Immer wieder gerät der weltweit führende Lebensmittelkonzern Nestlé in die Schlagzeilen. Mal geht es um kontroverse Aussagen, mal um objektiv belegbare Missstände. Ein Überblick über die Gründe, warum der globale Konzern so oft kritisiert wird.
Nespresso-Kaffee, Wagner-Pizza, Felix-Katzenfutter, Mineralwasser von Contrex, Perrier, San Pellegrino oder Vittel: Die Produkte aus dem Hause Nestlé gehören für sehr viele Menschen auf der Welt zum Alltag. Der Nahrungsmittelkonzern mit Sitz in der Schweiz kontrolliert laut eigenen Angaben über 2.000 Marken und machte im vergangenen Jahr einem Umsatz von über 80 Milliarden Euro. Damit gehört die Nestlé S.A. zu den 100 umsatzstärksten Unternehmen weltweit.
Gleichzeitig machte der Konzern in der Vergangenheit immer wieder wegen unterschiedlichen Kontroversen von sich reden. In die Kritik geriet etwa, wie „Nestlé Waters“ das Wasser produziert, das es in Plastikflaschen – etwa unter der Marke „Nestlé Pure Life“ – verkauft. Die Produktionsstandorte des Konzerns sind über die ganze Welt verteilt, unter anderem in Staaten, die selbst unter Wasserknappheit leiden. Nestlé kauft dort Trinkwasserquellen auf und pumpt das Wasser dank Verträgen mit staatlichen Stellen direkt aus dem Grundwasser.
Wasser als Menschenrecht?
In dem Dokumentarfilm „Bottled Life“ wird Nestlé vorgeworfen, dass der Konzern in manchen Staaten – etwa in Pakistan – Grundwasser günstig erwirbt, um es dann unter der Marke „Pure Life“ teurer an die Bevölkerung zu verkaufen. Durch die globale Produktion konnte der Konzern den Umsatz aus seiner Wasser-Sparte kontinuierlich steigern. Nestlé bestreitet die Vorwürfe und reagiert zum Teil auch in sehr ausführlicher Weise auf die Kritik an seinen Geschäftspraktiken.
Weitere Brisanz erhielt die Debatte durch ein Zitat des Ex-Nestlé-Chefs Peter Brabeck-Letmathe, wonach Wasser kein Menschenrecht sei. Die Aussage machte im Internet und insbesondere in den sozialen Medien unter Nestlé-Kritikern schnell die Runde. Allerdings ist die Position des ehemaligen Präsidenten des Verwaltungsrats doch etwas nuancierter.
„Die fünf Liter, die wir für unseren täglichen Verbrauch benötigen sowie die 20 Liter für die tägliche Mindesthygiene, sind ein Menschenrecht. Jede Regierung sollte verantwortlich dafür gemacht werden, dass ihre Bevölkerung Zugang zu diesem Menschenrecht hat“, sagte Brabeck-Letmathe in einem Interview mit dem Schweizer „Blick“. „Dieses Menschenrecht macht genau 1,5 Prozent des internationalen Wasserverbauchs aus – dieser sollte frei sein. Aber für die restlichen 98,5 Prozent sehe ich kein Menschenrecht. Es gibt kein Menschenrecht auf Wasser für Swimmingpools und Golfplätze.“
Nestlé versteht Kritik nicht
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Verantwortung des Konzerns für die massive Verwendung von Palmöl – und damit für den Rückgang des Regenwälder. Für neue Ölpalmen-Plantagen werden oft große Flächen des Regenwaldes abgeholzt. Das Palmöl wird in etlichen Nahrungsmitteln verarbeitet. Unter anderem Greenpeace kritisierte Nestlé für die Nutzung von Palmöl bei der Produktion von Süßwaren, etwa den Schokoriegel Kitkat.
Auch in diesem Fall reagierte der Konzern proaktiv und gelobte Besserung, indem man künftig nur noch nachhaltige Produktionsstätten von Palmöl akzeptieren wolle. Bis 2020 will Nestlé in allen Fällen zurückverfolgen können, wo genau das Palmöl in seinen Produkten herkommt und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen, hieß es in mehreren Stellungnahmen.
Weitere Kontroversen über die Geschäftspraktiken des globalen Konzerns betrafen unter anderem die Frage von Tierversuchen und die Qualität der von Nestlé vermarkteten Nahrungsmittel für Babies und Kleinkinder. Für die Kritiker fehlt es demnach nicht an Gründen, das Unternehmen als „Kraft des Bösen“ anzuprangern.
„Warum wird Nestlé so häufig kritisiert?“, fragt sich der Konzern selbst auf seiner Webseite. Die Antwort: „Das verstehen wir auch nicht immer.“ Immerhin gelte Nestlé als eine Lebensmittelmarke, der Verbraucher am vertrauen. „In einigen Ländern, wie etwa in Deutschland, gibt es generell Kritik an globalen Unternehmen. Häufig werden ‚historische‘ Themen aufgegriffen oder stark vereinfacht.“
Doch Nestlé belässt es nicht nur bei Rechtfertigungen. „Ja, wir haben in der Vergangenheit Fehler gemacht. Aber diese haben wir systematisch korrigiert und das direkte Gespräch mit Kritikern gesucht. Dass wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden, bestätigen uns auch unabhängige Organisationen.“