In komplexen Kriminalfällen oder solchen mit zahlreichen Verdächtigen stellt der Umstand, dass verhaftete Personen bis zur Befragung durch einen Untersuchungsrichter maximal 24 Stunden in Gewahrsam bleiben dürfen, die Ermittlungsbehörden bisweilen vor Probleme. Eine Gesetzesanpassung schafft nun die Möglichkeit, die Dauer der Inhaftierung um weitere 24 Stunden zu verlängern.
Diese Möglichkeit ist aber nur in Ausnahmefällen gegeben und muss durch einen hinreichenden Tatverdacht begründet sein. Von dieser Maßnahme darf der Untersuchungsrichter in Bezug auf eine Person auch nur ein einziges Mal Gebrauch machen.
Mit dieser Ausnahmeregelung soll der Untersuchungsrichter mehr Zeit erhalten, um alle verhafteten Personen zu befragen, was vor allem in Fällen, in denen eine Vielzahl von Verdächtigen zeitgleich festgenommen wird, von Vorteil sein dürfte. Dies ist etwa bei Razzien im Bereich des Drogen-, Waffen- oder Menschenhandels gängige Praxis.
Die Dauer des Gewahrsams gilt ab dem Zeitpunkt, an dem die betreffende Person festgenommen wird. Mit der Gesetzesanpassung wird nämlich auch der entsprechende Artikel 93 der Strafprozessordnung geändert. Bis dato, das heißt seit dem Gesetz vom 8. März 2017, lief die Zeit des Gewahrsams ab dem Moment der Ankunft im Gefängnis.
Die Anwaltskammer steht der Ausnahmeregelung skeptisch gegenüber. In ihrem Gutachten zum entsprechenden Gesetzesprojekt befürchtet sie, dass die Verlängerung des Gewahrsams bei Fällen mit mehreren Verdächtigen zur Regel werden könnte. Statt einer möglichen Verlängerung um 24 Stunden schlugen die Anwälte eine Verlängerung um maximal zwölf Stunden vor. Ein Vorschlag, der von der parlamentarischen Justizkommission aber nicht zurückbehalten wurde.
Das Gesetzesprojekt 7785 wurde Anfang Dezember vergangenen Jahres einstimmig im Parlament verabschiedet. Es sah eine ganze Reihe von Anpassungen der Strafprozessordnung vor. Darunter auch die Einführung des sogenannten elektronischen Dossiers, mit dem sämtliche Dokumente in einer Fallakte nun auch in digitaler Form erstellt oder in eine solche umgewandelt werden können. Eine weitere Änderung betraf die Ausweitung der territorialen Kompetenz der Ermittlungsbehörden sowie die Reihenfolge, in der die Prozessparteien vor Gericht zu Wort kommen. (GS)