Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: jede Menge Podcasts und ein Hoch auf den Lobgesang.
Haben Sie sich auch schon immer gefragt, was unsere gewählten Volksvertreter eigentlich so den ganzen Tag lang machen? Die Antwort lautet: ziemlich viel. Neben Reden im Plenum, Ausschusssitzungen und sonstigen Versammlungen kommt für die gestressten Politiker jetzt noch eine weitere Pflichtübung ins Spiel: Podcasts.
Die Kommunikationsberater haben ganze Arbeit geleistet. Seit sich dieses Internet etabliert hat, kommen die externen, gut bezahlten Einflüsterer der Parteien auf immer neue Ideen. Heute sind Podcasts der neue Hit. Denn, wie wir aus langer Erfahrung wissen: Wenn die Bürger Politikern mit Skepsis begegnen, dann hat das nichts mit ihrer Politik zu tun. Nein, es ist ganz allein eine Frage der Kommunikation.
Déi Gréng gehen deshalb in die Offensive und beantworten endgültig die Frage „Wat méchs du dann eigentlech als Deputéierten?“ Das klingt lustig, ist aber total ernst. Und vor allem so richtig ungeschminkt und total authentisch.
Ab dem 15. November, de Bléck hannert d’Kulissen… pic.twitter.com/lXtz7JLaJB
— déi gréng (@deigreng) November 6, 2019
Wir müssen Sie aber leider enttäuschen: Die Antwort auf die Frage kommt im „De Gréngen Toun“ leider nicht vor. Dafür aber eine knallharte Frage von Djuna Bernard: „Änderst du das System oder ändert das System dich?“ Der Hintergrund: Politiker sind anscheinend nicht immer nett zueinander. Gemeint sind natürlich vor allem die CSV-Kollegen, die immer so schlecht über Fränz, Carole, Claude und Sam reden. Dabei sind die grünen Minister total nett, sagen die Grünen.
„Wann et der Entreprise gutt geet…“
Auch die DP erlaubt ab sofort einen Blick „hinter die Kulissen“ und zeigt allen Bürgern, wie ihre Spitzenleute so ticken. In der ersten Folge tauschen DP-Präsidentin Corinne Cahen und OGBL-Generalsekretärin Nora Back bei einer Tasse Kaffee bahnbrechende politische Weisheiten aus. Ein Beispiel: „Wann et der Entreprise gutt geet, da geet et de Leit gutt, a wann et de Leit gutt geet, da geet et natierlech och der Entreprise besser“, sagt Corinne Cahen.
Was sie nicht sagte: Wenn es einer „Entreprise“ nicht so gut geht, dann kann die DP-Ministerin gerne nachhelfen – unter der Voraussetzung, die „Entreprise“ gehört ihr selbst. Aber das Thema ist bestimmt bei der nächsten DP-Kaffispaus dran.
Der liberale Podcast schlug jedenfalls ein wie eine Bombe. Auf Facebook konnten sich die Fans vor Begeisterung gar nicht mehr halten. Nur blöd vielleicht, dass die extrovertiertesten Fans der „Kaffispaus“ selbst DP-Mitglieder, Abgeordnete oder Mitarbeiter in der DP-Fraktion sind – und sich nicht scheuten, den selbst geposteten Podcast-Post auf Facebook zu kommentieren. Doch das gehörte ziemlich sicher zum Aufgabenkatalog des teuren PR-Beraters dazu.
„Ganz flott Format“, meint jedenfalls Max Hahn (DP). „Eng immens interessant Kaffispaus“, findet auch Martine Dieschbourg-Nickels (DP). „Super! Mega interessant, dat gëtt den Owend am Zuch gelauschtert“, schreibt Jeff Feller (DP). Ebenso wie Gigo Lamesch (DP): „Wow! Erfrëschent anescht!“
Wir finden: Diese erfrischenden, radikal selbstkritischen Podcasts sind eine wahre Bereicherung für die politische Kultur im Land. Höchste Zeit also, dass die anderen Parteien mit ähnlich authentischen Ausgaben nachziehen. Und wir hätten da auch schon Ideen für die erste Folge: Der ADR-Podcast „Op Lëtzebuergesch w.e.g.“ mit Fred Keup und Tun Tonnar. Der Piraten-Podcast „Alle in einem Boot“ mit Daniel Frères und Jean Nicolas. Der CSV-Podcast „Op en Apéro“ mit Frank Engel und sich selbst … Wir können es kaum erwarten!
