Mit zwei Gesetzentwürfen und zahlreichen angekündigten Reformen startet Claude Meisch in das neue Schuljahr. Der Ausbau der Europaschulen, die Schulpflicht bis 18 Jahre und eine flächendeckende Hausaufgabenhilfe sind einige der ambitionierten Ziele des Bildungsministers.
Claude Meisch (DP) blickt in die Zukunft. Diversifizierung des Schulangebotes, aktive Verstärkung digitaler Lerninhalte, Ausbau von Hilfsangeboten: „Diese Legislaturperiode darf nicht nur von der Pandemie geprägt sein, sie muss auch dazu genutzt werden, bei den großen Herausforderungen für ein gerechteres und für die Zukunft gewappnetes Schulsystem ein gutes Stück weiterzukommen“, sagte der Bildungsminister auf der Pressekonferenz zum diesjährigen Schulbeginn.
Die ersten Minuten nutzte Claude Meisch dann auch dazu, die Entwicklung eines seiner Vorzeigeprojekte, das zur Diversifizierung des Schulangebotes beitragen soll, darzulegen: Das Angebot an staatlichen Europaschulen soll auch in Zukunft kontinuierlich ausgebaut werden. In diesem Jahr öffnet bereits eine weitere Schule in Mersch ihre Türen, die nächste ist für kommendes Jahr in Luxemburg-Stadt geplant. Zudem seien bereits Diskussionen mit der Stadt Düdelingen und mit dem dort ansässigen Lycée Nic-Biever im Gange, um in näherer Zukunft auch dort einige Europaklassen anbieten zu können.
Autonomie und Innovation
Doch auch das klassische luxemburgische Schulsystem soll modernisiert werden. Claude Meisch bezog sich dabei vor allem auf die Ausweitungen der angebotenen Sektionen. Er hob in diesem Zusammenhang besonders die Autonomie der Schulen hervor, die für Dynamik und Innovation in den Erneuerungsprozessen sorge.
Die Informatik- und Kommunikation-Sektion etwa, die 2017 ins Leben gerufen wurde, kann mittlerweile an vier Lyzeen im Land – in Esch/Alzette, Clerf, Luxemburg-Stadt und Echternach – absolviert werden. Bereits 45 Schüler und Schülerinnen hätten seit ihrer Einführung ihr Abitur in dieser Sektion gemacht.
2022 soll im klassischen Lyzeum mit der Sektion N nun eine weitere Sektion hinzukommen. Dabei handelt es sich um die erste Fachrichtung im klassischen Lyzeum, die Finanzwirtschaften ausdrücklich in den Mittelpunkt stellt. Sie ist mit den Schlagworten Unternehmertum, Finanzen und Marketing überschrieben. 2023 kommt dann eine weitere Sektion hinzu, diesmal im Bereich der Geisteswissenschaften. „Wir möchten das Schulsystem von unten her erneuern, um nicht die Welt von gestern widerzuspiegeln, sondern um die Welt von morgen zu gestalten“, so die Worte des Bildungsministers.
Vorbereitung für eine digitale Welt
Damit leitete er zur nächsten großen Herausforderung über: Schüler und Schülerinnen auf eine überwiegend digitale Welt vorzubereiten. „Heute muss jedes Kind die Grundbegriffe der digitalen Welt kennen“, sagt Claude Meisch. Zu diesem Zweck werde das „Coding“ in den Grundschulen ausgebaut und mit den „Digital Sciences“ ein neues Schulfach in den Sekundarschulen eingeführt.
Das Programm, das für die unteren Stufen der Sekundarstufe ausgearbeitet wurde, beginnt bereits in diesem Schuljahr. Flächendeckend soll es dann ab 2022/2023 auf dem Lehrplan stehen. Es soll Schüler und Schülerinnen mit Techniken des Programmierens, mit Möglichkeiten und Grenzen von Robotern, mit Themen um künstliche Intelligenz, mit Datenbanken, sowie mit der Netzsicherheit familiarisieren, sie aber auch mit ethischen Fragen konfrontieren. „Wir müssen verstärkt Computerspezialisten ausbilden, um die digitale Wertschöpfungskette bedienen zu können“, begründet Claude Meisch seine Motivation. Dafür sei es aber auch wichtig, bei Kindern und Jugendlichen verstärkt einen kritischen Geist und Kreativität zu fördern. Schließlich komme es auf dem Arbeitsmarkt darauf an, „etwas zu können, was Computer nicht können“, drückt Claude Meisch es aus.
Bekämpfung der sozialen Schieflage
Neben der Diversifizierung des Angebots und dem Ausbau der digitalen Fertigkeiten sieht Claude Meisch die dritte große Herausforderung darin, „die soziale Schieflage im Bildungssystem aktiv anzugehen“. Er spricht in diesem Zusammenhang von einer flächendeckenden Hausaufgabenhilfe: „Für Hausaufgaben brauchen Kinder Platz, Ruhe und Hilfe, haben sie das nicht zu Hause, dann müssen wir es ihnen bieten“, sagt Claude Meisch. Ein besonderes Augenmerk gelte in diesem Zusammenhang Schülerinnen und Schülern, die neu ins Land kämen. Er kündigte an, in den nächsten Wochen einen Gesetzentwurf vorzulegen, um dieses flächendeckende Hilfsprogramm gesetzlich zu verankern.
In einem zweiten Gesetzentwurf möchte er die Schulpflicht von 16 auf 18 Jahre erhöhen. Claude Meisch sieht darin ein Mittel, einem verfrühten Schulabbruch präventiv entgegenzuwirken. Ab wann die Schulpflicht ab 18 Jahren gelten könnte, steht allerdings noch nicht fest.