Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt unsere Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: eine neue Pleite-Regierung und die ewigen Mühen des Jang.

Luxemburg hat gewählt – und sich eine schöne, neue konservativ-liberale Regierung beschert. CSV und DP können nun alle ihre Versprechen aus dem Wahlkampf umsetzen. Mehr Kaufkraft, weniger Steuern, mehr Netto vom Brutto, Freibier für alle.

Dafür wird das Geld schon reichen. Oder doch nicht? Die Lage der Staatsfinanzen, die nun aber auch wirklich niemand kennen konnte – schon gar nicht die Premier- und Finanzminister-Partei DP – lässt offensichtlich doch weniger große Sprünge zu, als die Parteien den Wählern vor dem 8. Oktober weismachen wollten.

Gut nur, dass der nächste Regierungschef #Luc heißt. Denn jetzt sind Führungsqualitäten gefragt, mit der Faust auf den Tisch hauen und den Rotstift zücken. So wie damals, vor mehr als zehn Jahren, als der #Sparminister mit seinem #Leadership noch nicht einmal seine eigene Partei von seiner Streichliste überzeugen konnte. Am Ende musste der frühere Ziehsohn von Jean-Claude Juncker sein lupenreines Austeritätspaket reichlich verwässern. #Sad

Das neue „LëtzSpuer“-Paket

Ob #Luc heute mehr von Finanzen und Politik versteht als damals, ist nicht überliefert. Der Retrospect-Redaktion liegt aber höchst exklusiv und aus überaus schlecht informierten Kreisen das super-geheime Sparpaket vor, das das Land wieder in rosigere Zeiten führen soll. Ganz stolz ist Schwarz-Blau auf den dynamischen, „flotten“ Namen: „LëtzSpuer“.

Wir präsentieren die zehn Maßnahmen für das „LëtzSpuer“-Paket der Regierung Frieden-Bettel:

  • Alle Autos unter 2,5 Tonnen müssen die doppelte Autosteuer zahlen. Um Härtefälle zu vermeiden, sind „SÜVchen“ ausgenommen.
  • Der öffentliche Transport wird wieder kostenpflichtig für Nicht-Luxemburger, außer für „Talente“.
  • Steuern auf Benzin und Diesel werden abgeschafft und der Tanktourismus spült drei Milliarden Euro in die Kassen. #SorryKlima
  • Die Steuerverwaltung wird privatisiert, die Big Four wechseln sich jährlich ab als Steuereintreiber – sie dürfen zehn Prozent der eingenommenen Steuern behalten.
  • Luc Frieden verkauft die „Spuerkeess“ an Katar, nach fünf Jahren Premier wird er dann 2028 Verwaltungsratspräsident der einst staatlichen Bank.
  • Eine Lex Firlefranz wird eingeführt, die Ministern untersagt, auf Dienstreisen Brunello auf Staatskosten zu trinken.
  • Der Staatsrat wird abgeschafft und durch ein ehrenamtliches Gremium aus Geschäftsanwälten, Bankern und Bauunternehmern ersetzt.
  • Die Unabhängigkeit des teuren Justizapparats wird eingeschränkt. Künftig entscheidet der Justizminister, in welchen Affären ermittelt wird.
  • Maggy Nagel wird Ministerin zur Abwicklung und Privatisierung der Kulturszene.
  • Eine Frieden-Lösung gibt es auch für die Flüchtlingskrise: Er nutzt seine guten Kontakte nach London, um über Großbritannien die Geflüchteten nach Ruanda abzuschieben.

„Quality time“ für Wahlverlierer

Während DP und CSV um Programm und Ministerposten feilschen, müssen die einstigen Regierungsmitglieder sich nach neuen Betätigungsfeldern umsehen. Glück hat da, wer zumindest noch ins Parlament wiedergewählt wurde. Pech hat da, wer grüner Minister für Energie oder Wohnungsbau war – oder Marc Hansen heißt. Wobei: Ein schlechtes Wahlresultat hat den liberalen „Minister“ noch nie davon abgehalten, Teil einer Regierung zu sein.

Claude Turmes wird das jedenfalls nicht und startet nun als Yogi mit der Marke „de Sonnen-Tuerm“ international durch. Henri Kox seinerseits nutzt seine profunden Kenntnisse des Luxemburger Wohnungsmarkts und wird Immobilienmakler – ein Remicher „Joint-Venture“ mit Daniel Frères ist nicht ausgeschlossen.

Die anderen Grünen, also alle neun nicht wiedergewählten Abgeordneten, nehmen sich erst einmal eine Auszeit vom doofen Luxemburger Wähler, der einfach zu blöd war, um zu verstehen, wie gut es die Grünen doch mit ihm meinten. Vielleicht hätte man ihnen ihre intellektuelle Rückständigkeit nur verständlicher erklären müssen. Leidtragende sind jedenfalls die Politiker-Kinder: Papa oder Mama wollen sie jetzt von morgens früh bis abends spät betüddeln mit „Quality time“, wie sie sagen.

Die drei von der Senninger Tankstelle: Während CSV und DP die Staatskassen stürzen, müssen sich manche Ex-Minister beruflich ganz neu orientieren. (Foto: SIP/Emmanuel Claude)

„Quality time“ ganz für sich hat am kommenden Dienstag Meris Sehovic. Der Co-Parteipräsident, der in dieser Funktion sowohl die Gemeindewahlen als auch die Parlamentswahlen in den Sand gesetzt hat, aus beiden Wahlen jedoch jeweils ein persönliches Mandat herauszog, sitzt dann nämlich ganz allein für seine Partei im Parlament. Alle anderen Grünen wurden entweder abgewählt oder sind derzeit noch Minister. Die Welt ist einfach ungerecht. „Mir persönlich geht es gut“, meinte dennoch die überaus erfolgreiche Spitzenkandidatin Sam Tanson.

