonstration sendet zwei Botschaften. An den Iran und seine Stellvertreter: Haltet euch raus! An Israel: Du bist nicht allein. Möglicherweise werden weitere US-Streitkräfte noch in die Region beordert, da es Anzeichen dafür gibt, dass sich der Krieg ausweiten könnte. Israel erweitert seine Bodenoperation, die Gewalt im Westjordanland nimmt zu, und der gegenseitige Raketen- und Artilleriebeschuss zwischen Israel und der libanesischen schiitischen Miliz Hisbollah, die mit dem Iran verbündet ist, kündigt eine mögliche zweite Front an.
Am 22. Oktober warnte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin vor der „Möglichkeit einer erheblichen Eskalation“ gegen die eigenen Streitkräfte. Drei Tage zuvor hatte ein US-Kriegsschiff im Roten Meer Marschflugkörper und Drohnen zerstört, die von den mit dem Iran verbündeten Huthi-Milizen im Jemen auf Israel abgefeuert worden waren. Auch US-Stützpunkte im Irak und in Syrien wurden mit Raketen und Drohnen angegriffen, die vermutlich von anderen iranischen „Stellvertretern“ abgefeuert wurden. „Dies ist der gefährlichste Moment seit dem Kalten Krieg“, argumentiert Matthew Kroenig vom „Atlantic Council“, einer Denkfabrik in Washington, D.C. „Wenn sich der Iran und die Hisbollah einmischen, könnten sich die USA gezwungen sehen, zu reagieren. Und China könnte dann eine Chance sehen, etwas gegen Taiwan zu unternehmen.“
Risiken der multipolaren Welt
US-Präsident Joe Biden könnte sich damit zu einem noch unwahrscheinlichen Kriegspräsidenten entwickeln. Er übertrieb nicht, als er seinen Landsleuten kürzlich in einer Fernsehansprache sagte, dass sich die Welt an einem Wendepunkt befinde. Als die USA handelten, um der Ukraine beim Widerstand gegen die russische Invasion zu helfen, fragten sich viele, ob sie über die nötigen Mittel verfügten, um einen drohenden chinesischen Angriff auf Taiwan zu verhindern. Die Frage ist umso akuter, als die USA auch versuchen, Israel zu verteidigen …
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