Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Ja, was denn wohl?! Teil 2.
Wir geben gerne zu: Wir haben länger überlegt, ob ein satirischer Wochenrückblick in diesen Zeiten sinnvoll ist. Ob die ironische, selbst therapierende Verarbeitung der Aktualität angesichts leidender Menschen in der „sanitären Krise“ (Paulette Lenert) und im „Krieg gegen das Virus“ (Emmanuel Macron) angemessen ist.
Schnell haben wir gemerkt und uns vergewissert: Ja, doch. Anscheinend ist Lachen noch erlaubt; also solange Sie es zu Hause machen und danach Ihre Hände waschen! Humor wurde (Stand heute) noch nicht per Notverordnung verboten.
Da kommt kein „Wir“-Gefühl auf
Und doch fühlten wir uns schon vor der ersten Pointe schuldig. Denn wie es der Premier in seinem vor wenigen Wochen noch ungeahnten Rhythmus von Pressebriefings immer wiederholt, sind wir alle, also „Sie“, nicht er, „Teil des Problems“. „Dir sidd Deel vum Problem!“ Aber: „Dir kennt Deel vun der Léisung sinn!“
Als Krisenmanagement-Romantiker hätten wir uns da eigentlich etwas mehr „Wir-Gefühl“ gewünscht. Aber der Premier wird schon Recht haben mit seinem „Ihr seid das Problem“-Mantra. Denn Kritik an der Regierung, so lernen wir bei der Lektüre der einheimischen Presse, ist wohl bis auf Weiteres so wenig erwünscht wie ein kühles Bierchen mit Freunden in der Kneipe nebenan.
Andererseits: Journalisten, die sich kritische Fragen verkneifen und Politikern unaufgefordert für ihre Arbeit gratulieren, gehören in Luxemburg auch in Nicht-Krisenzeiten zum guten Ton. „Wir“ sitzen eben alle in einem Boot – eine der wenigen Konstanten, an denen man sich in diesen Krisenzeiten noch festklammern kann. Oder wie es der CSV-Kapitän Frank Engel ausdrücken würde: „Zesummen geet nëmmen zesummen“.
Demokratie in der Quarantäne
Ebenso wie kritisches Nachfragen scheint auch das Debattieren und zivilisierte Ringen um den besten Lösungsweg nicht mehr en vogue zu sein. Die Sache mit der Demokratie wird jedenfalls per „Etat de crise“ erstmal ausgesetzt. Da hatten wir vor einer Woche noch gescherzt, dass die Abgeordneten die Gesetze doch bestimmt auch per „Télétravail“ durchwinken können. Nur der Premier hat den Witz wohl falsch verstanden und schickt das Parlament gleich mal kollektiv in politische Quarantäne.
Auch wir sehen natürlich ein: Es muss jetzt alles sehr schnell gehen. Für Zweifel oder Einwände, von wem auch immer, ist da keine Zeit. Und wir geben auch zu: Dass Parlamentspräsident Fernand Etgen die Corona-Pandemie als „Naturkatastrophe“ bezeichnete, half den Volksvertretern nicht unbedingt dabei, sich als kompetente Berater der nun allmächtigen Regierung zu empfehlen.
Die Satire hat in diesen Tagen aber ein weiteres Problem: Sie erhält enorm viel Konkurrenz. Fast jeder versucht jetzt mit Humor, mit sarkastischen Memes und lustigen Videos die eigene suboptimale soziale Situation erträglicher zu machen. Jeder, der nicht zur essentiellen krisenbewältigenden Bevölkerung gehört, hat in diesen Tagen ja auch enorm viel Zeit, an seiner eigenen Witzigkeit zu feilen. Gut so. Wir behalten das im Auge.
Ein ganz klein wenig Ablenkung
Auffällig ist denn auch, dass sämtliche andere Top-Themen der Welt in diesen Tagen unbeachtet bleiben. So etwa der andauernde Syrienkonflikt oder, dass Maggy Nagel Anfang der Woche beim „RTL Afterwork“ zu Gast war. All denen, die es in der Quarantäne nicht so mit Serge Tonnar oder anderen hochkulturellen Darbietungen „live aus der Stuff“ haben, sei dieses locker-flockige Interview mit der früheren Ministerin ans Herz gelegt. Der Zuhörer erfährt dabei, wie der ominöse „Fierkel-um-Spiess“-Skandal tatsächlich ablief, wer alles „hinter dem Rücken“ am Fall der Ex-Ministerin arbeitete und warum sie dennoch ohne Groll auf diese Zeit zurückblickt.
So, jetzt aber genug der Ablenkung. Wir versuchen das mit dem Augenzwinkern in Krisenzeiten nächste Woche noch einmal. In der Hoffnung, dass dieser Balanceakt in den kommenden Wochen/Monaten/Jahren nicht zur Gewohnheit wird. Zur Not aber unser vom Premierminister inspirierter Hinweis: Wenn Sie über unsere Scherze nicht lachen, dann sind allein Sie das Problem! Dennoch schwingt auch bei uns ein Hoffnungsschimmer mit: Denn sie können ja auch einfach Teil der Lösung sein …