Die Hauptstadt will sich bis Ende 2022 einen Verkehrsentwicklungsplan geben und sucht dafür nach einem Planungsbüro. Auch die Bürger sollen an der Ausarbeitung beteiligt werden. Politiker und Aktivisten fordern sofortige Maßnahmen, um die Radwege sicherer zu machen.

Die Mobilität in der Hauptstadt bleibt eines der großen politischen Spannungsfelder. Mit dem Bau der Tram, der Umsteigeknoten („pôles d’échanges“) in Kirchberg und Howald sowie dem Ausbau des Radwegenetzes stellt sich zunehmend die Frage nach den verkehrspolitischen Prioritäten.

Wie sollen die verschiedenen Mobilitätsformen in der Hauptstadt ineinandergreifen? Und welches Verkehrsmittel hat dabei Vorrang? Um diese Fragen zu klären, will sich die Stadt Luxemburg bis Ende 2022 einen Verkehrsentwicklungsplan geben.

Seit dem 16. Januar ist das Lastenheft für die Erstellung dieses Verkehrskonzeptes öffentlich einsehbar.  Bis zum 15. Februar können Planungsbüros ihre Dossiers einreichen. Für die Ausarbeitung des Entwicklungsplans sind rund 250.000 Euro vorgesehen.

Vorbild Düsseldorf

Vorbild für die Planung ist der Verkehrsentwicklungsplan, der in Düsseldorf umgesetzt wurde. Das geht aus einer Präsentation in der zuständigen Mobilitätskommission hervor. Die Stadt am Rhein hat mit täglich rund 300.000 Pendlern ähnliche Rahmenbedingungen wie Luxemburg.

Die in der Ausschreibung enthaltene Roadmap sieht mehrere Phasen für die Ausarbeitung vor. In einer ersten Etappe soll eine „Chancen- und Mängelanalyse“ durchgeführt werden. Nach dieser Vorbereitungsphase soll zwischen dem 4. Quartal 2021 und dem 1. Quartal 2022 ein Verkehrsleitbild entwickelt werden. In dieser Phase sollen die Bürger in Form von „digitaler Einbindung (Vorschläge)“ einbezogen werden, wie es in der Ausschreibung heißt. Diesem Zeitrahmen zufolge soll der Gemeinderat den Plan Ende 2022 annehmen.

Der Vertreter der Grünen in der hauptstädtischen Mobilitätskommission, Carlo Back, begrüßt die Initiative der Gemeinde: „Die Mobilität in der Hauptstadt hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Mit der Tram und der Reorganisation des öffentlichen Transportes stellt sich die Frage nach der Gewichtung der einzelnen Verkehrsmittel.“ Wichtig sei dabei aber, dass die Bürger aktiv in den Prozess eingebunden wären und selbst entscheiden könnten, wie die Mobilität in der Hauptstadt zukünftig aussehe, so Back weiter.

Zudem könne man die Folgen der Pandemie für die Entwicklung der Mobilität noch nicht abschätzen, sagt Carlo Back. „Wir sehen schon jetzt, dass viele Parkhäuser auf dem Stadtgebiet nicht ausgelastet sind. Darüber müssen wir jetzt schon diskutieren“, betont er.

Angst vor Verzögerung

Parteikollege François Benoy hat jedoch Bedenken, was den Zeitplan für den Verkehrsplan betrifft: „Ich befürchte, dass der Verkehrsentwicklungsplan benutzt wird, um Lösungen aufzuschieben, die man jetzt bereits umsetzen könnte.“ Mit der Fertigstellung der Tram entstünde parallel eine Fahrradverbindung quer durch die Hauptstadt, so Ratsmitglied Benoy. Diese Achse gelte es jetzt mit den einzelnen Stadtteilen zu verbinden.

Eine ähnliche Forderung stellte vergangene Woche ein Interessenverband von Fahrradaktivisten. In einer gemeinsamen Stellungnahme unter dem Titel „Connecting the dots“ fordern unter anderem „ProVelo“ sowie die Umweltorganisation „Mouvement écologique“ sofortige Maßnahmen, um Fahrradfahrer in der Hauptstadt besser zu schützen.

Zu den Forderungen zählt etwa eine baulich getrennte Fahrradspur auf der Avenue Marie-Thérèse sowie eine neue Fahrradspur auf dem Boulevard Prince Henri. Die Unterzeichner begrüßen zwar, dass in den vergangenen Jahren bereits einige neue Fahrradwege auf dem Stadtgebiet entstanden seien, doch ein Fahrradwegenetz sei letztlich nur so stark wie seine schwächsten Glieder.