Die Neuaufstellung des Geheimdienstes ist auch nach zehn Jahren Blau-Rot-Grün nicht abgeschlossen. Der letzte Baustein sollte den Zugang zu geheimen Dokumenten regeln. Die fehlende Reform ist ein Sicherheitsrisiko für Luxemburg – und seine Verbündeten.
Seit mindestens vier Jahren sind hohe oder für Luxemburg in internationalen Organisationen tätige Beamte nur noch bedingt vertrauenswürdig. Das liegt nicht an einer Staatsverschwörung des Beamtenstaates, sondern an halbherzigen Sicherheitsüberprüfungen durch den Geheimdienst. Die Nachwehen der Staatskrise von 2013 und der Affäre „Casier Bis“ führten zu einer Beschneidung der Rechte des Dienstes – mit weitreichenden Folgen nicht nur für die Luxemburger Staatssicherheit. Die Regierung besserte nun teilweise nach, doch der entstandene Rufschaden für den Geheimdienst bleibt.
Vor zehn Jahren führten die Verfehlungen des Geheimdienstes zum Sturz der CSV-LSAP-Koalition. Um nicht das gleiche Schicksal zu erleiden, setzte Blau-Rot-Grün auf mehrere Reformen des Dienstes. Eine davon betrifft den Zugang zu geheimen Dokumenten. Anders als die grundlegende Reform des Dienstes von 2016, wurde dieser Text auch sieben Jahre, nachdem er im Parlament von Xavier Bettel (DP) vorgelegt wurde, noch immer nicht verabschiedet.
Dabei ist der Schutz von geheimen Dokumenten nicht zu unterschätzen. Geraten diese Dokumente in falsche Hände, könnte das weitreichende Konsequenzen nicht nur für die Sicherheitsinfrastruktur Luxemburgs haben. Ein rezentes Leak von Dokumenten des US-Pentagons in Bezug auf den Ukrainekrieg zeigt, wie schwerwiegend ein leichtfertiger Zugang zu geheimen Akten sein kann. Doch ausgerechnet die Reformen der letzten beiden Legislaturen könnten den Grundstein für einen nächsten Geheimdienstskandal legen. Die schleichende Entmachtung des Dienstes führte dazu, dass dieser eine seiner Rollen kaum noch erfüllen kann. Die Rede ist vom Ausstellen der sogenannten „Security clearance“.
Ein leichtfertiges Sicherheitsrisiko
„Der Zugang ist seit der Einführung des neuen Fichier central im Jahr 2019 nicht mehr funktionsfähig.“ Das schreibt die Regierung fast beiläufig in der Begründung eines Änderungsvorschlags zum Zugang der Polizeidatenbanken durch den Geheimdienst. Dabei geht es um ein grundlegendes Problem, das den Geheimdienst seit der Reform von 2016 plagt. Während der „Service de Renseignement“ (SRE) vor der Reform zur Erfüllung seiner Mission noch alle möglichen Daten von Behörden anfragen konnte und einen direkten Zugang zur Polizeidatenbank besaß, wurden diese Rechte maßgeblich beschnitten. Das stellt den Dienst beim Erteilen von Zugangsrechten zu geheimen Dokumenten vor Probleme.
Eigentlich sollte eine neue Sicherheitsagentur namens „Autorité nationale de sécurité“ (ANS) die „Security clearance“ ausstellen – also prüfen, ob eine Person vertrauenswürdig und nicht erpressbar ist, bevor sie Zugang zu geheimen Dokumenten erhält. Zurzeit übernimmt noch eine Abteilung des Geheimdienstes diese Aufgabe. Da sie aber nur einen eingeschränkten Zugriff zur Polizeidatenbank hat, musste der SRE bei der Staatsanwaltschaft anfragen, um die Polizeiakten über eine Person einzusehen. Doch dafür gab es keine handfeste rechtliche Grundlage …
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