Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt unsere Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: In den Tiefen des Luxemburger Sommerlochs.
Es ist Mitte August, ganz Luxemburg ist irgendwo an der Plaasch. Ganz Luxemburg? Nein, die Retrospect-Redaktion arbeitet weiter – und berichtet über die, die zurzeit in den Ferien sind. Für manche Politiker ist es genau der richtige Zeitpunkt, um sich vor den Wahlen noch schnell einen Traum zu erfüllen. Michel – „Michi“ – „De Papp“ – Wolter wollte etwa schon immer auf die Spuren der Luxemburger in Amerika gehen. In seiner Facebook Gruppe „Mich goes to America“ berichtet er ausführlich über seine Eindrücke. „Moien dir Äersch, ech sinn och elo hei!“, begrüßte der Poltergeist der Luxemburger Politik dem Vernehmen nach die Ur-Luxemburger.
Leider führte die Reise für Michi nicht zum erhofften Erfolg. Er rief nach Wählern und es kamen schnöde Amerikaner. „Uschléissend ware mir e puer vun den éischten Lëtzebuerger Auswanderer besichen. Natierlech um Kierfecht.“, schreibt der „brewery-mayor“ von Käerjeng in seiner Gruppe. Tote sind leider von der Wahlpflicht ausgenommen, musste er feststellen. Trotzdem hat er sichtlich Spaß in den USA.

Für zwei Minuten durfte er sogar auf eine Harley Davidson steigen! Diese Gelegenheit ließen sich die wirklichen Rebellen der Luxemburger Politik nicht entgehen. Denn auch die Wiselers waren als berüchtigte Biker-Familie in den letzten Wochen (auf dem Motorrad) unterwegs.
Wählerfang auf Abwegen
Das Brüssel-Krautmaarter-Politduo legte aber eine noch schlechtere Bilanz im Kampf um die Wählergunst vor. Während der King of Käerjeng immerhin versuchte, Luxemburger zu erreichen, hoffen die Wiselers wohl nur noch auf ein Wunder im Oktober. Erste Station ihrer Reise: Lissabon, wo sie das „C“ in „CSV“ wiederbeleben wollten. Der Papst hatte zum Weltjugendtag geladen, der jugendliche Claude und die junge Isabel Wiseler-Lima sind dem Ruf gefolgt.
Gemeinsam wollten sie mit dem mittlerweile relevantesten Jean-Claude von Luxemburg für den Wahlsieg beten. Der Kardinal musste den ehemaligen Spitzenkandidaten jedoch daran erinnern, dass auch die katholische Kirche ein solches Wunder nicht vollbringen kann. Zumindest nicht für jemanden wie #Luc Frieden, der nur manchmal gläubig ist.
Also hat der joviale Michi den beiden vorgeschlagen, doch mal vorbeizukommen. Die Aussicht, auf einer Harley zu sitzen, hat das Paar wohl überzeugt. Natürlich gehört zu einer USA-Reise aber auch das alljährliche „Luxembourg Fest“ dazu. Und da durfte die Luxemburger Prominenz natürlich nicht fehlen. Sven Clement wollte etwa noch ein paar Statusmeilen sammeln, um seinen Vielfliegerstatus nicht zu verlieren und machte sich auf die Reise in die USA. Dort traf er dann auf Claude und Michi. #TheDreamTeam

Für die dritte Station der Reise der Wiselers inspirierten sie sich wiederum bei Sven Clement. Vom 21. bis 24. August touren die beiden Politikveteranen durch Brasilien. Dort gibt es immerhin tatsächlich Stimmen zu holen. Das Klima lässt sich ja auch noch nach den Wahlen retten. Auf das bisschen CO2 von ihrer Weltreise kommt es eh nicht mehr an. Zumindest eine Erkenntnis, bei der sich alle Parteien einig sind.
„A“
Luc Frieden will bekanntlich das C in CSV loswerden. Das verleitete einen „Tageblatt-Journalisten“ dazu, allen Parteien kurzerhand neue Kürzel zu verpassen. Als Alternative für die DP schlug er etwa „De Bettel“ als Parteiname vor. Wer konnte davon ausgehen, dass dies nicht todernst gemeint sei?!
