Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt unsere Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: ein bisschen Frieden und ganz viel Freiheit.
Luc Frieden beim Burger-Essen, Luc Frieden beim Schmökern in Comics, Luc Frieden auf der Foire Agricole: Der nahbarste CSV-Spitzenkandidat, seit es Premier-Aspiranten gibt, ist voll im Wahlkampf angekommen. Oder wie er es sagen würde: „an der Mëtten vun der Gesellschaft“. Dabei kommt er in den sozialen Medien so souverän, sympathisch und authentisch rüber, dass es selbst Insta-Queen Taina Bofferding vor Neid erblassen lässt.
Mit Luc Frieden weht halt einfach ein „frischer Wind“ durch den verstaubten Politikbetrieb, wie dem Youtube-Podcast „Gëlle Fro“ zu entnehmen ist. Dort gab sich #Luc auch gewohnt jugendlich locker und verriet unter anderem, dass er als Kind Müllmann werden wollte und dass er nie geraucht oder gekifft und nur einmal an einer Sisha-Pfeife gezogen habe. Diese wilden Jahre ließ er aber dann bekanntlich hinter sich und machte sich auf, um zwar nicht Müllmann, dafür aber Luxemburgs ewiger Dauphin zu werden.
Der neue #Luc
Das war jedoch der alte Frieden, der neue Luc ist bekanntlich ein ganz anderer. Ein lockerer, dessen Lockerheit sich auch auf seinen Politikstil überträgt. Sparen und Austerität war gestern, heute heißt die Maxime: weniger Steuern für alle. Wie auch immer das gehen soll. Doch das wird der schlaue Luc uns schon erklären, wenn er erst einmal ins Staatsministerium eingezogen ist. Vielleicht kann er uns dann auch sagen, wie er das mit den Steuern umsetzen will. Oder das Klima retten, das ihm ebenfalls ganz doll am Herzen liegt, wie sein Beichtvater Paul Galles im „RTL Kloertext“ verriet.

Und wer weiß, der alte Frieden hat vielleicht nie gekifft, der neue Luc ist aber bekanntlich lockerer. Unbestätigten Gerüchten zufolge hat er in seinem Spitzenkandidaten-Büro – mit ausuferndem Schreibtisch, wie es sich für CSV-Politiker gehört – bereits zwei Cannabis-Pflanzen stehen, die er behutsam hegt und pflegt. Gesetzlich erlaubt sind bekanntlich seit diesem Freitag vier Pflanzen. Aber dafür ist der neue Luc immer noch zu viel der alte Frieden.
„Et muss ee jo net ëmmer Sue ginn“
Apropos Müllmann. Da scheint unter angehenden Politikern ein beliebter Berufswunsch zu sein. Bekanntlich hatte auch Corinne Cahen einst den Wunsch gehegt, die erste Frau bei der hauptstädtischen Müllabfuhr zu werden. Daraus wurde erwiesenermaßen nichts, nun wurde sie aber zumindest in den Gemeinderat eben jener Stadt gewählt. Dort sitzt sie künftig als Sozialschöffin neben Iron Lydie – und das kann sie gut.
„Ech gi mech jo ganz oft niewent Leit sëtzen“, erklärte Corinne nun nochmals bei „Radio 100,7“. Und wenn sie neben den Leuten sitze und ihnen zuhöre, dann merke sie, dass die Menschen ihnen immer viel Geld geben würden. Nein, nicht dem Schöffenrat, wo denken Sie hin, Corinne sprach selbstverständlich von Bettlern und führte noch einmal ihr Verständnis von liberaler Sozialpolitik aus: „Et muss een hinnen jo net ëmmer Sue ginn. Et kann een si jo mol froen, wat si brauchen an hinnen dann e klenge Sandwich siche goen.“ #weisegëllt
Mit Sozialem kennt sich die Ex-Ministerin halt aus. Oder die zwischenzeitliche Ex-Ministerin und mögliche bald wieder Ministerin? Man soll halt nie etwas kategorisch ausschließen, erklärte die Fast-Bürgermeisterin auf Nachfrage. Jetzt wolle sie sich aber erst einmal auf ihre Schöffenaufgabe konzentrieren und natürlich bei den Parlamentswahlen antreten – Doppelmandat oblige.
Freiheit für Roy
Ins Parlament will auch wieder Roy Reding. Doch ist der ehemalige ADR-Vorzeige-Politiker so bescheiden, dass er das nicht als Selbstläufer sieht: „Dann wäre ich ein Idiot, wenn ich mir darüber sicher wäre“, antwortete der grundehrliche Roy bei „Radio 100,7“ auf die Frage, ob er sich einer Wiederwahl gewiss sei. Doch der gute Roy ist motiviert und fast schon überschwänglich – befreit von den „völkischen“ Altlasten seiner Ex-Partei.
