Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer freitags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Warnende Christsoziale und aufdringliche Piraten.

Mitte August: mehr Sommerloch geht nicht. Das ganze Land befindet sich im Standby-Modus, naja fast das ganze Land. Denn die CSV ist noch da und beglückte die ausharrenden Politik-Journalisten mit dem zweiten Teil ihres Wahlprogramms. Dieses Mal ging es um die Konzepte der konservativen Volkspartei in der Bildungs-, Mobilitäts- und Europapolitik.

Die drei Themen lassen sich zusammenfassen mit: 1. Weniger, aber dafür wirksamere Reformen des Schulsystems (Martine Hansen). 2. Mehr, und zwar wirklich mehr Straßen, aber auch mehr Tramstrecken und Fahrradwege (Claude Wiseler). 3. Die Situation in Europa ist ziemlich verfahren und generell alles nicht so einfach (Marc Spautz).

Aufhorchen ließ bei der Pressekonferenz abermals, dass es für die Christsozialen bei diesen Wahlen um alles geht. So schrieb das „Luxemburger Wort“, das laut ihrem Verwaltungsratschef Luc Frieden (CSV) in einer „kritischen, aber freundschaftlichen Distanz“ zur CSV steht: „Generalsekretär Laurent Zeimet wies gleich zu Beginn darauf hin, dass das ‚Schreckgespenst‘ einer Fortsetzung der Gambia-Koalition nach wie vor real sei und dass nur mit der CSV und Spitzenkandidat Claude Wiseler ein Regierungswechsel herbeigeführt werden könne.“

Zeimet, unter Insidern auch Sherlock Holmes genannt, hat natürlich Recht. Das „Schreckgespenst“ ist nach wie vor real. So real, dass es seit mittlerweile fünf Jahren an der Macht ist und nicht ausschließt, auch nach den kommenden Wahlen bei einer entsprechenden Mehrheit im Parlament weiter herumzugeistern. Das ganze ist ziemlich unerhört. Höchste Zeit, dass die Wähler vor dieser spektakulären Perspektive einer wiedergewählten Regierungskoalition gewarnt werden.

Bürgernähe einmal anders

Unerhört mutet für manche Beobachter und Konkurrenten auch der Wahlkampf der Luxemburger Piratenpartei an – ja, die gibt es noch und tritt mit Hilfe der PID – ja, auch die gibt es noch – bei den Wahlen im Oktober mit Listen in allen vier Bezirken an. Nicht zum ersten Mal sorgen die Methoden der Piraten aber für Diskussionen in den sozialen Netzwerken. Mal geht es wie im letzten Gemeindewahlkampf um eine unheilige Allianz mit einer in der politisch korrekten Öffentlichkeit verpönten Boulevardzeitung, mal um penetrante Wahlwerbung mit skandalträchtigen Fotos von Tiermissbrauch.

Jedes, also auch dieses Mal geht es um einen bestimmten Kandidaten namens Daniel Frères. Der Immobilienmakler und selbsternannte „Kandidat der Tiere“ tritt für die Piraten im Osten an und ist dabei offensichtlich weiter auf der Suche nach originellen Wahlkampfmethoden. In einem gesponserten Beitrag auf Facebook posiert der Kandidat auf einem Bild mit einer Rentnerin. Der Grund: Die Piraten sind „unterwegs“ in den Altenheimen, um mit den Leuten vor Ort über deren Sorgen zu sprechen. Diese Form der radikalen Bürgernähe scheint jedoch nicht jedem zu gefallen.


Eine Partei, die als frischer, unkonventioneller Haufen von Bloggern, Informatikern und sonstigen Geeks mit ernsthaften Anliegen wie Bürgerrechten oder Informationsfreiheit startete, versucht sich also mittlerweile im Altenheim-Nahwahlkampf. Dabei probt sie schon länger den protopopulistischen Diskurs einer politischen Kraft, die sich anders als alle anderen der wirklichen „Sorgen der Bürger“ annimmt.

Diese neue Aufdringlichkeit muss in der Tat nicht jedem gefallen. Andererseits wird sich eben erst bei den kommenden Wahlen zeigen, ob die Strategie aufgeht und nebenbei auch, ob die originellen Methoden der Piraten dieses Mal womöglich nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks, sondern auch die Grenzen des Gesetzes überschritten haben. Oder wie es LSAP-Fraktionschef Alex Bodry ausdrücken würde: „A méditer…“