Was steht bei diesen Wahlen auf dem Spiel? Scheinbar geht es wie vor fünf Jahren um die Bilanz von Blau-Rot-Grün. Doch das Land und der politische Diskurs haben sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Entsprechend offen ist der Wahlausgang.
„Weider sou“ oder „De Wiessel wielen“: Grundsätzlich scheint es bei diesen Wahlen diese beiden Alternativen zu geben. Drei Koalitionsparteien, die das Land seit zehn Jahren regieren, treten mit ihrer Bilanz vor die Wähler und werben – wenn auch nicht gemeinsam – um eine Verlängerung ihrer Macht. DP, LSAP und Déi Gréng wollen natürlich weiter regieren. Eine dritte Auflage von Blau-Rot-Grün – oder diesmal Rot-Blau-Grün – ist laut den Umfragen auch durchaus wahrscheinlich.
Und doch sind diese Wahlen offener denn je. Das liegt an einer gleich auf mehreren Ebenen veränderten Ausgangslage. Das Spitzenpersonal der großen Parteien wurde mit Ausnahme des Premiers komplett ausgetauscht. Das zeigt sich etwa an der LSAP, die mit Paulette Lenert eine ernstzunehmende Konkurrentin um den Posten des Regierungschefs aufgebaut hat. Die CSV hat ihrerseits mit Luc Frieden einen alten Bekannten aus dem Hut gezaubert, der zumindest die eigenen Anhänger an eine Rückkehr an die Macht glauben lässt.
Auch die Dynamik des Wahlkampfs ist eine andere als vor fünf Jahren. Die politische Auseinandersetzung findet vor einem grundlegend gewandelten Hintergrund statt. Die auslaufende Wahlperiode war außergewöhnlich, weil sie durch gleich mehrere, präzedenzlose internationale Krisen geprägt war. Die Pandemie und die Auswirkungen des Ukrainekriegs sind heute in Luxemburg zwar nicht mehr unmittelbar spürbar. Und doch haben sie die Politik auf jeglicher Ebene nachhaltig geprägt.
Die Nachwehen der „Polykrise“
Gingen die Bürgerinnen und Bürger vor fünf Jahren noch in einer Hochkonjunkturphase an die Wahlurnen, schweben heute über der finanziellen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes einige Fragezeichen. Nur durch massive Investitionen des Staates konnten die negativen Folgen von Pandemie und Energiekrise für Bürger und Unternehmen zumindest begrenzt werden.
Dass dies den regierenden Parteien angerechnet wird, ist nicht selbstverständlich. Denn die getroffenen Maßnahmen waren einerseits politisch kontrovers. Andererseits haben die Pandemie und die Energiekrise auch zwangsläufig dazu geführt, dass andere Problembereiche vernachlässigt wurden.
Das Wahlverhalten der radikalen Impfgegnerschaft dürfte interessant zu beobachten sein. Doch auch die verschärfte Lage auf dem Wohnungsmarkt birgt das Potenzial einer Protestwahl.“
Die Regierungsparteien inszenierten sich denn auch im Wahlkampf weniger stark als erfolgreiche Krisenmanager, als man dies erwarten konnte. Vielmehr wurden sie mit der Erwartung konfrontiert, dass sie auch daran gemessen werden, ob sie ihre ursprünglichen Ambitionen umsetzen konnten. Das gilt in erster Linie für die Lösung der Wohnungskrise, den Klimaschutz oder auch das Versprechen einer umfassenden Steuerreform.
Fraglich ist, ob dies allein eine Wechselstimmung bewirken kann und ob die Oppositionsparteien glaubwürdige Alternativen zur blau-rot-grünen Politik darstellen …
Bereits Mitglied? Jetzt einloggen!