Das dachte sich zumindest Dan Kersch. Denn der Journalist wagte es zu behaupten, die LSAP verdiene ihr „A“ nicht mehr. Schließlich gebe es unter den Kandidaten der „Arbeiter“-Partei lediglich ein einziges Exemplar dieser aussterbenden Spezies, nämlich einen Mechaniker. Bei solchen Aussagen versteht der nebenberufliche Parlamentsprolet Dan Kersch so gar keinen Spaß.
Skandal, der Journalist hat sich verzählt! So einem „von Unwissenheit strotzenden“ Leitartikler (Zitat Erdodan) muss ein ehemaliger Arbeitsminister und Karl-Marx-Amateur denn sogleich eine Lektion erteilen. In Form einer E-Mail, die er nicht nur verschickte, sondern als Facebookpost recycelte.
Denn wer wusste es nicht, dass Dan Kersch persönlich, die Urgestalt aller Arbeiter ist, hat er doch 1980 bis 1986 als „ungelernter Gleisbauarbeiter“ geschuftet. Und zwar so richtig mit waschechtem „Meeschter“ und richtigen Vor-Arbeitern, als Teil einer „Rotte“.
Wir halten fest: Die Arbeiter sind gar keine aussterbende Zunft, auf den LSAP-Wahllisten gibt es nämlich zwei (!) davon. Dass der Journalist auch das S von Sozialismus in Spezialeinsatzkommando umtaufte, störte Danger Dan offenbar nicht. Immerhin verkennt der frühere Vizepremier der Volksrepublik Luxemburg noch nicht vollständig die Realität.
Fine Wining muss warten
Während die einen auf Harleys posieren, müssen die anderen arbeiten. Für einen gewissen Franco di Montalcino ist jedenfalls Nachsitzen angesagt. Franz Fayot will diesen Sommer wohl unter Beweis stellen, dass er neben Fine Wining auch noch andere Talente hat: Pressekonferenzen abhalten beispielsweise. Manchmal tut er das sogar als Minister und nicht nur als regierungskritischer Co-Denker.
Schwamm drüber, wenn sich im Sommerloch keine Themen finden. Mit etwas Kreativität kann man die Presse schon ködern. Diese Woche im Angebot: Wirtschaftsminister Fayot redet über „Green Shipping“. Kooperationsminister Franz Fayot lädt zur Pressekonferenz zum Thema „Action Humanitaire“. Einen großen Vorteil haben die Bilanzpressekonferenzen aber: Solange Franz Fayot zu Hause beschäftigt ist und nicht das Spesenkonto überzieht, ist Luxemburgs Triple A nicht in Gefahr.
Der schickste Minister, seit es anrasierte Seitenscheitel gibt, darf dann doch manchmal sein Büro verlassen, um (als Wirtschaftsminister) die hiesigen Betriebe zu besuchen. So sah man den LSAP-Politiker mit Helm und Anzug im neuen Post-Elektrowagen namens „Paxster“ herumdüsen. Oder wollte er lediglich der Retrospect-Redaktion seine neuesten Spesen-Dossiers vorbeibringen? „Helmet on and off we go“, kommentiert Fayot auf Instagram. Sicherheit geht schließlich vor.
Prost Feierowend
Wollten Sie schon immer einmal wissen, was Yves Cruchten zu Hause so treibt? Nein, wir auch nicht. Die LSAP zeigt es uns trotzdem. Im „Doheem mam Yves Cruchten“ lernt man diesen – ganz authentisch und ungestellt – von seiner „privaten Seite“ kennen. Was Cruchten seinen Wählern schon immer mal zeigen wollte? „Ech fueren Autoscourse.“ Natürlich nicht in der Leudelinger Industriezone, sondern ganz brav vor dem Fernseher. „Ech sinn esou gutt wéi gewonnen [sic!]“, sagt der junggebliebene Fraktionschef mit einem schelmischen Grinsen.
Für die LSAP-Crew unterbricht er sogar sein Winning Game auf der Playstation. Einmal kurz mit dem Joystick rumfuchteln, als würde man tatsächlich spielen und schon geht es weiter in die Hochglanzküche. Dort legt er dann aus irgendeinem Grund ein Stück rohes Fleisch aufs Schneidebrett und trocknet seine Hände ab. Inwiefern ihn das für die anstehenden Wahlen qualifiziert, verrät er leider nicht.
Obwohl: Mehr Arbeiter als bei „zwee Wuppen“ und einer kühlen Flasche Bofferding geht bekanntlich bei der LSAP nicht mehr. In diesem Sinne: „Prost Feierowend“.