Die Polizei wollte in diesem Herbst neue Überwachungskameras im Bahnhofsviertel in Betrieb nehmen. Doch die Ausweitung der Videoüberwachung verzögert sich auf unbestimmte Zeit. Zunächst soll die rechtliche Grundlage des Projekts genau geprüft werden.

Die Bürgermeisterin zeigte sich forsch, als das Thema Videoüberwachung letzte Woche im Gemeinderat der Stadt Luxemburg zur Sprache kam. „Sie wissen ganz genau, dass es sich hier um eine Entscheidung der Regierung handelt“, ermahnte Lydie Polfer (DP) den Gemeinderat François Benoy (Déi Gréng). „Und die Gemeinde verfügt nicht über die Kompetenz, eine solche Entscheidung zu stoppen.“

Doch der Plan, die öffentliche Videoüberwachung in der Hauptstadt auszuweiten, ist ohnehin bereits in Verzug. Anfang Juli hatte die Polizei dem zuständigen Gemeindeausschuss noch mitgeteilt, dass die ersten neuen Kameras bis September in Betrieb sein könnten. Das bestehende Überwachungssystem soll in mehreren Etappen um 78 zusätzliche Kameras ausgebaut werden – im Bahnhofsviertel, in Bonneweg und am Pont Adolphe. Bislang wurde aber keine zusätzliche Kamera installiert. Es bleibt unklar, wann sie zum Einsatz kommen.

Zweifel an rechtlicher Grundlage

Auf Nachfrage von REPORTER teilte die Polizei mit, dass sie erst neue Kameras in Betrieb nehmen werde, wenn die Staatsanwaltschaft und die Gemeinde ihre Gutachten zum Projekt eingereicht haben. Was darauf hin deutet, dass die Polizei sich rechtlich absichern will, bevor sie die Videoüberwachung ausweitet. Das ist insofern überraschend, da ohnehin schon öffentliche Überwachungskameras in Betrieb sind, die dem gleichen Gesetz unterliegen, wie jene die jetzt hinzukommen sollen.

Doch das „Lëtzebuerger Land“ hatte Anfang Oktober berichtet, dass es Zweifel an der rechtlichen Grundlage dieser bestehenden Überwachungskameras gebe. Seit August gilt nämlich ein neues Datenschutz-Gesetz, das die Prinzipien der EU-Datenschutz-Grundverordnung (GDPR) umsetzt. Die ursprüngliche rechtliche Basis des Überwachungssystems ist damit außer Kraft.

Somit stellt sich die Frage, ob die aufgenommenen Bilder der laufenden Videoüberwachung weiter als Beweismaterial benutzt werden können. „Ja“, antwortet der Polizeisprecher kurz und knapp. Frank Stoltz erklärt, dass das neue Gesetz der Polizei erlaube, Überwachungssysteme zu installieren, ohne dass sie dafür eine „vorherige Genehmigung“ benötige – weder von der Regierung noch von einer unabhängigen Kontrollstelle. „Weil das bestehende System auch den neuen Regeln entspricht, kann es genauso weiterlaufen wie bisher“, so Stoltz.

Rue de Strasbourg
Die Videoüberwachung soll unter anderem auf die Rue de Strasbourg im Bahnhofsviertel ausgeweitet werden. (Foto: Matic Zorman)

Bislang keine externen Gutachten

Ob das bestehende System tatsächlich im Einklang mit der neuen Gesetzgebung ist, hat bislang allerdings nur die Polizei selbst geprüft. Bei der Stadt Luxemburg und der Staatsanwaltschaft wurden zwar externe Gutachten angefragt, diese liegen aber bislang nicht vor. Auch die nationale Datenschutzkommission (CNPD) hat sich bisher nicht öffentlich dazu geäußert, wie die neuen EU-Auflagen sich auf die Videoüberwachung auswirken.

Gesetzeswidrig ist das nicht. Das neue Gesetz schreibe „keine Genehmigungen“ vor, erklärt der Rechtsanwalt Frank Wies. Es sei lediglich „eine Kontrolle im Nachhinein durch die CNPD“ vorgesehen.

Die Datenschutz-Behörde könnte also gegebenenfalls nachträglich Anpassungen von der Polizei verlangen. Die CNPD hat als unabhängige Behörde den gesetzlichen Auftrag, darüber zu wachen, dass die europäischen Datenschutzregeln in Luxemburg eingehalten werden.

Zurückhaltende Datenschutzkommission

„Wir haben die aktuelle Diskussion in der Presse mitverfolgt“, sagt CNPD-Kommissar Thierry Lallemang auf Nachfrage von REPORTER. Die Kommission habe jedoch beschlossen, sich zuerst mit der Polizei auszutauschen, bevor sie Position bezieht. Am Freitag fand ein entsprechendes Treffen zwischen Polizei und CNPD statt. Eine Stellungnahme der Datenschutzkommission gibt es noch nicht.

„Wir werden uns nun intern beraten und dann erst öffentlich Stellung nehmen“, so Lallemang nach dem Treffen. Wann die Position der CNPD vorliegt, sei noch nicht klar, sagt er. Die Polizei werde die Videoüberwachung aber erst ausweiten, wenn die Einschätzung der Kommission vorliegt.