Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Die Grenzen der Parität und die Rettung der „Sozialisten“.

Ja, wer ist denn heutzutage eigentlich nicht für die Gleichstellung von Mann und Frau? Versteht sich doch von selbst. Besonders für die Männer. Zumindest solange sie selbst nicht von dieser Thematik betroffen sind. Glauben Sie nicht? Dann fragen Sie doch mal Nicolas Schmit (LSAP), was er davon hält, dass in der Europäischen Kommission deutlich weniger Frauen als Männer vertreten sind.

Bei RTL sprach sich der Brüssel-Aspirant natürlich für Parität aus – immerhin ist Parteikollegin Taina Boffering Ministerin für die Gleichstellung von Mann und Frau. „Ich finde das eine sehr richtige Sache“, sagte Schmit in einer Live-Sendung am Montagmorgen. Sehr schön sei auch, dass in Luxemburg drei Frauen und drei Männer ins Europaparlament gewählt worden sind. Luxemburg ist also ein Paradebeispiel der Parität.

War sonst noch was? Ach ja, manche fordern doch tatsächlich, dass auch in der Europäischen Kommission Gleichstellung herrschen soll. Eine Luxemburgerin als neue EU-Kommissarin? Geht dieses Mal leider nicht, denn Schmit will den Posten doch so gerne selbst haben. Sollen doch andere Länder Frauen nominieren. Mit Viviane Reding sei sowieso lange eine Luxemburgerin EU-Kommissarin gewesen, so der Ex-Arbeitsminister.

Also, liebe luxemburgische Frauen, ihr müsst euch mal wieder hinten anstellen. Geht es nach Nicolas Schmit wird es nämlich wieder Zeit für mehr Testosteron in der Kommission.

Apropos Testosteron… (Screenshot: Facebook)

Wahlergebnisse und andere Informationen

Am Sonntagabend konnte man Nicolas Schmits selektiven Sinn für Gleichberechtigung nur erahnen. Je näher die Entscheidung rückte, desto gespannter blickten die Luxemburger auf ihr Smartphone, um ja nicht die erste Push-Meldung zu verpassen. Dann, um 21.53 Uhr war es so weit! RTL pushte die Nachricht, auf die die Welt an diesem besonderen Sonntag wartete: Die neuesten Fotos von der „Päischtcroisière“!

Fast zur gleichen Zeit meldete dagegen das „Wort“ einen ziemlichen Scoop. Rund zwei Stunden vor der Bekanntgabe des offiziellen Resultats, machte die Webseite der größten Tageszeitung des Landes schon vorab mit den Ergebnissen der Europawahl auf. „Wie das ‚Luxemburger Wort‘ aus Parteikreisen erfahren hat…“ – könnte die CSV ein Mandat verlieren, die DP dagegen einen Sitz im Europäischen Parlament zulegen. So weit, so gut.

Jene Leser, die an jenem Abend noch ein bisschen mehr Zeit hatten, sahen dann um Punkt 23.00 Uhr: In der Tat, es kam so, wie es die „Parteikreise“ vorausgesagt hatten. Allerdings waren die Informationen des „Wort“ dann doch nicht zu 100 Prozent korrekt. „Piraten und ADR liegen ungefähr gleichauf bei zehn Prozent“, hieß es lange ohne Konjunktiv auf „wort.lu“. Und: „Den Sozialisten werden Stimmenverluste vorausgesagt.“ Beide Informationen stimmten so nicht ganz, wie es bald aus Kreisen des zentralen Wahlbüros verlautete.

