Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Ein Besuch des Hulk und Bettel in Bestform.

Wollten Sie schon immer einmal etwas gegen den Klimawandel tun? Also etwas wirklich Sinn- und Wirkungsvolles? Xavier Bettel hat da eine ganz tolle Idee: Müll trennen. Wie der Premier am vergangenen Wochenende im „RTL Background“ mit der bemerkenswerten Einleitung „Das klingt jetzt vielleicht komisch“ erzählte, sei er kürzlich bei Freunden in Frankreich gewesen. Nach dem Essen habe er seine französischen Freunde gefragt: Wo kommt denn jetzt das Papier hin, wohin das Glas, wohin der Restmüll? Die skandalöse Antwort der Gastgeber: Es gibt bei uns nur eine Mülltonne. „Ja, ihr müsst doch aber euren Müll trennen“, sagte Bettel dann laut Bettel. Und da sagten die französischen Freunde: „Nöööeee.“

Er sei mit der Pflicht zur Mülltrennung aufgewachsen, erzählt Bettel weiter. Die Bildung sei dabei enorm wichtig. Was das alles mit einem wirksamen Klimaschutz zu tun hat, erfuhr der Zuhörer leider nicht. Das war zwar die ursprüngliche Frage, aber offenbar nicht die Moral der Geschichte. Die lautete eher… Ja, wissen wir jetzt auch nicht genau. Dass Franzosen unverantwortliche Müllsünder sind? Oder nur Bettels Freunde?

Egal. Es bringe jedenfalls nichts, Dinge zu verbieten, sagt der Premier. Lieber wolle er die Leute zu einem besseren Verhalten anregen: durch Hilfen zur Elektromobilität, Fahrradwege, den Gratis-Transport. Wenn jeder Einzelne seinen Beitrag leiste, komme man viel weiter, als wenn der Staat dauernd Dinge verbieten würde. Auch die Allzweck-Mülltonne ist damit wohl ein verbrieftes Freiheitsrecht.

„Monarchist“ Bettel in Hochform

Und nicht zu vergessen: Luxemburg ist mini-klein und Klimapolitik immer global – „nur, dass mich niemand falsch versteht“, so Bettel. „Wenn wir in Luxemburg allein unsere Ziele erreichen und um uns herum erreicht sie niemand, dann haben wir ein Problem“. Luxemburg müsse also „Global Player“ sein. Was heißt das jetzt konkret für den Tanktourismus bzw. den Verkehr, der in Luxemburg rund zwei Drittel der CO2-Emissionen ausmacht? Dazu gab der Premier leider keine Antwort. Wir raten in jedem Fall: Wenn Sie schon Ihren Diesel nicht verkaufen oder auf das E-Bike umsteigen wollen, denken Sie zumindest an die Mülltrennung. Sicher ist sicher.

Dann gab der Premier, der sich bei dieser Gelegenheit als „Monarchist“ outete, den Zuhörern noch das ultimative, bombensichere Argument für die Beibehaltung der Monarchie mit auf den Weg. „Wenn ich Sie jetzt frage: Wer ist Präsident in Malta? Wer ist Präsident in Estland? Wer ist Präsident in Litauen? Wer ist Präsident in Polen? Etc. Etc. Die meisten Leute wissen es nicht. Wenn ich Sie jetzt aber frage, wer ist König in Spanien? Wer ist Königin in Großbritannien? Das weiß jeder.“ So, Beweisführung abgeschlossen. Unser Tipp zur Bestätigung von Bettels These: Fragen Sie bei Gelegenheit mal Ihre Freunde aus Estland, Litauen oder Malta, ob sie den Namen unseres Staatsoberhauptes kennen.

Mutig, mutiger, Xavier Bettel

Apropos Großherzogtum: Es kommt nicht allzu oft vor, dass Luxemburg auf den Titelseiten von internationalen Medien landet. Dieses Mal hatte es auch nichts mit Steuern oder taumelnden Ex-Premiers zu tun. Nein, es ging um das „Podiumgate“. Oder wie es der Twitteraccount der britischen „Leave EU“-Kampagne so charmant nannte: „Deliberate, underhand tactics from sad prime minister of a nothing country!“

Ob der Eklat geplant war, ob die luxemburgische Seite den britischen Hulk sogar bewusst in einen „Hinterhalt“ gelockt hat, lässt sich auch einige Tage später nicht genau sagen. Es klingt aber so gar nicht nach etwas, was man dem luxemburgischen Protokoll zutrauen würde. Und auch Bettel ist eher für seine spontanen leidenschaftlichen Reden als für seine ausgeklügelten, orchestrierten politischen Manöver bekannt.

Screenshot: Twitter.com

An der Bewertung des Ereignisses scheiden sich jedenfalls die Geister. Eines muss man unserem Premier aber in jedem Fall lassen: Er hat Mut, ja unglaublichen Mut bewiesen. Einem britischen Premier und Brexit-Hardliner einmal so richtig die Leviten zu lesen, dessen Politik kichernd ins Lächerliche zu ziehen und ihn in allen möglichen Formen zu kritisieren – das muss man sich erst einmal trauen. Nun gut, der Adressat der mutigen Kritik war nicht mehr vor Ort. Aber wie jeder weiß: Jemanden zu kritisieren, wenn er vor oder neben einem steht, kann jeder. So richtig mutig wird es, wenn der Kritisierte abwesend ist.

Sven Clement, Erziehungsberechtigter der Nation

Weniger mit Mut als mit Kreativität haben es da die Piraten. Schüler, die am Freitag an der Demo „Youth for Climate“ teilnehmen wollten und keine Entschuldigung von ihren Eltern erhalten, konnten auf die Hilfe von Sven Clement zählen.


Das Bildungsministerium hat allerdings weniger Humor und akzeptierte Clement nicht als Ersatz-Elternteil der halben Schülerschaft: „La seule possibilité légale de déroger à l’obligation d’assister aux cours étant celle d’une demande de dispense motivée formulée par les parents, le ministère et les organisateurs se sont mis d’accord que sur présentation de l’accord écrit des parents (les élèves majeurs peuvent introduire une demande écrite par leurs soins) les absences des élèves désirant participer à la manifestation seront excusées et inscrites comme telles au livre de classe.“

Dass die Entschuldigung des Abgeordneten wohl von keiner Schule als solche akzeptiert wird, ist offensichtlich zweitrangig. Viel wichtiger ist, dass die Piraten sich als hippe, querdenkende Demonstrantenversteher in Szene setzen konnten. Obwohl, wäre es nicht noch viel cooler, wenn man wie ein Pirat auf offener See einfach ohne Entschuldigung demonstrieren geht? Sei es drum. Wir finden: Solange Bettels französische Freunde nicht endlich ihren Müll trennen, sollten die Demos gegen den Klimawandel unbedingt weitergehen.