Die Festnahme von drei mutmaßlichen Mafiosi erhärtet den Verdacht, dass die kalabrische Mafia auch von Luxemburg aus operiert. Wie weit die Verbindungen zur „Ndrangheta“ reichen sollen, lässt sich im italienischen Haftbefehl nachlesen, der Reporter.lu vorliegt.
Eine Bluttat brachte die ‚Ndrangheta nach Luxemburg. So erzählte es ein „Pentito“ – ein reumütiger Mafia-Anhänger – italienischen Ermittlern. Im Rahmen der „Operazione Malea“ kam es kürzlich zu insgesamt zwölf Verhaftungen, drei davon in Luxemburg. Der über 600 Seiten lange Haftbefehl der italienischen Polizei liegt Reporter.lu vor. Darin sind neben den Ermittlungsberichten und Anklagepunkten auch Telefonmitschnitte und Zeugenaussagen enthalten.
In den 1980er Jahren wird demnach Isidoro Macrì, dessen Clan die kalabrische Mafia in Mammola dominierte, im Rahmen einer Fehde ermordet. Da die lokale Mafia gerade einen jahrzehntelangen blutigen Konflikt beigelegt hatte, beschloss der damalige „Padrino“ der ‚Ndrangheta, den Mörder und einige seiner Familienmitglieder ins Exil zu schicken – nach Luxemburg. Durch die räumliche Distanz sollte weiteres Blutvergießen abgewendet werden.
So kam die Verbindung zwischen Luxemburg und dem 2.700-Seelen-Dorf Mammola zustande. Seitdem haben sich die Beziehungen offenbar verfestigt. Das Vorgehen der kalabrischen Gruppe im Großherzogtum ist diskret, wie bereits die internationale Recherche „OpenLux“ im Jahre 2021 zeigte. Das „Investigative Reporting Project Italy“ (IrpiMedia) schrieb damals über Luxemburg als den „geheimen Standort der ‚Ndrangheta-Mafia“.
Ein „Abteilungsleiter“ für Luxemburg
Das Prinzip: Junge Männer aus der süditalienischen Region werden nach Luxemburg geschickt, um Restaurants, Cafés und Eisdielen zu eröffnen. Das Ziel sei nicht, ihnen berufliche Perspektiven zu eröffnen, sondern Geld zu waschen, so der Verdacht der Ermittler. Die Gesellschaften sollen nicht zu groß sein und existieren nie lange – viele von ihnen nicht einmal ein Jahr, was den Betreibern erspart, eine Bilanz im Handelsregister zu veröffentlichen. Meldet eine Firma Konkurs an, werden rasch neue Strukturen gegründet, um das Prozedere zu wiederholen.
Dass dieses Prinzip typisch für die kalabrische Mafia ist, legen diverse Aussagen von Zeugen und Ermittlern aus dem vorliegenden Haftbefehl nahe. Die Liste der Anklagepunkte der italienischen Behörden reicht von Erpressung über illegalen Waffenbesitz bis hin zur Mitgliedschaft in einer mafiösen Vereinigung – ein Tatbestand, den es so nur in Italien gibt.
Wer genau die Personen sind, die vergangene Woche in Differdingen, Esch/Alzette und Zolwer von der Spezialeinheit der Luxemburger Polizei aufgrund eines internationalen Haftbefehls festgenommen wurden, war zunächst nicht bekannt. Im Haftbefehl werden jedoch vier Männer genannt, die als in Luxemburg ansässig gelten …
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