Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Virale Piraten, ein Selfie-Battle und der Bond-Film-Ersatz.

Marc Goergen ist ein glücklicher Mann. Seine selbst gebastelten Videos gehen voll viral. Er ist quasi ein Super-Influencer. Selbst Journalisten rufen deshalb an, um sein Erfolgsgeheimnis zu verstehen. Dem „Tageblatt“ erklärte der Piraten-Abgeordnete: „Wir sind eine junge Partei, unsere Kommunikation läuft über Youtube, weil unsere Leute auf Youtube sind.“ Das eine Youtube-Video hat 50 Klicks, das andere 80 – Wow!

Die Kids lieben ihn, das weiß Marc. Da ist es natürlich klar, dass er Facebook 200 Euro schenkt, um die hippen 13- bis 34-Jährigen zu erreichen. Und weil der Pirat natürlich auch an die Facebook-Omas denkt, gibt er schwups nochmals 200 Euro aus, um die Welt zur Rettung der Wildschafe zu bewegen. Leider läppert sich das etwas: Der arme Marc musste diesen Monat schon 3.300 Euro für Facebook-Werbung ausgeben.

Eine Partei, ein Ziel

Die militanten Datenschützer würden das natürlich nicht so toll finden – das ganze Geld vom Marc für den milliardenschweren Mark. Aber diese Nervensägen sind Gott sei Dank längst aus der Partei ausgetreten. Und der smarte Sven? Naja, der macht halt alles mit. Dass die Piraten mit ihren Methoden mittlerweile die ADR als populistische Avantgarde der Luxemburger Politik abgelöst haben, ist noch lange kein Grund, sich selbst in Frage zu stellen. Hauptsache in der Chamber! Dieser Zweck heiligt doch letztlich alle auch noch so erbärmlichen Mittel.

Man war ja auch total überrascht, dass ein Video, das man mit ein paar Hundert Euro sponsert, so viele Reaktionen hervorruft, meinte der umtriebige Social-Media-Berater und Abgeordnete im Nebenjob im 100,7-Interview. Wahrlich ein Rätsel. Und überhaupt: Nur jeder zehnte der Tausenden Kommentare unter dem viralen Piraten-Content sei strafrechtlich relevant oder enthalte Morddrohungen gegen die Ministerin, rechnet Clement vor. Letztlich eine lächerlich niedrige Trefferquote. Wir fühlen an dieser Stelle mit: Bei all dem selbst angestachelten Hass kann man schon mal den Überblick verlieren.

Eine Ministerin wird als Tierschlächterin dargestellt, die Infos im Video sind falsch – aber hey, es ist doch lustig gemeint, sagte „Ehren“-Präsident Sven Clement noch. Was sind schon ein paar Mordaufrufe gegen ein wenig Airtime und Aufmerksamkeit für die „Ziele“ der Partei. Dabei, wie die Piraten am Freitag auf Facebook schrieben, hätten sie letztlich nur noch ein politisches Ziel („1 Zil“): „d’Muffele mussen agefaange ginn!“ Wir sehen das genauso wie die neue Ein-Thema-Partei: Hauptsache, die „Muffelen“ werden verschont. Wer da sonst auf der Strecke bleibt, ist selber schuld.

Angst vor dem „grünen Reich“

Facebook ist schon richtig geil, wissen nicht nur die Like-Profis der Piraten. Da kann man mit dem Geld der hart erarbeiteten Chamber-Jetons seine innersten Gedanken teilen. Etwa die Angst vor der grünen Öko-Diktatur. Und die Süd-Piraten finden natürlich mit ihrer unglaublichen Digitalkompetenz gleich das passende Video: „Das grüne Reich“. Soldaten mit Ökolatschen und Wollstrümpfen terrorisieren rechtschaffene Bürger, die doch nur ihre Plastik-Strohhalme lieben. Klar ist das Satire „basierend auf wahren Befürchtungen“. Aber es ist doch so richtig!!

Denn die Grünen töten unschuldige Tiere!!! Gut, die Piraten wussten bis vor Kurzem gar nicht, was Wildschafe sind und dass es welche in Luxemburg gibt. Aber das gehört natürlich zu dieser grünen Verschwörung. Und wer diesen Ökos Kontra gibt, wird gleich kritisiert. Marc Goergen findet das unfair: „Net all Meenung géint déi Gréng Verbuets- an Zwangspolitik ass ‚Bashing'“, schreibt er seinen Facebook-Freunden. Wir sind jedenfalls gespannt, welche grünenkritische Sau die honorablen Abgeordneten der Piraten als nächstes durchs Dorf jagen.

Wer hat’s erfunden?

Wer glaubt, die „Mufflons“ seien ein umstrittenes Terrain, hat noch nichts von der Debatte um den „Gratis“ Transport gehört. Da mischt Marc Goergen natürlich auch mit. Denn er allein hat die Idee quasi erfunden! Oder war es doch die LSAP? Oder die jungen „Sozialisten“? Oder die DP? Nur die Grünen sind sich ganz sicher, dass sie es nicht waren.

Die Politiker haben aber eine ganz pragmatische Lösung gefunden: Jene Partei, deren Mitglieder am meisten Selfies aus Tram, Zug und Bus posten, hat gewonnen. Noch gibt es einen Gleichstand zwischen DP und LSAP. Die Grünen haben die Regeln nicht verstanden und posten noch immer Selfies auf dem Fahrrad. Das zählt natürlich nicht.

Juncker is back (again)

Der neue Bond-Film fällt wegen des Corona-Virus aus, aber dafür haben wir in Luxemburg den Geheimdienst-Prozess. Gut, das Drehbuch ist etwas hanebüchen. Oder wie das „Lëtzebuerger Land“ zusammenfasst: „Wie Geheimagenten auf Geschichten im Hollericher Cat Club hereinfielen“.

Spannend ist es trotzdem. Fast so wie im Krimi. Spannend wird es vor allem dann, wenn auch noch der ehemalige Regierungschef vor Gericht antreten und aussagen muss. Die ganze Aufregung rund um Jean-Claude Juncker und den Srel-Prozess hat das „Luxemburger Wort“ diese Woche in einem dramatischen Video festgehalten. 1.10 Minuten purer Nervenkitzel! Darin zu sehen: Juncker, wie er kommt. Juncker wie er den Gerichtssaal betritt. Juncker wie er wieder geht. Gänsehaut-Feeling!

Das wars aber eigentlich auch schon. Es hätte auch ein Stummfilm sein können, hätte Juncker gegen Schluss dann nicht doch noch zwei kurze Sätze gesagt: „Die Sitzung war korrekt. Und ich spüre mich so gut wie davor.“ Wenn das kein Motto fürs Wochenende ist …