Nach zum Teil heftigen Diskussionen müssen die Abgeordneten noch weiter an den Covid-19-Gesetzen feilen. Allerdings bleiben ihnen nicht mal mehr zwei Wochen, um das Gesetz anzupassen und zu verabschieden. Die eigenen Ansprüche wurden entsprechend heruntergeschraubt.

„Im extremen Ausnahmefall müssen wir auf die Zwangshospitalisierung zurückgreifen können“, sagt Mars di Bartolomeo (LSAP). Trotzdem zeige man Verständnis für die vielen Einwände, so der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses. Die Abgeordneten wollen allerdings noch auf die Stellungnahme des Staatsrats warten, bevor sie weitere Anpassungen am Gesetzentwurf vornehmen.

Die Möglichkeit, Covid-19-Erkrankte gegen ihren Willen in ein Krankenhaus einzuweisen, geriet in den letzten Tagen stark in die Kritik. In verschiedenen Stellungnahmen störten sich unter anderem die Staatsanwaltschaft, die Menschenrechtskommission, der Ethikrat, die Datenschutzkommission, der Konsumentenschutz und das „Collège médical“ an dieser Passage im Gesetzentwurf der Regierung. Zudem haben Betroffene im andauernden Ausnahmezustand nicht genügend Rechtsmittel, um sich gegen die Maßnahme zu wehren.

Unverhältnismäßige Einschränkung

„Man sollte bevorzugt auf Verantwortung, Vertrauen, Vernunft und Kollaboration der Bevölkerung setzen, bevor man drakonische Maßnahmen ergreift“, kritisiert die Menschenrechtskommission in ihrer Stellungnahme die Möglichkeit einer Zwangshospitalisierung.

Zudem werde aus dem Entwurf nicht klar, wer unter welchen Umständen hospitalisiert werden kann. Die Kommission stellt fest, dass der Text kein Mindestalter vorsieht. Ebenso wird der jeweiligen persönlichen und familiären Situation der Menschen nicht Rechnung getragen. Zum Beispiel könnten Eltern von ihren Kindern oder Menschen, die kurz vor dem Tod stehen, gegen ihren Willen von ihrer Familie getrennt werden.

Unklare Grundlagen für Entscheidung

Doch auch bei der praktischen Umsetzbarkeit hagelt es Kritik. Laut dem Gesetz obliegt es der Staatsanwaltschaft, eine Zwangshospitalisierung zu verhängen. Zwei Tagen später muss der Präsident des Bezirksgerichts beschließen, ob die Verordnung aufrechterhalten bleibt.

Jedoch stellen beide Akteure sich die Frage, auf welcher Basis sie diese Entscheidungen treffen sollen. Sie erhalten die Informationen über den Gesundheitszustand und Infektiosität ausschließlich von der Gesundheitsbehörde – für ein unabhängiges Zweitgutachten besteht indes keine Zeit.

Zudem stellt sich die Frage, wo die Person zwangshospitalisiert werden soll. Gilbert Pregno fordert eine klare Definition, welche Einrichtungen hierfür infrage kämen. Die Psychiatrie sei auf jeden Fall ein „No-Go“, so der Präsident der Menschenrechtskommission.

„Wir kriegen nicht alles gelöst“

Dabei sind diese Probleme eigentlich nicht neu, sie wurden aber erst jetzt Gegenstand einer breiteren Debatte. Seit 1980 steht es dem Direktor der „Santé“ zu, Menschen zwangsweise in ein Krankenhaus einzuweisen. In den verbleibenden Wochen wollen die Abgeordneten deshalb zusätzlich zu den beiden Covid-19-Gesetzen, auch das Gesetz von 1980 anpassen.

Man gehe allerdings pragmatisch vor: „Wir kriegen nicht alles gelöst“, sagt Mars Di Bartolomeo. Dafür sei die Zeit einfach zu knapp. Da das Gesetz nur für einen Monat in Kraft tritt und danach erneut zur Abstimmung steht, könnten jedoch selbst nach der ersten Abstimmung, für den kommenden Monat Verbesserungen vorgenommen werden, meint dazu Ausschussmitglied Sven Clement (Piratepartei).

Der verfassungsmäßige Ausnahmezustand läuft am Nationalfeiertag aus. Bis dann müssen die sogenannten Covid-19-Gesetze also in Kraft treten, damit die Maßnahmen der Pandemie-Bekämpfung den „Etat de crise“ überdauern.