Roy Reding fühlt sich offensichtlich geliebt. Zumindest war das sein Status auf Facebook, als er die „iwwergrouss Freed“ hatte, mitzuteilen, dass er mit einer eigenen Bewegung bei den Nationalwahlen antritt. Die Betonung liegt auf Bewegung. Denn wie der eifrigste Abgeordnete, der je für die ADR – nicht – die Oppositionsbank drückte, unterstrich: „Mir si keng Partei, mir sinn eng Beweegung aus dem Vollek, fir d’Vollek“. Das ist nur konsequent, hatte der geschasste Zentrumskandidat doch erst kürzlich erklärt: „Ech si kee Politiker“.
Kein Politiker, keine Partei, dafür ganz viel Freiheit bei der Namensgebung. Nachdem er seine Ein-Mann-„Sensibilité politique“ im Parlament „Liberté Chérie“ getauft hatte, soll seine Bewegung für die Wahlen den Namen „Liberté – Fräiheet!“ (mit Ausrufezeichen) tragen. Mögliche Verwechslungen mit irgendwelchen Corona-Schwurbler-Listen sind dabei natürlich rein zufälliger Natur. Denn damit hat der impfresistente Südafrika-Fan, der einst von dort eine sanfte Omikron-Variante mit nach Hause bringen wollte, aber auch gar nichts am (Alu-)Hut. Freiheit für alle – das ist vielmehr seine Devise. Denn Luxemburg sei erwiesenermaßen eine „Natioun vu Prisonéier“, befand der in zweiter Instanz von Haft freigesprochene Geschäftsmann.
Wo ein Wille, da ein Wahlbezirk
Seine Bewegung scheint auf jeden Fall Fahrt aufzunehmen. Die Kandidatenliste für den Nordbezirk sei schon komplett, frohlockte der smarte Roy auf Facebook. Für alle enttäuschten Öslinger hatte er aber auch gleich einen Tipp parat: „Vergiesst net, et kann een och an engem Bezierk kandidéieren, an deem een net wunnt.“ Das soll nämlich auch die ADR ihm vorgeschlagen haben, verriet der prinzipientreue Jurist bei „Radio 100,7“. Eine Kandidatur im Osten, das war dann aber doch nichts für den tiefverwurzelten Lokalpolitiker. Sein Aufruf an den hohen Norden aber hatte Erfolg: Ein paar „Recruen“ aus dem Ösling würden nun in anderen Bezirken kandidieren.
Was die Interpretation des Luxemburger Wahlsystems angeht, sind die ADR und Roy Reding jedenfalls schon auf einer Stufe mit den großen Parteien. Oder fast. Denn die gehen noch einen Schritt weiter: Man kann sogar in einem anderen Wahlbezirk kandidieren als in jenem, in dem man ein kommunales Mandat innehat. Oder wie es Djuna Bernard, Francine Closener oder Fabienne Dimmer formulieren würden: Ob Mamer oder Düdelingen, Zentrum oder Süden, Hauptsache Parlament!
Der Tiger ist los
Hauptsache Sommerloch, dachte sich derweil die Berliner Hauptstadtpresse. Und nichts eignet sich da besser als eine groß angelegte Polizeiaktion wegen eines vermeintlich umherstreunenden Raubtiers. Eine Löwin wollen Anwohner im brandenburgischen Kleinmachnow gesichtet haben. Totaler Quatsch, wusste die Retrospect-Redaktion spätestens seit dem DP-Parteitag. Schließlich war der Streifzug eine Eskapade mit Ansage.
Den Schlüssel zur Lösung des Rätsels lieferte der durchsetzungsstärkste Parlamentspräsident, seit es „Game-Over“-machen gibt. Vollmundig verkündete Fernand Etgen bereits auf dem Parteitag, dass er das Ende der Plenarsitzungen kaum abwarten könne, damit er endlich wieder den Tiger rauslassen könne. Und wo ginge das besser als in der wohl liberalsten Hauptstadt Europas?
Völlig unpassend war dabei nur die dreiste Unterstellung einiger selbst ernannter Tierexperten. Noch am Freitag mutmaßten sie, dass es sich bei dem Tier nicht um einen Löwen, sondern eindeutig um ein Wildschwein handeln müsse. Darauf würde der Rückenverlauf des Tieres eindeutig hinweisen, so die Analyse. Die Retrospect-Redaktion zeigt sich empört über diesen klaren Fall von Bodyshaming und erklärt sich solidarisch mit dem Chamber-Präsidenten. Das hat unser Tiger wirklich nicht verdient.