Doctor Gérard and Mister Schockmel

Um eine gute Stimmung bemühen sich auch CSV und DP in den Koalitionsverhandlungen. Man darf gespannt sein, was dabei rauskommt und ob am Ende überhaupt noch jemand Minister werden will, bei den leeren Staatskassen. Bereits jetzt steht aber fest: Gesundheitsminister kann nur Gérard Schockmel werden. Geht gar nicht anders.

Der Corona-Erklärbär der Nation weiß nämlich ganz genau, wie das politische Geschäft funktioniert: Sich erst einmal klein halten, keine Ansprüche auf ein Amt erheben und die eigenen Kompetenzen nicht allzu deutlich ins Schaufenster stellen. Viel wichtiger ist das Networking innerhalb der Partei, in der man als bescheidener Infektiologe jahrelang eine wahre Ochsentour auf sich nehmen musste.

Ebenfalls wichtig: Besser gewählten Parteifreunden niemals in den Mund legen, dass sie ja sowieso auf ein Regierungsmandat verzichten und man daher eigentlich nicht Fünftgewählter, sondern vielmehr Dritter auf der Liste sei. So geht Politik in der DP. Bei so einer diskreten Strategie kann Xavier Bettel am Ende gar nicht anders, als den werten Doktor zum Minister zu machen. Das würden ihm seine Parteifreunde niemals verzeihen. Das Einzige, was gegen ihn spricht: Mars, der ewige Schatten-Gesundheitsminister, ist „not amused“.

Gibt es eine Außenpolitik nach Jang?

Apropos Minister: Die noch amtierenden Regierungsvertreter nutzen auf den letzten Metern jede Möglichkeit, die Welt zu retten – oder sie zumindest zu erklären. Den schrecklichen Konflikt im Nahen Osten oder die Wahlergebnisse in Polen einordnen, das kann erfahrungsgemäß niemand besser als der interessierte Beobachter der Weltpolitik Jean Asselborn. Da kann Jang so richtig auftrumpfen und lässt sich auch nicht durch profane Fragen nach seiner persönlichen Zukunft davon abbringen. „Wien seet dat?“, meinte der 74-jährige Springinsfeld, als eine „RTL“-Journalistin ein Ende seiner politischen Laufbahn auch nur als Option anführte.

„Waaat, de Xav?! A wat gëtt dann aus mir??!! Merde alors!!!“: Der lupenreine Demokrat Jean Asselborn bereitet die friedliche Übergabe seiner Macht vor. (Foto: European Union)

„Ech sinn elo nach an enger Regierung, soss wär ech elo net hei“, stellte Jang klar. Für den Rest: „Dat gesi mer alles nach“, so der frischgewählte Parlamentarier, „sou laang mer nach Vëlo kënne fueren, si mer nach dynamesch.“ Unbestätigten Gerüchten zufolge hat Jang bereits meterweise Fahrradketten ins Außenministerium liefern lassen, mit denen er sich am Tag der Schlüsselübergabe in der Rue du Palais de Justice anketten will, sollte Xavier Bettel sich erdreisten, ihm aufgrund einer demokratischen Wahl das Ministerium streitig zu machen.

Auf seinen bzw. seine Nachfolger angesprochen, hatte Jang bei „RTL“ jedenfalls eine ganz dezidierte Meinung: „Ech gesinn do jidder Lëtzebuerger, deen Demokrat ass an … jo, deen een, deen war jo schonn dacks an der Regierung, den Här Frieden, an den Här Xavier Bettel, dee war jo och elo … dee wees jo, tjo, wéi et leeft, hien war 10 Joer, also do dranner, … et gëtt héchstwahrscheinlech awer eng aner Politik, kann ech mer virstellen. An dofir brauche mer och eng Opposition, an et deet mer och leed, dat soen ech ganz éierlech, fir de Laminage vun deene Gréngen, dat ass wierklech eppes, wat mer och um Mo läit.“

Dann klappt’s auch mit dem Nachbarn

Ob Jangs Parteifreund Franz Fayot sein Wahlresultat oder andere Dinge schwer im Magen liegen, entzieht sich unserer Kenntnis. Was wir aber wissen: Der sozialistische Firlefranz ruht sich nicht auf seinen Spesenabrechnungen aus. Er nutzte seine Restzeit als Entwicklungsminister für einen Abstecher ins afrikanische Togo, um die örtlichen Restaurants und Weinkeller auszukundschaften. Und etwas getanzt wurde auch noch.

Es sei ihm gegönnt. Denn bald wartet auch auf Firlefranz die harte Oppositionsbank des Parlaments. Und wenn die Sitzordnung dort so bleibt, wie sie nun für die erste Plenarsitzung festgelegt wurde, werden die Sozialisten direkt neben der ADR Platz nehmen müssen. Dann wird sich zeigen, ob Fred Keup dann wieder so nette Worte für seinen neuen Sitznachbarn findet, dass der Parlamentspräsident mit einem „Game over“ drohen muss. Wobei: Statt dem „Tiger“ Fernand Etgen leitet am Dienstag Michi „de Papp“ Wolter die Sitzung. Wir freuen uns schon auf die Begrüßung: „Moien dir Äersch – sidd dir elo och alleguer hei?!“

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen ein schönes Wochenende mit ganz viel „Quality time“.


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