Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Die schwierigste aller Entscheidungen und der lustigste Pirat.
In der Politik muss man oft schwierige Entscheidungen treffen. Wie das „Luxemburger Wort“ berichtet, ist es dieses Mal aber eine „besonders schwierige Entscheidung“. Sollen private Partys noch härter bestraft werden? Müssen Restaurants wieder schließen? Wie sieht es mit der Schule aus? Angesichts des Topthemas im August sind das alles nur Nebenschauplätze. Wie das „Wort“ weiß, gibt es nur eine entscheidende Frage: Wo macht man Urlaub?
Steigende Infektionszahlen, schwarze oder rote Listen, Quarantäneregeln. Dem Urlaub des Luxemburgers kann das alles nichts anhaben. „Unbeirrt davon zieht es dennoch auch in diesem Sommer wieder viele für den wohlverdienten Sommerurlaub ins Ausland – darunter auch Politiker“, so das „Wort“. Und falls Sie es schon immer wissen wollten, was Politiker so in den Ferien machen, gibt es von der Tageszeitung auch gleich die passende Antwort.
Sportlich unterwegs
Wussten sie schon, dass nicht nur Jean Asselborn (LSAP) und Henri Kox (Déi Gréng), sondern dieses Jahr auch Paul Galles und Martine Hansen (beide CSV) mit dem Fahrrad unterwegs sind? Spannend! In einem „RTL-Artikel“ – ja das Thema Politikerferien ist für alle Medienhäuser im August von großer Bedeutung- sieht man sogar Sven Clement (Piratepartei) und Fernand Etgen (DP) auf dem Drahtesel – und das ausschließlich in Luxemburg – #VakanzDoheem. Schon erstaunlich, dass bei so viel hochrangiger Zweiradbegeisterung die Radstrecken im Land weiter ausbleiben.
Nur die Gesundheitsministerin durfte noch keinen Urlaub machen, sondern musste gleich zwei Pressekonferenzen an einem Tag abhalten. Paulette Lenert muss mal wieder ran. Aber immerhin, das schlimmste Szenario wurde verhindert: Ja, Luxemburg ist immer noch Risikoland. Aber: „De Jang“ schaffte es auch dieses Jahr auf den Mont Ventoux – er bleibt uns also im Kampf gegen böse, böse Risikoland-Definitionen noch ein weiteres Jahr erhalten.
Klingt hart? Nicht wirklich, denn dieser ultimative Zusammenhang stammt vom ewigen Außenminister selbst: „Ich fühle mich auch noch fit, um weiter das zu machen, was ich jetzt mache. Aber nur wenn ich Fahrrad fahren kann. Sobald ich das nicht mehr kann, dann höre ich auf“, sagte Jean Asselborn einst in einem Interview.
Das Paradox der Politik
Auch Jean-Paul Schaaf musste in den letzten Wochen eine schwierige Entscheidung treffen. Der 55-jährige CSV-Politiker soll bekanntlich zur Verjüngung seiner Partei beitragen, indem er im Oktober für den 65-jährigen Marco Schank im Parlament nachrückt. Bei „Radio 100,7“ erklärt er, warum er gleichzeitig gegen Doppelmandate ist und selbst eins bekleiden wird: „Es wäre ja logisch das Mandat abzulehnen, aber gleichzeitig ist der Platz, wo ein Verbot von Doppelmandaten beschlossen werden kann, das Parlament“, so der Ettelbrücker Bürgermeister. Es ist wie Schrödingers Katze: Solange man nicht nachschaut – oder in diesem Fall abstimmt – kann man gleichzeitig gegen Doppelmandate sein und selbst eins bekleiden.
Mit politisch paradoxen Situationen kennt man sich bei den Grünen auch gut aus. Fraktionschefin Josée Lorsché hat diese Woche erklärt, dass man sowohl für grüne Politik einstehen als auch dem CETA-Abkommen zustimmen kann. Alles kein Problem, denn „in der Politik ist man nicht glaubwürdig, wenn man mit einem weißen Hemd herumläuft – man muss auch mal die Hände in den Dreck stecken“, so die nette (so dachten wir jedenfalls bisher) Josée.
Nach dem neuen Grundsatz von Realo-Lorsché halten wir also fest: So richtig glaubwürdig ist man erst, wenn man als Partei Kompromisse eingeht, die gegen die eigenen Ideale gehen. Unglaubwürdig ist man nur, wenn man zu seinen Idealen steht. Alles klar.
Mimimi-memes
„Somebody is wrong on the Internet“ – das kennen wir alle. Aber der Piraten-Abgeordnete Marc Goergen hat ein neues Aufreger-Genre erfunden: „Somebody is not funny on the Internet.“ Unlustige Witze über seine Person oder auch nur Erwähnungen seiner Verwandschaft – da hagelt es Klagen, berichtete die „Woxx“ exklusiv.
Zwei Memes-Facebookseiten haben Goergen auf dem Kieker: Die seien „net qualitativ lëschteg oder kreativ“. Goergens Hauptunterstützer – sprich Verwandte und Hundewelpen – waren aufgebracht: Denn ein Meme zeigte den Péitenger Politstar mit fettem Joint. „Nimmst du Drogen?“, fragten die besorgten Omis ihren Liebling. Wir sind ebenfalls über soviel dreiste Unlustigkeit schockiert. Goergen könnte seine Follower natürlich über Netzkultur aufklären und seine Partei zur Internetpartei machen. Aber radikale Tierschützer verstehen bekanntlich keinen Spaß.
Das Schlimmste aber: Goergen hatte diese bösartigen Memes-Verbrechen gegen seine Familie und ihn mit messerscharfem Verstand gegenüber der „Woxx“ analysiert. Aber wie immer wurde er falsch zitiert und veröffentlichte deshalb seine etwas langatmige (Gähn!) Antwort auf seiner eigenen Facebook-Seite. Große Gedanken finden eben keinen Platz in schmalen Zeitungsspalten. Zumindest gehört Marc Goergen mittlerweile laut Josée Lorsché zu den glaubwürdigsten Politikern des Landes: Von Idealen weit und breit keine Spur, dafür reichlich unschöne Flecken auf der lila Weste.