Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Sommer, Sonne und Deontologie.

Na, wo drückt denn nun der Schuh? Während ganz Luxemburg diese Woche tropische Temperaturen aushalten musste, kochten auch die politischen Gemüter etwas höher. Da begab sich die CSV ganz froh und volksnah auf ihre „Nolauschtertour 2019“ und fragte die Bürger des Landes: „Wou dréckt de Schung?“ Und da kommt doch einfach eine Ministerin am CSV-Stand vorbei, drängelt sich durch die christlich-sozialen Zuhörer und stiehlt ihnen doch glatt die Show.

„Kaaft är Schong bei Chaussures Léon sàrl, dann drécken se net“ so der kecke Spruch, den Corinne Cahen auf Instagram mitsamt einem Selfie postete. Fans der Ministerin fanden es lustig, alle anderen sind Spaßbremsen. So sah es auch die Comedy-Beauftragte der Regierung selbst. „Net emol Humor hutt der. Schued. Schéi Vakanz!“, antwortete Cahen auf einen entsprechenden CSV-Post auf Facebook. Ihre Kritiker riefen dagegen einen glatten Skandal aus. Oder wie es „RTL.lu“ treffend auf den Punkt brachte: „Summerlach oder géint Deontologie verstouss?“

Screenshot: Instagram/Facebook

An dieser Stelle sind einige Dinge klar zu stellen: Ja, die CSV regt sich in letzter Zeit öfters über die blau-rot-grüne Skandalregierung auf. Ja, die Ministerin ist faktisch immer noch alleinige Teilhaberin in jenem traditionellen Schuhgeschäft, in dem sie vor ihrer politischen Blitzkarriere als Gérante arbeitete. Ja, es ist auch nicht das erste Mal, dass sie als Ministerin Werbung für ihr Geschäft macht. Und ja, es ist der Ministerin völlig egal, was man darüber denkt. Und überhaupt: „Schéi Vakanz!“

Guy Kaiser vs. Jean-Claude Franck

Apropos Skandalregierung: Wenn es einen Schreiberling gibt, der sich zum Ziel gesetzt hat, die unzähligen Skandale von „Gambia“ ans Licht zu bringen, dann ist es Guy Kaiser. In seiner Rente hat der Ex-Chefredakteur von „RTL Radio“ mittlerweile viel Zeit, um die Regierung mit seinen messerscharfen meta-investigativen Blogeinträgen vor sich her zu treiben.

Doch die Art und Weise, wie Kaiser hier vorgeht, gefällt längst nicht jedem. So kritisierte etwa der Chefredakteur von „Radio 100,7“, Jean-Claude Franck, in einer Chronik das Modell von Guy Kaisers Blog. Kaiser schreibe in „enger räisseresch Manéier“, wolle „mat Hallefwourechte Stëmmung“ machen. Seine Beiträge würden auf „Spekulatiounen an dubiéise Quellen“ basieren, so Franck. Und ohnehin habe Kaiser längst jegliche journalistische Glaubwürdigkeit verloren, weil er „um Héichpunkt vun der SREL-Affaire dem fréiere Justizminister Luc Frieden virun zimlech genee sechs Joer anengem Interview Bonne Chance fir e Mësstrauensvote an der Chamber gewënscht huet“.

In der Tat: Guy Kaiser ist kein Kind von Traurigkeit, sondern eher ein Freund der deftigen journalistischen Hausmannskost. Seine politische Sympathie und Nähe zu den ehemals Mächtigen hat er zudem nie verleugnet. Auf seinem Blog wirbt er für seine Integrität etwa mit drei Fotos, auf denen er mit Ex-Premier Jean-Claude Juncker zu sehen ist. Sein Selbstverständnis formuliert der pensionierte Journalist, der nicht so richtig loslassen will, folgendermaßen: „Ech verspriechen, Ierch regelméisseg ze fidderen, a wuel och heiando op de Su ze goen.“

Screenshot: guykaiser.lu

Alle Vorwürfe gegen ihn seien absurd, so Kaiser diese Woche in seiner Replik an Franck. Der Chef von „Radio 100,7“ sei nur neidisch, weil er, der Ex-Chef von „RTL Radio“, bessere Infos und Quellen habe, schreibt Kaiser. „Fir e Journalist, e Fiasko!“ Wir geben zu: Das ganze mutet ein Bisschen wie eine Streiterei auf dem Pausenhof der Grundschule an: „Meine Quellen sind viel besser als deine…“ „Ja gar nicht wahr, meine sind viel besser und du bist voll blöd!“

Um seinem „Chefredakter“-Konkurrenten den sprichwörtlichen Todesstoß zu versetzen, publiziert Kaiser übrigens eine SMS, die ihm sein regelmäßiger Gastautor, ein gewisser Gaston Vogel, geschickt hatte. Wir verzichten an dieser Stelle aus Gründen der akuten Irrelevanz auf deren Inhalt.

