Bildungsminister Claude Meisch will durch das Programm „Summer School 2020“ die Lernrückstände verschiedener Schüler ausgleichen und so für mehr Chancengerechtigkeit sorgen. Angesichts der niedrigen Teilnehmerzahl ist jedoch fraglich, ob dieser Anspruch erfüllt wird.

„Der Lockdown hat die Chancenungleichheit deutlich verstärkt“, sagte Bildungsminister Claude Meisch am Dienstag bei einem Schulbesuch in Monnerich. „Die Leistungsschere, die in Luxemburg ohnehin weit auseinanderklafft, hat sich durch die Krise noch weiter geöffnet“, betonte er zwei Wochen vor Beginn des neuen Schuljahres. Um die durch das Homeschooling entstandenen Lerndefizite vieler Schüler wieder annähernd auszugleichen, organisiert das Bildungsministerium das Nachhilfe-Programm „Summer School 2020“.

Die Aktion lief am 31. August an und dauert noch bis zum 11. September. Maximal zwei Stunden am Tag werden Nachhilfekurse in Schulen angeboten. Die Teilnahme ist freiwillig. Ergänzt wird das Angebot durch die Bereitstellung von Themendossiers in den einzelnen Fächern, die lernwillige Schüler auf der Website Schouldoheem.lu herunterladen können.

Kritik von Lehrervertretern

Für das Nachhilfe-Angebot erntete Claude Meisch von den Lehrergewerkschaften im Juli Kritik (REPORTER berichtete). Einerseits zweifelten die Lehrervertreter an der Wirksamkeit des Programms angesichts der „großen Lernrückstände“ von weniger privilegierten Schülern und der geringen Anzahl an Nachhilfestunden pro Schüler.

Andererseits ging es um die Frage, ob das Programm die entstandenen Ungleichheiten nicht noch verstärke. Kinder aus sozial schwächeren Familien würden vielleicht gar nicht von dem freiwilligen Angebot Gebrauch machen. Damit vergrößere sich die Kluft zwischen den gut vorbereiteten und den weniger gut vorbereiteten Schülern.

Wenig Schüler für Nachhilfekurse mobilisiert

Die Frage, wie sich die „Summer School 2020“ auf die Chancengleichheit auswirkt, steht angesichts der vom Bildungsministerium veröffentlichten Zahlen weiterhin im Raum. Laut Claude Meisch nehmen „etwas mehr als 15 Prozent“ aller Grundschüler am Programm teil. Im „Secondaire“ finde das Angebot weniger Anklang, was dem Bildungsminister zufolge an der größeren Autonomie der Schüler liege. Im Vergleich mit den letzten Jahren habe sich die Teilnehmerzahl bei Nachhilfekursen für „Secondaire“-Schüler jedoch verdoppelt.

Konkret nehmen an dem Programm etwas mehr als 6.000 Schüler teil: 4.830 Schüler der Grundschule (Cycles 2, 3 und 4.1.) und 797 Schüler des „Enseignement Secondaire“. Rund 300 Schüler des „Secondaire“ sind noch dazu zu rechnen, wenn man die auf eigene Initiative organisierten Nachhilfekurse verschiedener Lyzeen miteinbezieht.

Die Online-Plattform Schouldoheem.lu findet mehr Anklang: Seit ihrer Veröffentlichung am 24. August generierte sie 50.000 Klicks. Und nicht weniger als 47.000 Mal wurden die digitalen Aufgabenhefte heruntergeladen.

Dementsprechend scheint hinsichtlich zusätzlicher Schulmaterialien „eine große Nachfrage“ zu herrschen – eine Beobachtung, die von Claude Meisch am Dienstag mitgeteilt wurde. „Würde man einen Download pro Schüler rechnen, so könnte man davon ausgehen, dass durch das Online-Angebot fast jeder zweite Schüler im Land erreicht wurde“, sagte der Bildungsminister. In Anbetracht dieser Rechnung wirkt die tatsächliche Teilnehmerzahl der „Prett fir d’Rentrée“-Kurse jedoch verschwindend gering.

Die „Summer School 2020“ als Teil einer Strategie

Die Zielsetzung sei erreicht worden, was die Schaffung einer größeren Chancengerechtigkeit betreffe, sagte der Bildungsminister am Dienstag. Er reagierte damit auf die Frage, ob er die Sorgen der Lehrergewerkschaft SNE hinsichtlich der sozialpolitischen Wirkung des Programms nachvollziehen könne. Angesichts der Zahlen scheint dieses Fazit aber verfrüht.

Die „Summer School 2020“ ist nur ein Teil einer längerfristigen Strategie. So sollen sich die „Cours d’appui“ während des ersten Trimesters auf die Aufarbeitung des verpassten Lernstoffs konzentrieren. Noch ein weiteres – ebenfalls freiwilliges – Angebot an Nachhilfekursen soll während des Schuljahres geschaffen werden.