Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: Minister außer Rand und Band oder oder wat och ëmmer.
Es wird ein anstrengendes Jahr. Überall ist Wahlkampf. Nur dort, wo Politik stattfinden sollte, ist gähnende Leere. Im Parlament gönnt man sich eine weitere Woche Ferien – mehr als eine Sitzungswoche pro Monat ist ja auch super anstrengend. Wir haben aber vollstes Verständnis dafür: Mit einem Kater von der „Cavalcade“ lassen sich die – ähm – geschliffenen Reden kaum ertragen.
Allerdings wollen wir dann auch im Juli keine Klagen hören, wenn die „Chamber“ bei 40 Grad im Schatten 24 Stunden am Stück tagt, weil natürlich niemand nach dem 15. Juli arbeiten kann – also rein physisch. Manche Minister werden wohl mit einer geschmälerten Bilanz in die Wahlen gehen müssen. Aber die „Fuesvakanz“ ist den Luxemburgern eben heilig.
Die „Mañana, mañana“-Mentalität bricht aber trotzdem ein wenig durch. Sogar bei der grünen Fraktionschefin Josée Lorsché. Jungen Familien mit einem Immobilienkredit mit variablem Zinssatz möchten Déi Gréng mit einem Steuerkredit „oder wat och ëmmer“ helfen, sagte sie „RTL“. Die Zinsen steigen ja auch erst seit einem knappen Jahr …. so schnell kann ja niemand reagieren. Und die frühere Lehrerin sagte dem kleinen Heng auch „oder wat och ëmmer“, wenn der mal wieder behauptete, 2 plus 2 mache 5.
Die wahren Opfer
Der große Heng stört sich auch nicht daran, dass alle ihm sagen, dass seine „Lösungen“ falsch sind. „Henri Kox demeure d’un optimisme à toute épreuve“, schreiben die verständnisvollen Kollegen von „Paperjam“. „Where the f*** is Henri Kox?“, pöbeln dagegen Déi Lénk. Der Wohnungsbauminister behauptet noch immer, dass es in Luxemburg „exzessiv niedrige“ Mieten geben könnte. Irgendwie haben wir da in der „Eco“ was verpasst. Aber mit der richtigen Einstellung gibt es eben keine falschen Antworten. #Attitude
Niemand denkt dagegen an die armen Investoren – außer sie selbst in ihren Lamentos natürlich. Wer soll in Zukunft die Jachten-Firmen der Giorgettis oder die Fußballclubs des Flavio Becca finanzieren? Steuervorteile sind ein gottgegebenes Recht für Reiche – nicht, dass sie tatsächlich auch mehr Steuern als eine Krankenschwester zahlen. So weit darf es bei bestem Willen nicht kommen.
Denn sie haben schon genügend Sorgen: kein Schnee im geliebten Ski-Resort, Dürre beim Zweithaus in Frankreich. Gott sei Dank steht Knokke noch. Aber die Grünen wollen ihnen auch noch das Zweit- und Dritt-Auto durch einen Carsharing-Wagen ersetzen! Haben Sie je einen Bentley im Carsharing gesehen? Eben.
Karneval geht vor
Aber, wie gesagt: Es ist zwar Inflations-, Wohnungs-, Energie- und Klima-Krise und nebenbei Krieg in Europa, doch auch Politiker haben sich eine Pause verdient. Auf der Diekircher „Cavalcade“ ließen sie alle Hemmungen fallen. Der „erste Bürger des Landes“ und Dauergast auf jedem Dorffest Fernand Etgen feierte im lässigen „DP go“-Leibchen mit Jägermeisterfläschchen in der Hand. Nichts vermittelt mehr Bürgernähe. #FeelTheFern
König Xav war auch dabei. Der beste politische Büttenredner, seit es Luxemburger Langzeitpremiers gibt, hatte nur sein Kostüm vergessen. Dafür fuhr er aber mit Ferni auf dem Wagen der „Daltons“ mit. „Better Call Bettel“ war wohl das Motto. Und der Premier machte natürlich Selfies, sehr viele Selfies … Wenn die Lieblingskollegin Sanna Marin wieder nur an Arbeit denkt, muss Xav eben mit anderen vorliebnehmen. Dabei machte Sanna selbst mit Markus Söder ein Selfie. #Sad
Warnung: die folgenden Bilder könnten Sie verstören!
Wollte Claude Haagen als Paulette durchgehen und auch mal sympathisch und kompetent wirken? Oder ist das nur der normale Ausgehlook des Ministers? Es kann natürlich auch sein, dass er sich einfach nur von den frechen Fragen eines gewissen Onlinemagazins „Revolver.lu“ erholen musste. Man weiß es nicht, wie Paulette sagen würde.
Die „Merde“ der anderen
Neben Paulette fehlte auch Corinne auf der Kavalkade. Sie ist zu beschäftigt, Ministerin zu bleiben oder E-Bike-fahrend Bürgermeisterin zu werden. Und weil sie am Ende vielleicht weder noch sein könnte, bereitet sie bereits ihr politisches Erbe vor. Wie wird sie in Erinnerung bleiben? „Wir haben die Welt weitergebracht“, sagt Corinne über Corinne im Interview mit dem „Luxemburger Wort“. Gut, die Probleme der Zugezogenen sind Wohnen, Schule und Arbeit. Dafür ist Corinne leider, leider nicht zuständig. #WatWëllsDeMaachen
Eins muss man ihr aber lassen: 2018 die Immigration Jean Asselborn aufzuschwatzen, das war eine weise Entscheidung. Corinne kann weiter Sonntagsreden halten und ist für kaputte Toiletten und Schikane in Flüchtlingseinrichtungen gar nicht zuständig. Aber wer weiß: Wenn die Ukrainer eines Tages „Moien“ sagen, dann werden ihre Toiletten vielleicht auch geputzt.
Jang hat damit natürlich auch nichts zu tun. Er ist schließlich Außenminister und tut so, als ob er die Welt rettet. Wie der Titel sagt, ist er für das rhetorische „Merde alors“ im Ausland zuständig, nicht für die wirkliche „Merde“ im Inland. Ist doch logisch. Die drakonischen Gesetze zu Abschiebungen schreibt auch jemand anders. Jang ist nie im Ministerrat, er kann also rein gar nichts damit zu tun haben!
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