Worum es bei dem ungewöhnlichen „Chefredakter-Beef“ aber wirklich geht: purer Neid. Niemand sei überraschter über den wahnsinnigen Erfolg seines Blogs als er selbst, schreibt Kaiser über Kaiser. Sein Blog sei aber lediglich als Beitrag zu mehr Diskussion in der Gesellschaft gedacht, so Kaiser in voller Bescheidenheit. Also nicht als „Räibergeschichten“, sondern als „e Stéckelchen Demokratie“. Und gegen ein bisschen mehr Demokratie kann ja nun wirklich niemand etwas haben. Sogar wenn sie ab und an „op de Su geet“.

Suivez le guide!

Viel entspannter waren die Tage bei Xavier Bettel. Er durfte diese Woche nicht nur Premier spielen, sondern auch mal in die Rolle des Reiseführers schlüpfen. Euphorisch wie eh und je („Bonjoooouuur! Wéi geet et?“) begrüßte er eine Touristengruppe vor dem Staatsministerium und zeigte ihr seine Lieblingsplätze in der Hauptstadt. Bettel hat nämlich ganz freiwillig und auch ohne jegliche Hintergedanken an der Initiative „Guide fir een Dag“ teilgenommen. Dass er dabei von Journalisten und Kameras begleitet werden würde, konnte ja beileibe niemand wissen.

Screenshot: Xavier Bettel/Twitter

Ministerium, Breedewee, Corniche – die Tourgäste sind dank Premier und seinem Bodyguard an ganz besonders exklusive und super-geheime Plätze gekommen. So ganz nebenbei konnte Bettel dann auch von seinen Treffen mit Emmanuel Macron und Donald Trump erzählen (Achtung: Name dropping!). Aber so begeistert wie er selbst war dann wohl doch niemand von der Besichtigung: „Schauen Sie sich das an! Ist das nicht schön? Ich finde es super“, sagte der Staatsminister – und nahm gleich eine Teilnehmerin der Tour in den Arm, um mit ihr die Aussicht zu genießen.

Melancholische Naschkatzen

Ziemlich schön und super kommt auch die Sommer-Interview-Serie des „Journal“ daher. Die „18 Fragen“, die die Redaktion der Tageszeitung an Politiker verschickt, haben es in sich. Von „Wohin fahren Sie in Urlaub“ über „Welche Bücher planen Sie, im Urlaub zu lesen?“ bis zu „Ihre Lieblingsbeschäftigung?“ ist alles dabei.

Letztere Frage beantwortete Djuna „Djunior“ Bernard übrigens mit: „Schlafen mag ich schon ganz gerne.“ Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte: Sissi. Ihr Hauptcharakterzug? Emphatisch. Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Belustigt.

Da scheint „Djunior“ definitiv etwas mit dem Foto-Zeilen-Autor des „Journal“ gemeinsam zu haben. Ein Bild, auf dem Djuna Bernard mit einem Eisbecher posiert, beschriftete dieser jedenfalls emphatisch mit dem super-lustigen Satz: „Djuna Bernard ist eine richtige Naschkatze.“

Screenshot: Journal.lu

Nicht ganz so schlüpfrig fielen dagegen die Antworten von Claude Wiseler aus. Der Nahezu-Premier der CSV ließ sich jedenfalls auch von der lüsternen „Journal“-Redaktion nicht aus seiner berüchtigten Ruhe bringen. Im Vergleich zur neuen Grünen-Abgeordneten wirken Wiselers Antworten denn auch eher erwachsen, nüchtern, akademisch, ja manchmal sogar etwas melancholisch: „Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?“ Wiseler: „Eine anzustrebende, aber nicht erreichbare Illusion. Ich schätze mich glücklich und bin dankbar dafür.“

Wiselers größter Fehler ist laut Wiseler übrigens, dass er seiner eigenen Spontaneität misstraut. Und sein größtes Unglück: „Verantwortlich für das Unglück anderer zu sein.“ Bei allem christlich-sozialen Tiefgang braucht man sich aber keine Sorgen zu machen. Denn der bei den letzten Wahlen unterlegene und seitdem freiwillig in die zweite Reihe gerückte Spitzenkandidat hat noch lange nicht fertig. Seine Lieblingsgestalt der Geschichte ist nämlich nicht Sissi, sondern „Winston Churchill, weil er nie aufgab“. Ob der 59-Jährige Großvater auch eine richtige Naschkatze ist, lässt das liberal-frivole „Journal“ hingegen leider offen.