Der Expertenrat zur Einführung einer Impfpflicht gegen Covid-19 hat ein neues Gutachten vorgestellt. Darin sprechen sich die Fachleute für eine Impfpflicht für Menschen über 50 Jahre aus. Von einer verpflichtenden Regelung für das Personal von Krankenhäusern und Pflegeheimen sieht das Gremium dagegen ab. Hauptgrund dafür sei, dass der Impfschutz vor allem die Verhinderung einer schweren Krankheit und nicht die Weiterverbreitung des Coronavirus betreffe, so das neue Gutachten.
Die Regierung hatte den Expertenrat mit der Ausarbeitung eines zusätzlichen Gutachtens beauftragt um der veränderten Pandemielage Rechnung zu tragen. Bereits im Januar hatte sich die „Groupe ad hoc d’experts“ eindeutig für eine Impfpflicht für Über-50-Jährige sowie für das Gesundheitspersonal ausgesprochen. Dem Gremium gehören die Infektiologen Dr. Vic Arendt, Dr. Thérèse Staub und Dr. Gérard Schockmel, der Virologe Prof. Dr. Claude P. Muller sowie der Biologe Prof. Dr. Paul Wilmes an.
Anhand von mehreren Modellrechnungen veranschaulicht das Expertengutachten, inwiefern eine Impfpflicht nach wie vor Sinn macht. Bei der Omikron-Virusvariante habe man es durchaus mit einer „anderen Pandemie“ zu tun als noch in den vergangenen zwei Jahren, erklärte etwa Claude P. Muller. Die Variante sei zwar sehr ansteckend, führe aber viel seltener zu schweren Krankheitsverläufen. Dazu trage auch die generell hohe Impfquote in der Bevölkerung bei. Dennoch rechnen die Experten mit einer neuen Covid-19-Welle im Herbst. Um darauf vorbereitet zu sein, halten sie an der Empfehlung einer altersabhängigen Impfpflicht fest.
„Wir wissen nicht, was auf uns zukommt“, so Claude P. Muller. Doch die Impfpflicht sei „die nachhaltigste Lösung“, um vulnerable Bevölkerungsgruppen zu schützen. Rund 30.000 Menschen über 50 Jahre in Luxemburg seien nicht geimpft, weitere 20.000 Personen dieser Alterskategorie verfügten nur über eine oder zwei Impfdosen, heißt es dazu im neuen Gutachten. Dabei machen die Über-50-Jährigen nahezu 98 Prozent der Todesfälle in Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung aus. Das übergeordnete Ziel sei weiterhin, die Überlastung der Krankenhäuser, insbesondere der Intensivstationen, zu verhindern.
Das neue Gutachten sollte eigentlich schon Ende Mai vorliegen, doch es kam zu mehreren Verzögerungen. Diese erklärte Dr. Gérard Schockmel am Dienstag vor der Presse sowohl mit schnell wechselnden Datenlagen als auch mit beschränkten Verfügbarkeiten der beteiligten Wissenschaftler, die für ihre Arbeit in der Expertengruppe nicht freigestellt wurden und auch kein Honorar dafür erhielten. Diese Praxis sei bedauerlich und zeuge von einem mangelnden Respekt für die Arbeit der Wissenschaft, kritisierte Dr. Gérard Schockmel. Man habe sich dennoch bemüht, dem Auftrag schnellst- und bestmöglich gerecht zu werden.
Die Regierung hatte bisher stets betont, dass man der Einschätzung der Experten zur Einführung einer Impfpflicht folgen wolle. Gleichzeitig gab es innerhalb der Koalition immer wieder Misstöne in dieser Frage. Am kommenden Freitag soll das Parlament im Anschluss an eine Regierungserklärung erneut über die Frage einer Impfpflicht debattieren. (CB)