CSV darf zurück zum Angeln an den Weiher

Als die Resultate endlich da waren, begann bei den Parteien die knallharte Wahlanalyse. Nicolas Schmit versuchte, das LSAP-Ergebnis als Sieg zu verkaufen („Wir haben zugelegt“). CSV-Präsident Frank Engel quittierte den Verlust von 16 Prozent der Stimmen mit Schulterzucken und wollte ebenso nichts von einer Niederlage wissen. Glaubte man den Vertretern der ehemaligen Volksparteien, dann hatte die Europawahl in Luxemburg eher was von einem mäßigen Fußballkick. Denn schon Trainerlegende Otto „Rehakles“ Rehagel wusste: Mal verlieren wir, mal gewinnen die anderen…

Obwohl, wenn es nach der CSV geht, dann war es eher wie beim Angeln. Lange warten, selber nicht viel tun, und am Ende geht man oft genug ohne Fang nach Hause. Das Gute an dem zweiten CSV-Debakel innerhalb von etwas mehr als einem halben Jahr: Frank Engel und Felix Eischen werden auch die kommenden vier Jahre viel Zeit zum Angeln und spektakulär spannenden Videodrehen am Weiher haben.

Bei den deutschen Kollegen schlug der Puls dagegen deutlich höher: Der Youtuber Rezo veröffentlichte wenige Tage vor der Wahl ein Video mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“. Das sahen vor der Wahl sieben Millionen Menschen und schwups wählten nur noch Rentner die Konservativen. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer war sauer. Man müsse über Regeln für solche Meinungsmache im bösen Internet reden, sagte AKK und wollte damit natürlich nicht die Meinungsfreiheit einschränken. Klar. Wir empfehlen der Saarländerin an dieser Stelle einen Ausflug zu einem Luxemburger Fischweiher. Das entspannt so sehr, dass alles zur Nebensache wird.

De Jang gibt Sozen-Nachhilfe auf Facebook

In Luxemburg braucht es jedoch keine frischen Youtuber, um die Ex-Volksparteien zu dissen. Hier macht das „de Jang“ aka Außenminister Jean Asselborn höchst persönlich. So wie die jungen Leute veröffentlicht er seine Gedanken auf Facebook. Voll trendy! Eigentlich sei diese Plattform ja nicht das geeignete Instrument, wendet Asselborn gleich zu Beginn gegen sich selbst ein. Um dann einfach doch drauflos zu schreiben.

Dann teilt er heftig aus: „A Frankräich hunn d’Elefanten esoulaang getrëppelt bis nach eppes méi wéi 5% vum PS iwwreg bliwwe sinn.“ In Deutschland sei die SPD mit 15,5 Prozent nur noch drittstärkste Kraft. Bähm! Die Sozialisten hätten sich dort zerstört, wo sie die soziale Frage aus den Augen verloren hätten.

In Luxemburg ist das natürlich nicht ganz so dramatisch. Gut, die große, alte Volkspartei LSAP bekam nur zwölf Prozent und erreichte nur Platz 4. Aber hey, es gab ein mächtiges Plus von 0,44 Prozent! Die Elefanten Dan und Etienne dürfen also ruhig noch ein wenig weiter „trëppeln“. Keine Panik auf der Titanic …

Nur ein, zwei Änderungen schlägt der Sozen-Leithammel vor. Etwa: „Eng Finanzpolitik dee kee Iota Sputt léist fir dass multinational Firme mat eiser Hëllef Steiere minimiséieren (sic!)“ Gut, die CSV-LSAP-Koalitionen hätten es seit den 1980er Jahren natürlich auch lassen können, Luxemburg zum Steuerparadies zu machen. Auch Asselborn selbst ist dem Vernehmen nach schon das eine oder andere Jährchen an der Macht. Aber wie heißt es so schön: Nachher ist man schlauer und um Milliarden reicher.

Asselborn wird aber auch richtig konkret. Als Anleitung, um die Karre wieder aus dem Dreck zu ziehen, schlägt er vor, Achtung: den Namen zu ändern. Wie jeder guter Berater weiß: Wenn nichts mehr geht, muss ein neuer Name her. Jangs Vorschlag: „d’Sozialisten“. „Och nach Lëtzebuerger Sozialisten“, wenn es denn unbedingt sein muss. Am Ende des Facebook-Posts dann noch ein aufbauendes Wort, so als hätte man mit der ganzen sozialistischen Misere rein gar nichts zu tun: „Courage!“ Damit steht der Aufholjagd der LSAP, pardon, der (Lëtzebuerger) „Sozialisten“ denn auch definitiv nichts mehr im Weg.