Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Digitale Liberale und radikaler Klimaschutz für Anfänger.

Was war das denn bitte für ein grandioser Parteitag diese Woche? Die Digitale Partei (DP) präsentierte sich diese Woche einmal mehr als Pionier und überzeugter First Mover in Sachen Digitalisierung. Ein rein digitaler Kongress, sowas hat das Großherzogtum noch nicht gesehen. Ja quasi eine Weltneuheit war dieser digitale Kongress, bei weitem nicht so teuer, aber fast so spannend und ähnlich orchestriert wie das Abfeiern des Gratis-Transports im (lang, lang) vergangenen März.

Keine andere Partei kann dabei mit so vielen Politpromis punkten wie die Digitalen, ähm Liberalen: Ein Langzeitpremier, ein netter Parlamentspräsident, ein kompetenter Europa-Abgeordneter, viele superwichtige Minister und sogar eine Ministerin. Beim digitalen DP-Kongress wimmelte es nur so von Schwergewichten der politischen Klasse. Und Max Hahn und Claude Lamberty waren auch dabei.

Enddigitale Medienstrategie

Auch inhaltlich konnten die als überaus tiefgründig bekannten Liberal-Digitalen natürlich punkten. Krise und Pandemie hin oder her: Munter weiter investieren und das Volk mit liberaler Wohlfühlpolitik beglücken, lautete das Motto. Dass man dabei ebenso munter analoge Schulden für die kommenden Generationen anhäuft, ist natürlich nur böse Propaganda der oppositionellen Spielverderber. Liberal, digital, sch***egal.

War sonst noch was? Ach ja, die Inhalte. Die wichtigste Forderung des DP-Digitalkongresses überließ man netterweise dem Digitalminister Marc Hansen (ja, den gibt es anscheinend wirklich). Nicht nur für die fleißigen Staatsbeamten springt, wenn es nach den Liberalen geht, künftig mehr Télétravail raus. Wenn eine Partei ihre Dutzenden Anhänger per „Zoom“ zu einem Kongress zuschalten kann, bei dem einem Xav und Fern grinsend zuwinken, dann sollte dieses Digitalisierungsdings doch auch für den Rest der Luxemburger ein Klacks sein.

Total digital will denn auch die publizistische Unterorganisation der DP – auch „Lëtzebuerger Journal“ genannt – werden. Keine gedruckte Zeitung mehr ab dem kommenden Jahr und womöglich ganz viel Télétravail, weil man vorsorglich auch die eigene Redaktion verscherbelt: Endlich kommt die überfällige DP-isierung der Luxemburger Medienlandschaft. Die liberalen Parteimitglieder, die laut Parteistatuten nach wie vor zum Abonnement beim „Journal“ ermutigt werden, sind geradezu aus dem Häuschen über diese Überdosis Digitalisierung.

„Les membres sont invités à s’informer au „Lëtzebuerger Journal“, organe officiel du parti, et à souscrire un abonnement“, heißt es nämlich laut den Statuten der DP aus dem Jahre 2006. Und weil die Partei auch vor 14 Jahren schon so weitsichtig, ja geradezu visionär war, gab es damals schon den Zusatz: „l’accès à l’information leur sera également facilité par les médias électroniques.“ Na, wer sagts denn! Als eingetragener DP-Fan dürfen Sie sich schon heute auf ein tägliches, enddigitales PDF in ihrem E-Mail-Postfach freuen.

Die Kunst des Abschreibens

Nicht nur der DP-Kongress war beeindruckend. Auch der digitale Unterricht hat offenbar bei vielen Eltern Spuren hinterlassen. Lernen soll ja bekanntlich keine Einbahnstraße sein. Für viele Eltern war #SchoulDoheem also auch die Möglichkeit, von den Kindern was abzuschauen. Bei verschiedenen Ministerialbeamten hat das besonders gut funktioniert. Mal wieder vergessen, die Hausaufgaben zu machen? Kein Problem, schnell mal den Klassenkameraden nach den Antworten fragen und dann schleunigst abschreiben.

Da zurzeit alles etwas schneller gehen muss, hatten wohl auch die Beamten im Landwirtschaftsministerium nicht genügend Zeit, um ihre Hausaufgaben vor dem Abgabetermin zu machen. Romain Schneider (LSAP) benötigte aber noch vor der Pressekonferenz einen Namen für sein Hilfspaket für die Landwirtschaft.

Gut, dass mittlerweile alle Minister (also, alle außer Marc „das Phantom“ Hansen) ihren eigenen „plan de relance“ vorgestellt haben. Reichlich Inspiration also für gestresste Beamte. Der Wunsch nach Ferien hat die Verantwortlichen scheinbar auf Tourismusminister Lex Delles gebracht. „Restart Tourism – Stabiliséieren. Adaptéieren. Promovéieren.“ Schnell noch übersetzen, Punkte durch Striche ersetzen, einen Bullshit-Begriff für einen anderen verwenden: Fertig, Herr Lehrer! „Plan de relance pour l’agriculture: consolider – promouvoir – innover“.

Krisenmanager rettet Klima

Noch ohne „Plan de Relance“ für sein Unternehmen, dafür aber mit reichlich, also wirklich unfassbar viel Krisenerfahrung, machte der neue Geschäftsführer der „Luxair“ auf sich aufmerksam. Eigentlich hätte man es wissen müssen, die Klimakrise kann nur ein hartgesottener Tausendsassa mit blendenden Beziehungen zum Grünen-Boss Bausch lösen. Ob Tornado, Überschwemmung, Corona-Pandemie oder kriselnde Fluggesellschaft – Gilles Feith kann anscheinend alles. Die nationale Fluggesellschaft hat deshalb auch der Klimakrise den Kampf angesagt.

Da die „Luxair“ ja nicht selbst Flugzeuge mit geringerem Kerosinverbrauch bauen kann, versucht man andernorts CO2 einzusparen. Zum Beispiel bei einem Formular: „Am Anfang haben wir aus der Not einen Kugelschreiber genommen. Meiner Meinung nach sollten wir zukünftig Bleistifte benutzen. Dann haben wir Holz gegen Plastik eingetauscht“, sagte Gilles Feith gegenüber „Radio 100,7“. Die Lösung ist so innovativ wie einfach! Der große Vorteil: Mit dem praktischen Radiergummi am Bleistift kann man zur Not sogar schwachsinnige Aussagen wegradieren.

Aber der „Luxair“-Boss bleibt sich und der Dreierkoalition treu. Denn wie Xavier Bettel schon lange weiß, rettet man das Klima nicht durch weniger Autofahren oder weniger Luxair-Shopping-Trips nach London oder Mailand. Nein, wirklich wirksamer Klimaschutz fängt bei der Mülltrennung und bei der hauseigenen Joghurtmaschine an.