Luxemburgs ehemaliger Finanzminister Pierre Gramegna (DP) darf sich realistische Hoffnungen machen, neuer Direktor des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu werden. Nach einer ersten informellen Abstimmungsrunde der Eurogruppe am Montag ist der 64-Jährige einer von drei verbliebenen Kandidaten.
Pierre Gramegna könnte demnach ausreichend Unterstützer unter den Mitgliedern der Eurogruppe haben, um bei der finalen Abstimmung Mitte Juni die nötige Mehrheit für sich zu gewinnen. 80 Prozent der Stimmen müsste er letztlich auf sich vereinigen. Am 16. Juni trifft sich der Rat der ESM-Gouverneure, der sich aus den 19 Finanzministern des Euroraums zusammensetzt, um den Nachfolger des Deutschen Klaus Regling zu ernennen. Der 71-Jährige tritt nach zehn Jahren an der Spitze des ESM in den Ruhestand.
Am Montag gingen insgesamt vier Kandidaten ins Rennen. Neben Pierre Gramegna waren dies der Italiener Marco Buti, der Niederländer Menno Snel sowie Joao Leao aus Portugal. Letzterer ist wie Pierre Gramegna ein früherer Finanzminister seines Landes. Menno Snel seinerseits war Staatssekretär im niederländischen Finanzministerium und Marco Buti ist aktuell Kabinettschef von Italiens Wirtschaftsminister Paolo Gentiloni.
Nach dem Treffen der Eurogruppe am Montag zog sich nur Menno Snel zurück, da er in einer ersten Abstimmungsrunde offensichtlich nicht genügend Unterstützer fand. Das genaue Resultat der Abstimmungen ist geheim. Wie das „Luxemburger Wort“ berichtet, hätte das Eurogruppe-Gremium es bevorzugt, dass auch der Kandidat, der in einer zweiten Abstimmungsrunde die wenigsten Stimmen auf sich vereinigen konnte, aufgegeben hätte – dem Vernehmen nach soll es sich um Marco Buti gehandelt haben.
Der Italiener hält aber an einer Kandidatur fest, wie auch Joao Leao und Pierre Gramegna, wobei die Chancen des Luxemburgers laut dem „Luxemburger Wort“ deutlich gestiegen seien. Pierre Gramegna habe sich nämlich die Unterstützung von Frankreich sichern können und sei nach dem Rückzug von Menno Snel der logische Kandidat der nordeuropäischen Länder der Eurogruppe. Bereits vergangene Woche hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, dass der Liberale Pierre Gramegna auch der Favorit des deutschen Finanzministers Christian Lindner (FDP) sei.
Pierre Gramegna war im November 2021 überraschend als Finanzminister zurückgetreten. Eigenen Aussagen zufolge wollte er mehr Zeit für seine Familie haben. Anfang Mai hatte der 64-Jährige dann aber Interesse am ESM-Direktorenposten angemeldet und die Luxemburger Regierung hatte eine entsprechende Kandidatur eingereicht. (GS)
