Nach nur 17 Tagen im Amt hofft Ekrem Imamoglu von der republikanischen Volkspartei seinen Bürgermeistertitel in Istanbul wiederzuerlangen. Wer ist dieser Mann und warum ist seine mögliche Wiederwahl schicksalshaft für die Türkei? Ein Bericht von Marian Brehmer.
„Alles wird gut“, tönt es zu anatolischen Pop-Beats aus den rollenden Lautsprechern. Das Auto zischt vorbei und der rhythmische Song verhallt so schnell wieder, wie er ertönt ist. Gerade noch hörbar ist der Refrain mit dem Namen „Imamoglu“ (wörtlich übersetzt „Sohn des Imams“), dem Bürgermeisterkandidat der türkischen Oppositionspartei CHP.
Dies war die Geräuschkulisse in diesem Ramadan. Regelmäßige Dauerbeschallung mit Wahlkampfsongs sind die Bewohner von Istanbul gewohnt. Bei jeder Wahl, zuletzt den Präsidentschaftswahlen 2018, versuchen sich die politischen Lager mit noch eingängigeren Songs zu überbieten. Dominant war dabei stets die regierende AKP mit ihrer auf einem zentralasiatischen Schlachtlied basierenden Erdogan-Hymne. Doch in den letzten Monaten hört man in Istanbul fast nur noch die tänzerische Musik von Imamoglus republikanischer Volkspartei.
Ginge es nach der CHP, so hätte das Lied nicht noch einmal erschallen sollen. Was ist passiert? Am 31. März waren in der Türkei Kommunalwahlen. In vielen Provinzen des Landes, besonders in Zentral- und Ostanatolien, räumten Kandidaten der Regierungspartei ab. In den Küstenregionen hingegen ging erwartungsgemäß die CHP als Sieger hervor. Erstmals schienen am Wahlabend nach mehr als 25 Jahren auch die drei größten türkischen Städte Izmir, Ankara und Istanbul fest in der Hand der Opposition …
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