Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Ein langes Referat und mächtig „Beef“ nach der politischen Rentrée.
Die Schulklasse namens „Chamber“ hat kurz nach der Rentrée bereits ein ausgewachsenes Mobbing-Problem. Diese Woche musste Xav einen längeren Vortrag halten. Und wie in den vergangenen Jahren hatte er mal wieder keine Lust und war laut einigen Beteiligten auch nur mittelmäßig vorbereitet.
Die Kritik der Kollegen war aber ziemlich fies: Xav habe bei Wikipedia abgeschrieben, sagte Sven. „Lamentabel“, sagte Gast. „Eine Frechheit“, meinte Marc. „T’ass mer net einfach gefall nozelauschteren an ech war frou, wéi et eriwwer war“, kritisierte Frank (der gar nicht in der Klasse ist). Nur die nette Josée und der leicht zu begeisternde Eugène fanden das Referat ihres Mitschülers ganz dufte – aber das sagen sie seit Jahren bei fast jeder Rede.
Fern verliert die Kontrolle
Am nächsten Tag hatte Klassensprecher Fern alle Mühe, die Ordnung aufrechtzuerhalten – er war mal wieder „Präsident“. Fernand K. – ein wenig beliebter Außenseiter der Klasse – schlug über die Stränge. Er hielt einen Vortrag über Migration und Kriminalität. Jang, der von vielen beneidete Liebling der Klasse, sei viel zu nett mit Flüchtlingen, kritisierte Fernand. Jang sei sogar ein „Schutzpatron der Menschenschleuser“.
Doch Jang war wie üblich gar nicht da, sondern auf Austauschreise in einem fernen Land. Seine Freunde wurden aber richtig wütend und wollten den Saal verlassen – eine neue Mode in der „Chamber“. Schließlich hatte Fern die Klassenregeln endlich durchgelesen und etwas Interessantes gefunden: „Hah“, sagte er, „im Artikel 36 steht, ich kann eine Verwarnung aussprechen. Und die ist jetzt fällig“, sagte er dem Fernand. „Mir doch egal“, antwortete dieser. „Ich nehme das zur Kenntnis, und fahre fort.“ Fern sagte dann eine ganze Weile lang gar nichts mehr.
Der nächste Tag begann deutlich interessanter, aber wieder gab es Streit. Claude aka „Tuerm“ erklärte anschaulich am Beispiel von Crémant, wie Datenzentren gekühlt werden. Das weckte natürlich das Interesse der „Chamber“, sogar der Hinterbänkler, deren Namen sich fast niemand merken kann. Plötzlich wollten alle mitreden, aber Fern war wieder überfordert.
Das passte dem großen Alex nicht: „Ich will, dass respektiert wird, wer das Wort fragt, sonst brauchen wir keinen Präsidenten. Dieser Meinung bin ich seit längerem“, sagte er beleidigt. Der Rest der Klasse raunte. Es ist aber kein Geheimnis, dass Alex, und manch anderer hier, sich lieber wieder den lustigen Mars als Klassensprecher gewünscht hätten.
Lauschtert mol, „Madamm“!!
Dann war Michi dran. Der launische Oberstreber brauchte für seinen Vortrag eine ganze Stunde und hatte einen dicken, weißen Ordner dabei. Sonst wurde Michi immer ausfallend, schrie mit erhobenem Zeigefinger in der Klasse herum und beleidigte jeden, der ihm widersprach. Heute war er aber ganz ruhig, ja fast schon sachlich. Total uncool fand eine knappe Mehrheit der Klasse. Nur Michis Freunde waren begeistert. Dabei war er gar nicht lieb mit Carole, die er dauernd nur „Madamm“ nannte und aus der Klasse ausschließen wollte. Das fand sogar die nette Josée nicht mehr toll.
So ziemlich alle waren bald böse miteinander. Das nutzte der linke David gleich am Anfang seines Exposés zu einem ehrlichen Eingeständnis. Er habe ein ganz schlechtes Gewissen, wenn er hört, wie sehr sich die anderen Schüler vorbereitet hätten. Er selbst habe die Hausaufgaben komplett verpennt. „Ich weiß gar nicht, was ich euch in den nächsten 15 Minuten erzählen soll. Sonst bekomme ich immer nur zwei Minuten für meinen Vortrag“, meinte er. Ihm hörte trotzdem niemand zu – wie sonst auch.
Die Moral von der Geschichte: Fern bleibt wohl „Präsident“. Carole darf auch vorerst bleiben, sagte Xav. Wobei Carole doch Glück hatte, dass sie von Michi und den anderen Messdienern der Klasse angeklagt wurde. Hätte nämlich der vorlaute, stets als Pirat verkleidete Marc etwas zu sagen, dann müsste sich Carole ganz warm anziehen.
Denn, so zwitscherte Marc nach der Schule auf dem Hof: Sollte sich herausstellen, dass es von Carole für den längst suspendierten Roberto „Favoritismus“ gegeben habe, dann … Also, wenn sich bestätigen sollte, dass Carole gegen das Gesetz verstoßen hat, dann … Also, wenn wirklich alles stimmt, was Oberstreber Michi der Carole vorwarf, dann … Ja dann, droht ihr die absolute Höchststrafe, denn dann muss sich Carole … „entschuldigen“!