Level playing field, was sonst?
Auch das Aufregerthema der Woche wäre eigentlich ein super Anlass für einen Podcast gewesen: das Pelzverbot. Im Parlament verurteilte Pirat Marc Goergen die grausame Pelzproduktion und wunderte sich, warum seit einer Petition von 2016 nichts in dieser Frage passiert ist. Die Piraten forderten ein gesetzliches Verbot. Doch die anderen Parteien sagten: Nicht so schnell, lieber Neu-Politiker, der bekanntlich auf alle Aufregerthemen springt wie ein Seeräuber auf seine Beute.
Statt einer nationalen Lösung wollen die Koalitionsparteien und die CSV lieber eine europäische. Dass diese nicht so leicht zu machen ist, weiß eigentlich jeder. Auch wir finden: Luxemburg kann und darf sich hier nicht von selbst bewegen. Ein Pelzverbot könnte die Wettbewerbsfähigkeit dieser ehrbaren Großindustrie in Gefahr bringen. Eine europäische Lösung wäre da schon besser, aber noch nicht genug. Ob Steuernischen oder Pelzjacken: Wir brauchen ein weltweites „Level playing field“. Nicht, dass wir unseren Pelz abschaffen und die Cayman Islands nicht. Das wäre einfach nicht fair. Das müssen doch auch die Tiere irgendwann einsehen.
Ohne falsche Bescheidenheit
Ein anderer Teil der großartigen Erfolgsgeschichte Luxemburgs musste diese Woche sehr viel einstecken – völlig zu Unrecht, wie wir finden. Kritik an der Luxemburger Filmindustrie kommt nur von ignoranten, völlig unwissenden Personen, stellen die Produzenten in einem mutigen und brillanten Beitrag im „Lëtzebuerger Land“ fest.
Auch wir sehen es endlich ein: Die Erfolge der Filmindustrie sind unglaublich – nur Frustrierte können das nicht erkennen. Die Luxemburger Filme bringen mehr Geld ein als der „Joker“ (pssst, nicht dem „Film Fund“ sagen) und sind künstlerisch wertvoller als ein koreanischer Nischenfilm. Das beste Beispiel: Die Krimiserie „Capitani“ schauen anscheinend mehr Luxemburger als es Luxemburger über 12 gibt! Der helle Wahnsinn!! Wir verneigen uns an dieser Stelle vor der Genialität dieser so stolzen Luxemburger Self-Made-Industrie.
Die Produzenten machen also das Unmögliche möglich. Sie schaffen „fragile einzigartige Kunstwerke“, die eigentlich jedes einzelne 40 Millionen wert ist. Böse Zungen behaupten, die Filmbosse würden Porsche fahren und hätten Villen in Frankreich. Das sind natürlich Fake News, genau wie jeder andere Pressebericht, der kein einseitiger „Lobgesang“ ist. Wir sagen dagegen: Sie haben zwar keine Luxuskarossen und keine Schlösser, aber mit ihrem künstlerischen und unternehmerischen Genie hätten sie solch kleine Annehmlichkeiten mehr als verdient.
Wir haben diese Woche gelernt: Nur Selbstlob ist ein angemessenes Lob. Ganz ohne falsche Bescheidenheit, wie die Produzenten richtig feststellen. Denn genau das, und nichts anderes, ist das Problem in Luxemburgs Presse, Politik und der gesamten Gesellschaft: Es wird sich nicht genügend selbst gelobt! Damit muss endlich Schluss sein. Es lebe der „Film Fund Luxembourg“, sein weitsichtiger Direktor und der politische Garant unser gesamten Existenz, Maximo Lider Xavier!